# taz.de -- Geiselnahme in Australien: „Der Islamische Staat greift an“ | |
> Am Tag danach kommen Details der Geiselnahme in Sydney heraus. Der Täter | |
> war offenbar Einzeltäter und zwang seine Opfer zu absurden Filmaufnahmen. | |
Bild: Ein Mädchen legt vor dem Tatort einen Blumenstrauß ab. | |
SYDNEY dpa | Die Tortur der Gefangenen von Sydney kommt einen Tag nach der | |
spektakulären Geiselnahme langsam ans Licht. Der selbst ernannte radikale | |
Prediger, der sie am Montag in einem Café in seine Gewalt gebracht hatte, | |
hielt sie ständig in Todesangst. Der gebürtige Iraner zwang seine Opfer | |
außerdem, in Anrufen und über das Internet Angstbotschaften zu verbreiten. | |
Ein 19-jähriger musste [1][bei der Zeitung Daily Telegraph] anrufen. Er | |
sagte Redakteuren mit Panik erfüllter Stimme: „Ich hatte eine Flinte am | |
Kopf,“ wie die Zeitung schreibt. Der Geiselnehmer war sauer, dass einige | |
Geiseln geflüchtet waren. Die Botschaft, die der 19-Jährige vermitteln | |
musste: „Wenn noch einer rennt, stirbt einer“. | |
Eine Mutter erhielt von ihrem Sohn eine knappe SMS, wie sie im Rundfunk | |
berichtete. „Ich bin ok, Mama, kann jetzt nicht reden“, schrieb er. | |
„Australien wird vom 'Islamischen Staat' angegriffen“, musste eine junge | |
Frau auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichen. Islamischer Staat ist der | |
Name jener Terrormiliz, die Teile Syriens und des Iraks erobert hat und mit | |
grenzenloser Gewalt gegen Gegner, Minderheiten und Andersgläubige vorgeht. | |
Der Iraner war in Sydney als selbst ernannter muslimischer Prediger und | |
Heiler bekannt. Er sei von Extremismus besessen gewesen, sagte | |
Premierminister Tony Abbott später. Laut Polizei war er ein Einzeltäter. | |
## „Unser Bruder ist gut zu uns“ | |
Der 50-Jährige zwang mehrere Geiseln dazu, Videobotschaften aufzunehmen und | |
auf die Internetplattform Youtube hochzuladen. Vor dem Schild des „Lindt | |
Cafés“ und einer Flagge mit dem muslimischen Glaubensbekenntnis mussten | |
eine Frau in die Kamera flehen: „Bitte helft uns“. Die Geiseln mussten den | |
Mann „Bruder“ nennen. | |
„Unser Bruder ist gut zu uns“, musste eine andere Frau in die Kamera sagen. | |
„Erfüllt seine Forderungen, damit wir freikommen.“ „Wir haben drei | |
Forderungen“, sagte eine andere Frau unter Zwang. Dazu gehörten die | |
Anlieferung einer IS-Fahne und ein Gespräch mit Premier Abbott. Im Gegenzug | |
für das Gespräch kämen fünf Geiseln frei, sagte die Frau. „Es gibt drei | |
Bomben in Sydney. Damit sie nicht gezündet werden, müssen unsere | |
Forderungen so schnell wie möglich erfüllt werden.“ | |
Die Polizei sagte später, es seien nirgends Bomben gefunden worden, auch | |
nicht im Rucksack des Geiselnehmers, der bei der Stürmung umkam. | |
Je länger die Geiselnahme dauerte, desto fahriger sei der Mann geworden, | |
berichtete Reporter Chris Reason. Er verfolgte die ganze Nacht über das | |
Geschehen aus dem Studio eines Fernsehsenders gegenüber dem Café. | |
Reason sah nach eigenen Angaben, wie der Mann die Geiseln anschrie und von | |
einer in die andere Ecke des Cafés trieb. Als die Polizei gegen 02.00 Uhr | |
Schüsse hörte, stürmte sie das Café. Zwei Geiseln sind tot – ob durch | |
Schüsse des Geiselnehmers oder der Polizei war zunächst unklar. | |
16 Dec 2014 | |
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