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# taz.de -- Menschenrechtler über Kuba: „Noch 70 politische Gefangene“
> Elizardo Sánchez über die jüngste Freilassung politischer Gefangener auf
> Bitten der USA und den Bedarf an weitergehenden Reformen.
Bild: Systemkritikerin Haydee Gallardo (l.), eine der 53 Freigelassenen.
taz: Herr Sánchez, seit dem 7. Januar haben die kubanischen
Sicherheitsorgane laut dem US-Außenministerium 53 politische Gefangene
freigelassen. Die kubanische Regierung hält sich also an die Vereinbarungen
mit dem US-Außenministerium, oder?
Elizardo Sánchez: Ja, das ist richtig. Allerdings mussten wir heute
Nachmittag – als wir die Listen mit den Namen erhielten – feststellen, dass
von den 53 freigelassenen politischen Gefangenen 13 bereits vor dem 17.
Dezember freigelassen worden waren, also vor den Erklärungen von Barack
Obama und Raúl Castro.
Eine Überraschung?
Ja, denn wir hatten heute Morgen erst 38 Freigelassene registriert, während
es aus den USA bereits hieß, dass alle 53 freigelassen worden wären. Da war
es nötig, die Liste aus den USA neben unsere zu legen. Dabei kam heraus,
dass politische Gefangene darauf standen, die bereits vor Wochen und
Monaten freigelassen worden waren.
Gibt es jetzt noch politische Gefangene in Kuba oder sind damit alle auf
freien Fuß gesetzt?
Nein, das ist leider nicht der Fall. Es stehen noch 70 Namen von Gefangenen
auf unserer Liste, die aus politischen Gründen inhaftiert sind – eine hohe
Zahl.
Haben Sie die Hoffnung, dass es zu weiteren Freilassungen kommen könnte?
Das weiß man nie, denn das hängt meist von Appellen, Bitten und Petitionen
aus dem Ausland ab. Wir hoffen, dass die internationale Gemeinschaft
weiterhin auf die Freilassung der politischen Gefangenen drängt und dass
dieses Kapitel dann endgültig geschlossen wird.
Könnte die Freilassung dieser 53 oder nach ihren Zahlen dieser 40 Häftlinge
ein Wendepunkt darstellen? Und sind die Menschen eigentlich ohne
Bedingungen freigelassen worden?
Ihre Entlassung aus der Haft ist ein positives Signal, aber niemand von den
40, die in den letzten Tagen freigelassen wurden, ist ohne Auflagen
freigelassen wurden. Ihre Haftstrafen wurden entweder ausgesetzt, einige
stehen unter Hausarrest, und keiner und keine wurde rehabilitiert. Sie
genießen nicht die gleichen Rechte wie vor ihrer Inhaftierung.
Also Freiheit unter Beobachtung?
So in etwa.
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte hat gestern auf die hohe Zahl von
Verhaftungen ohne juristische Grundlage verwiesen. Hat die Zahl dieser
Festnahmen in den letzten Jahren zugenommen und wenn ja, warum?
Unserer Analyse zufolge will die Regierung neue langjährige Haftstrafen
vermeiden, weil das viel internationale Kritik nach sich gezogen hat. Das
Thema der politischen Gefangenen ist heikel, und so ist man dazu
übergegangen, Aktivisten für Stunden oder Tage festzunehmen und dann wieder
freizulassen. In diesem Kontext ist es immer wieder zu körperlicher Gewalt
und Vandalismus gekommen.
Wird das international auch registriert?
Mehr oder weniger. Bis zum Juni 2014 waren die Zahlen der vorübergehenden
Festnahmen sehr hoch. Bis zu 1.000 gab es pro Monat. Seitdem ist die Zahl
deutlich zurückgegangen. So waren es im November 398 und im Dezember haben
wir 489 registriert.
Zurück zu den 53 Freigelassenen. Wer sind sie? Gehören sie einigen wenigen
Organisationen an oder vielen?
Sie gehören unterschiedlichen Organisationen an, aber die größte
oppositionelle Organisation in Kuba heißt Patriotische Union Kubas
(Unpacu). Die agiert in mehreren Provinzen, ist aber im Osten der Insel
entstanden.
Die Rede von Barack Obama vom 17. Dezember könnte den Auftakt zum Ende des
Kalten Krieges zwischen Washington und Havanna markieren. Welche Hoffnungen
verbinden Sie damit?
Es ist besser wenn die Regierungen miteinander reden, die diplomatischen
Kanäle nutzen, um Differenzen auszuräumen. Als Verteidiger der
Menschenrechte bin ich sicher, dass die Wiederaufnahme der diplomatischen
Beziehungen auch Fortschritte bei den Menschen- und Bürgerrechten nach sich
ziehen wird. Nötig sind aber auch eine ganze Reihe von überfälligen
Reformen in Kuba – im politischen wie ökonomischen Bereich.
13 Jan 2015
## AUTOREN
Karl Kaufmann
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