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# taz.de -- Hasstirade in Görlitz: Man will nicht Dresden sein
> Durch rassistische Tiraden fiel der Görlitzer Kaufhausinvestor Winfried
> Stöcker bundesweit auf. Das hat juristische Folgen.
Bild: Mit dem Kauf des Jugendstilkaufhauses kamen die Sympathien für Winfried …
BERLIN taz | Der Lübecker Arzt und Unternehmer Winfried Stöcker hat jetzt
auch Ärger mit der Justiz. Am Montag haben der sächsische Linken-Kreisrat
Sven Scheidemantel und der Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in
Deutschland gegen den 67-Jährigen, der als Kaufhausinvestor in der
sächsischen Stadt Görlitz bekannt geworden ist, Strafanzeige wegen
Diskriminierung von Minderheiten und möglicher Volksverhetzung erstattet;
weitere könnten folgen.
In der Grenzstadt Görlitz waren zuvor am Samstagabend mehrere Hundert
Menschen gegen Rassismus und Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Sie
protestierten damit nicht zuletzt gegen den in Görlitz geborenen Stöcker,
der in Lübeck den international tätigen Medizin-Konzern Euroimmun betreibt
und der im vergangenen Jahr das historische Jugendstilkaufhaus im Zentrum
von Görlitz gekauft hatte.
Ein in dem leer stehenden Kaufhausgebäude nahe der Görlitzer Frauenkirche
geplantes Benefizkonzert für Flüchtlinge hatte er jedoch untersagt – und
zur Begründung rassistische Tiraden gegen Flüchtlinge, Türken und Afrikaner
vom Stapel gelassen.
Gegenüber der Sächsischen Zeitung hatte Stöcker in der vergangenen Woche in
einem Interview seinen Ressentiments freien Lauf gelassen. Unter anderem
hatte er dabei von „reisefreudigen Afrikanern“ schwadroniert, die
„ungebeten über das Mittelmeer zu uns gelangen“, um das Asylrecht zu
„missbrauchen“, und unverblümt klargestellt: „Ich würde sie sofort wied…
nach Hause schicken.“
## Görlitz sieht sich falsch dargestellt
Er beschäftige in den deutschen Niederlassungen seines internationalen
Unternehmens zwar selbst Ausländer, darunter viele Türken, räumte Stöcker
ein. Doch auch diese würde er „am liebsten zurück in ihre Heimat schicken,
auf freiwilliger Basis, verbunden mit finanziellen Anreizen“. Denn
Ausländer hätten seiner Meinung nach „kein Recht, sich in Deutschland
festzusetzen“, und Muslime würden längst „einen Staat im Staate“ bilden.
„Ich will aber kein neues Mittelalter in meiner Heimat und in 50 Jahren
keinen Halbmond auf der Görlitzer Frauenkirche oder auf dem Kölner Dom“,
hatte er seine Hasstiraden geschlossen.
Stöckers Ausfälle hatten bundesweit für Aufsehen gesorgt, eine Welle im
Netz ausgelöst und vielerorts Widerspruch provoziert – insbesondere in
Görlitz, der Grenzstadt zu Polen, die sich durch den Westinvestor in ein
rechtes Licht gerückt sah.
Stöcker hatte das 1913 erbaute Görlitzer Jugendstilkaufhaus, eines der
schönsten Gebäude seiner Art in Europa, im vergangenen Jahr gekauft und
eine Sanierung angekündigt. Als Kulisse für den Spielfilm „The Grand
Budapest Hotel“ des US-Regisseurs Wes Anderson ist das Haus weltweit
bekannt geworden. Stöcker plante darin nach eigenen Angaben ein „Kaufhaus
der Oberlausitz“ (KdO), als regionales Gegenstück zum „Kaufhaus des
Westens“ in Berlin.
## Die NPD applaudiert
In Görlitz galt er deshalb bislang als Hoffnungsträger, doch dieser Ruf ist
jetzt kräftig angekratzt. Der parteilose Oberbürgermeister von Görlitz,
Siegfried Deinege, sowie Politiker von Linkspartei bis zur CDU zeigten sich
entsetzt über seine Ausfälle, auch die evangelische Kirche und der
katholische Bischof von Görlitz kritisierten den Unternehmer scharf.
Stöcker hatte auch die christliche Weihnachtsbotschaft von Barmherzigkeit
und Fremdenliebe als „Firlefanz“ und als „Märchen“ bezeichnet. Nur die…
gratulierte ihm in einer Pressemitteilung ausdrücklich zu seinen
Äußerungen.
Das von ihm abgesagte Benefizkonzert für Flüchtlinge fand am Samstag
stattdessen auf dem Görlitzer Christkindelmarkt statt, in der evangelischen
Frauenkirche nahmen rund 300 Menschen an einer Andacht gegen Rassismus
teil. Dort ging Hans-Wilhelm Pietz, bis 2010 evangelischer Regionalbischof
von Görlitz, mit Stöcker hart ins Gericht.
Auch in Lübeck steht der Unternehmer in der Kritik. Sozialsenator Sven
Schindler (SPD) nannte in den Lübecker Nachrichten seine Äußerungen
„menschenverachtend und beschämend“, auch Vertreter von CDU und den Grünen
stimmten in den Tenor ein. Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der
Universität zu Lübeck forderte, ihm seine 2011 von der Universität
verliehene Ehrenprofessur wieder zu entziehen.
22 Dec 2014
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
NPD
Görlitz
Gericht
Schwerpunkt #metoo
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