# taz.de -- Umweltverschmutzung in Nigeria: Das Leben mit der schwarzen Pest | |
> Leere Fischernetze und ölverschmierte Boote erinnern die Einwohner des | |
> Fischerortes Bodo täglich an die undichte Shell-Ölpipeline. | |
Bild: Nicht nur ein trister Anblick: Die Fischer haben ihre Arbeit verloren | |
BODO taz | Die schwarze Masse klebt noch immer an den Uferrändern der | |
Kleinstadt Bodo: unter dem Anlegesteg etwa und an den alten Bootswracks. | |
Die knapp 70.000 Einwohner der Kleinstadt Bodo im Südosten Nigerias haben | |
sich an den Anblick gewöhnen müssen. | |
Schon seit mehr als sechs Jahren sieht ihr Fischerort so aus. Bemene Tanen | |
kann sich noch genau daran erinnern. Er ist Journalist beim staatlichen | |
Radio in Port Harcourt und wuchs in einem Dorf bei Bodo auf. „Es gibt kein | |
Leben mehr. Die Mangroven wachsen nicht mehr. Und Fische haben wir auch | |
keine mehr. Alles ist zerstört“, sagt er. | |
Ursache für den tristen Anblick war eine undichte Ölpipeline des | |
Unternehmens Shell. Von Herbst 2008 bis zum Februar 2009 leckte sie an zwei | |
Stellen ganz in der Nähe der Kleinstadt. Die Menschenrechtsorganisation | |
Amnesty International (AI) geht nach einer von ihr in Auftrag gegeben | |
Studie davon aus, dass in dieser Zeit täglich zwischen 1.440 und 4.320 | |
Barrel Öl ausgelaufen sind. Insgesamt sollen es mehr als 100.000 Barrel | |
gewesen sein, also umgerechnet 15.900.000 Liter. Shell selbst geht von | |
maximal 4.000 Barrel Öl (636.000 Liter) aus. | |
Der Fall von Bodo gilt als besonders gut dokumentiert. AI veröffentlichte | |
regelmäßig Untersuchungen und Statements. Noch bekannter dürfte die 260 | |
Seiten dicke Studie sein, die das Umweltprogramm der Vereinten Nationen | |
(Unep) 2011 über das Ogoniland – Bodo ist Teil davon – herausgegeben hat. | |
Darin hieß es: Es könne bis zu 30 Jahre dauern, bis die betroffene Region | |
vom Öl befreit sein wird. Um das in Angriff zu nehmen, sei ein Fonds mit 1 | |
Milliarde US-Dollar notwendig, empfahl Unep weiter. Darin einzahlen sollen | |
sowohl die nigerianische Regierung als auch die Ölfirmen. Als der Bericht | |
vorgestellt wurde, galt dies als kleine Sensation. | |
## Ruhe nach dem Medienhype | |
Von der Anlegestelle aus sind es zu Fuß zehn Minuten bis zu einer Art | |
Dorfgemeinschaftshaus. Hier treffen sich die traditionellen Herrscher aus | |
der Region regelmäßig. Das Öl ist Dauerthema. Bernard Kiati, der sich als | |
„Chief of Bodo City“ vorstellt, wirkt fast verzweifelt: „Die Menschen | |
werden krank. Sie haben Krebs. Das ist schon seit Jahren so.“ Doch auch der | |
Unep-Bericht half nicht. Für wenige Tage war Bodo zwar erstmals weltweit in | |
den Medien. Doch es wurde schnell wieder still: „Niemand ist gekommen und | |
hat aufgeräumt“, klagt der „Chief of Bodo City“. | |
Das Fatale dabei sind nicht nur die Krankheiten und die zerstörte Umwelt. | |
Die Bewohner haben ihre Arbeit verloren. „Wir sind doch Farmer und Fischer. | |
Aber das, was wir noch anbauen, bringt zu wenig Geld ein. Und der Fischfang | |
…“ Kiati redet nicht weiter. Wer das Wasser am Steg gesehen hat, möchte | |
sich gar nicht vorstellen, wie dort noch gefischt werden soll. Auch nach | |
der Entschädigung von Shell dürfte das schwierig werden. | |
8 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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