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# taz.de -- Bauern gegen Land: Knackpunkte im Knick-Gehölz
> Drei Bauern klagen gegen das Land Schleswig-Holstein, weil sie sich durch
> den Knickschutz eingeschränkt fühlen. Das Gericht gab dem Ministerium
> Hausaufgaben auf.
Bild: Zwischen Naturschützern und Landwirten umstritten: das Knick-Gehölz.
KIEL taz | Für die einen ist es das schmalste Waldgebiet des Landes, für
die anderen eine bessere Hecke, die die wirtschaftlichen Abläufe nicht
allzu sehr stören sollte: Der Umgang mit den Knicks gehört zu den zentralen
Streitpunkten im Natur und Landschaftsschutz in Schleswig-Holstein.
Immerhin prägen die mit Bäumen und Sträuchern bewachsenen Feldsäume mit
einer Gesamtlänge von 68.000 Kilometern das Bild des Landes.
Nun klagen drei Bauern – unterstützt von ihrem Verband – gegen einen Erlass
der Regierung zum Knickschutz. Eine vorläufige Entscheidung des
Oberverwaltungsgerichts feiern beide Seiten als Etappensieg. Die zentralen
Fragen sind dabei weiterhin offen. Umweltschützer fordern, dass der grüne
Umwelt und Landwirtschaftsminister Robert Habeck gegenüber dem
Bauernverband „Rückgrat zeigt“.
Habeck selbst war nach der mündlichen Verhandlung vor dem Schleswiger
Gericht durchaus zufrieden, vor allem aus einem Grund: „Das Gericht hat
keine grundsätzlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Knicksaums
geäußert.“ Michael Müller-Ruchholtz, der stellvertretende Generalsekretär
und Justitiar des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, kommentiert trocken:
„Interessante Auslegung.“ Denn bis zu inhaltlichen Fragen waren die Richter
in der mündlichen Verhandlung gar nicht gekommen – sie setzten das
Verfahren aus und gaben dem Ministerium auf, den Erlass nachzubessern. „Wir
müssen Hausaufgaben erfüllen“, so Habeck.
## „Juristischer Murks“
Dabei gehe es vor allem um formale Fragen, ergänzt Ministeriumssprecherin
Nicola Kabel. Denn zusätzlich zu dem Erlass existiert eine „Verordnung“,
die Bauern Dinge erlaubt, die der Erlass verbietet. So wurden die Fristen
für das Beschneiden der Knick-Gehölze zugunsten der Bauern erweitert. Es
gelte nun also, den Erlass so zu überarbeiten, dass er die neuen Details
und Kompromisse enthalte, meint Kabel. Müller-Ruchholtz hat etwas ganz
anderes gehört: „Der Erlass ist juristischer Murks.“ Das Gericht habe
grundsätzliche Zweifel an entscheidenden Punkten geäußert: „Wenn es – wie
die Verordnungen vorsehen – Ausnahmen vom ursprünglichen Erlass geben kann,
stellt sich die Frage, ob dessen Regelungen tatsächlich einen angemessenen
Eingriff darstellen.“
Der größte Streitpunkt zwischen Land und Bauernverband betrifft die Breite
des Saums, also den Abstand, den Landwirte beim Mähen oder Pflügen vom
Knick wahren müssen. 50 Zentimeter sieht der ministerielle Erlass vor.
Während der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) dies als „großes
Entgegenkommen für die Agrarindustrie“ wertet, sehen die Bauern sich
„enteignet“ und auf dem eigenen Grund und Boden in der Arbeit
eingeschränkt. Der halbe Meter könne sich leicht auf eine weit größere
Fläche summieren.
So geht es Uwe Muxfeld aus Nortorf, einer der Landwirte, die derzeit
klagen. Der Milchvieh-Halter Muxfeld besitzt viele kleine und von schnell
wachsenden Sträuchern umgebene Wiesen. Da die Zweige nur noch alle drei
Jahre zurückgeschnitten werden dürfen. Wie oft die Knicks an den Seiten
„aufgeputzt“ werden dürfen, ist der zweite große Streitpunkt zwischen
Naturschutz und Bauern – und damit für Muxfeld die Frage, ob er den Zaun
von Jahr zu Jahr weiter auf die Weide rücken muss. Inzwischen betrage der
Rand zwischen Weide und Knick fast zwei Meter: „Damit ist die Fläche früher
abgeweidet, die Kühe müssen schneller zugefüttert werden – das kann ja wohl
nicht sein“, meint Verbands-Justiziar Müller-Ruchholtz.
## Nett, aber ergebnislos
Das Ministerium prüfe nun, für solche Härtefälle – kleine Wiesen,
wuchsfreudige Gehölze – Ausnahmen zu schaffen, sagt Nicola Kabel. Sie
spricht von „Kompromissen“, die in einer gemeinsamen Arbeitsgemeinschaft
Landwirten und Naturschutzverbänden erzielt wurden. „Die Treffen der AG
waren immer sehr nett“, so Müller-Ruchholtz.
„Nur Ergebnisse gab es nicht, weil wir uns nicht einigen konnten.“ Denn
während die Bauern Verluste an Acker und Weideland und damit
wirtschaftliche Einbußen beklagen, sind aus Sicht des BUND die finanziellen
Einbußen der Landwirte „minimal bis gleich Null“. Wann das Gericht das
Verfahren wieder aufnimmt, steht noch nicht fest.
24 Nov 2014
## AUTOREN
Esther Geißlinger
## TAGS
Landwirtschaft
Schleswig-Holstein
Robert Habeck
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