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# taz.de -- Landratswahl im Herzogtum Lauenburg: Ein Rechter entscheidet
> Bei der Landratswahl im Herzogtum Lauenburg hat kein Kandidat eine
> absolute Mehrheit. Die entscheidende Stimme hat ein Ex-NPDler.
Bild: Könnte mit einer Rechtsaußen-Stimme gewählt werden: der Lauenburger La…
HAMBURG taz | Die Landratswahl am Donnerstag im Herzogtum Lauenburg wird
richtig knapp. Drei Kandidaten stehen zur Wahl, keiner weiß bisher eine
Mehrheit der Abgeordneten hinter sich. Dem Kandidaten von CDU und FDP,
Christoph Mager (CDU), fehlt nur eine Stimme.
Das letzte benötigte Kreuzchen könnte Kay Oelke setzen – ein Ex-NPDler und
ehemaliges Mitglied der Schillpartei, der heute für die Partei
Rechtsstaatliche Liga im Kreistag sitzt.
„Es geht überhaupt nicht, dass die CDU billigend in Kauf nimmt, dass die
entscheidende Stimme von Rechtsaußen kommt“, kritisiert der
Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz, dessen Wahlkreis das
Herzogtum Lauenburg ist.
Die knappste Mehrheit im dortigen Kreistag liegt bei 23 von 45 Sitzen.
Schwarz-Gelb stellt 22 Abgeordnete und benötigt einen Abweichler – oder die
Stimme von Oelke. „Das wäre ein unverantwortlicher Vorgang, der unserem
Kreis massiven Schaden zufügen würde“, sagt von Notz. Mager müsse die Wahl
ablehnen, wenn es zu diesem Szenario käme.
CDU-Fraktionsvorsitzender Norbert Brackmann ärgert sich über die Kritik an
seinem Kandidaten. Seine Partei habe mit allen demokratischen Abgeordneten
Gespräche geführt – nicht aber mit Oelke. „Aus den bekannten Gründen“,…
Brackmann. Oelke zog ursprünglich für die NPD in den Kreistag ein,
distanzierte sich aber im Mai 2013 von der Partei und trat aus.
Im Kreistag gibt er gern den bodenständigen Volksvertreter, der sich um die
„kleinen Leute“ kümmern wolle. Auf der Homepage seiner Wählervereinigung
Rechtsstaatliche Liga, die mit unzähligen Deutschlandfahnen verziert ist,
bezeichnet er sich als „moderaten, gemäßigten rechten Abgeordneten“.
Deutsche Interessen stünden für ihn an erster Stelle.
Wegen der möglichen Stimme Oelkes wolle er nicht von Mager abrücken, betont
Brackmann. „Wir haben eine Bestenauslese gemacht“, sagt er. Der
Familienrichter sei als als Verwaltungschef geeignet, einen Kompromiss
wolle er nicht. „Wir lassen uns nicht in erpresserischer Manier von den
Grünen an die Wand drücken.“
Die Grünen würden für Matthias Heidelberg stimmen, sagt
Fraktionsvorsitzende Annedore Granz – obwohl auch der CDU-Mitglied ist. „Er
ist der Kandidat mit der meisten Erfahrung“, sagt Granz. Heidelberg ist
Bürgermeister der Gemeinde Wentorf. Auch der einzige Abgeordnete der
Linken, Manfried Liedke, möchte den zweiten CDU-Mann unterstützen. Damit
bekäme Heidelberg acht Stimmen.
Als dritter Kandidat steht der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jens Meyer,
zur Wahl. Er hofft neben den 14 Stimmen aus seiner Fraktion auch auf
Abweichler aus anderen Parteien. „Die Zielrichtung ist es, den
CDU-Kandidaten zu verhindern“, sagt Meyer und meint damit Mager. Aber auch
Heidelberg als möglichen Kompromisskandidaten wolle er nicht wählen.
In Lauenburg herrscht also eine Pattsituation, die auf den ersten Blick nur
Oelke lösen kann. „Das wird eine schwierige Situation für den Amtsinhaber�…
sagt Meyer. Es bleibe immer ein mulmiges Gefühl, da bei einer geheimen Wahl
nie abschließend geklärt werden könne, wer die 23. Stimme abgegeben hat.
Die CDU gibt sich dennoch selbstbewusst. „Wir haben auch ohne Oelke eine
sichere Mehrheit“, sagt Brackmann. Bis zu vier Mitglieder der SPD hätten
bereits signalisiert, dass sie für Mager stimmen würden – spätestens im
zweiten Wahlgang.
Die anderen Kandidaten hoffen auf die Stichwahl im dritten Wahlgang. „Das
wissen auch die Grünen“, meint der CDU-Mann. Der Vorwurf, seine Partei
ginge das Risiko einer Mehrheit mithilfe eines Ex-NPD-Mitglieds ein, grenze
daher „nahezu an Rufmord“.
Sicher sei die Wahl nicht, entgegnet Granz, von SPD-Abweichlern wisse sie
nichts. Kay Oelke selbst genießt seine Position als Zünglein an der Waage –
und schweigt. „Klar weiß ich, wen ich wähle, aber die anderen müssen sich
überraschen lassen.“
21 Jan 2015
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Schleswig-Holstein
Rechtspopulismus
Politikverdrossenheit
Sylt
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