# taz.de -- Rechtspopulismus auf „Compact“-Konferenz: Die Verfechter deutsc… | |
> Auf einer Konferenz des Magazins „Compact“ trafen sich Putin-Fans, | |
> Rassisten und Verschwörungstheoretiker. Als „Ehrengast“ dabei: Egon Bahr. | |
Bild: Jürgen Elsässer, Archivfoto. Auf der aktuellen Konferenz war die Presse… | |
Zur „wichtigsten Konferenz des Jahres“, so die Eigenwerbung, lud das | |
rechtspopulistische Monatsmagazin Compact am Samstag in ein Berliner Hotel | |
ein. Rund 700 Menschen kamen und zahlten offiziell von 69 bis zu 350 Euro | |
für ein neunstündiges Programm mit zehn Referaten zum Thema „Frieden mit | |
Russland – Für ein souveränes Europa“. | |
Compact-Verleger Kai Homilius legte zur Eröffnung sein ganz eigenes | |
Verständnis von Souveränität dar: Die Presse sei ausgeschlossen, um die | |
„Privatsphäre der Teilnehmer zu schützen“. Journalisten, die sich | |
„eingeschlichen haben“, müssten mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. | |
Das Publikum quittierte dies mit tosendem Beifall. | |
Der Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer, ein ehemaliger Linksradikaler, | |
der zum rechten Rand gewechselt ist, legte nach. Seine Zielgruppe sei „das | |
Volk“, sagte Elsässer, wozu er offenbar vor allem Gegner von EU, | |
schulischer Sexualaufklärung und Zuwanderung von Muslimen, aber auch | |
Anhänger diverser Verschwörungstheorien zählt. Bei der Wahl seiner | |
Bündnispartner ist der Publizist nicht zimperlich: Er sucht den | |
Schulterschluss mit reaktionär-klerikalen „Familienschützern“, mit | |
rassistischen Parteien in mehreren Ländern Europas und nicht zuletzt mit | |
militanten rechten Gruppen wie den „Hooligans gegen Salafismus“ (HoGeSa). | |
Zum Umfeld seiner vor vier Jahren gegründeten Zeitschrift gehören aber auch | |
anerkannte konservative Wissenschaftler und Expolitiker, sofern sie in sein | |
ideologisches Korsett passen: Elsässer plädiert für eine „eurasischen | |
Brücke“ der Nationen, von Peking über Moskau und Berlin nach Paris und als | |
Gegengewicht zur „Herrschaft des US-Finanzkapitals“, wie er bei der | |
Konferenz in Berlin darlegte. | |
## Ein „Völkerrecht auf Sezession“ | |
Der frühere CDU-Politiker und jetzige Parteivize der AfD, der Publizist | |
Alexander Gauland, hatte seine Teilnahme ursprünglich davon abhängig | |
gemacht, ob sich Elsässer von den „Hooligans gegen Salafismus“ distanziere. | |
Diese Distanzierung gab es zwar nicht, aber Gauland kam trotzdem und | |
begründete seinen Schwenk mit dem angeblichen „Diskussionsverbot“ über die | |
deutsche Russlandpolitik, dem er sich sich nicht beugen wolle. Dabei sei er | |
weder „ein Putin-Versteher noch ein USA-Hasser, sondern ein Verfechter | |
deutscher Interessen“, sagte Gauland. | |
Ein bewährter Compact-Mitstreiter, der Staatsrechtler Karl-Albrecht | |
Schachtschneider, der unter anderem durch seine Prozesse gegen den | |
„Rettungsschirm“ für die Eurokrisenländer bekannt wurde, vertrat auf der | |
Tagung die These, es gebe ein „Völkerrecht auf Sezession“, das von den | |
Separatisten auf der Krim und in der Ostukraine in Anspruch genommen werden | |
könne. | |
Andere vom Koveranstalter, dem russischen Kulturinstitut in Paris, | |
gestellte Referenten beschworen die historische deutsch-russische | |
Freundschaft und die Verteidigung russischer „Traditionen“ gegen | |
„westlichen Liberalismus“. Ein Vertreter der rechten Schweizer Volkspartei | |
(SVP) zeichnete sein Land als Opfer einer US-Aggression, hätten die | |
amerikanischen Banken die Schweiz doch gezwungen, gegen Steuerhinterzieher | |
vorzugehen. | |
Ein trauriges Highlight der Veranstaltung war auch die Vorstellung des | |
„Ehrengastes“. Der 92-jährige Egon Bahr, SPD-Urgestein und Architekt der | |
Entspannungspolitik der 70er Jahre, hielt zwar kein offizielles Referat, | |
gab aber in einer Art Grußwort einige Anekdoten aus den Verhandlungen im | |
Vorfeld der deutschen Vereinigung zum Besten und erhielt dafür stehende | |
Ovationen. Schwer verständlich, warum sich einer der profiliertesten und | |
verdienstvollsten Außenpolitiker der deutschen Nachkriegsgeschichte für | |
dieses unwürdige Spektakel hergab. | |
Später wurde bekannt, dass ein Reporterteam der Bild von Ordnern aus der | |
Hotellobby geworfen wurde. Das Boulevardblatt will sogar junge | |
NPD-Funktionäre wie Frank Franz und Sebastian Schmidtke im Publikum | |
ausgemacht haben. | |
24 Nov 2014 | |
## AUTOREN | |
Rainer Balcerowiak | |
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