# taz.de -- Stadtplanung: Ein Plan mit weißen Flecken | |
> Bremer Senat hat einen neuen Flächennutzungsplan verabschiedet und setzt | |
> auf Mischung, Verdichtung und kurze Wege. Der BUND wittert neue | |
> politische Konflikte. | |
Bild: "Epochaler Paradigmenwechsel": Bremens grüner Bausenator Joachim Lohse. | |
BREMEN taz | Der grüne Bausenator Joachim Lohse sparte nicht mit | |
Superlativen: Als „epochalen Paradigmenwechsel“ und „historisches Ereigni… | |
bezeichnete er den neuen Flächennutzungsplan (FNP) für Bremen, der am | |
gestrigen Dienstag vom Senat verabschiedet wurde. Die Linksfraktion sieht | |
das freilich anders, auch der BUND bemängelt Unklarheiten im Plan. | |
Der letzte gültige FNP stammt aus dem Jahr 1983: Damals hatte in den | |
Städteplanungen der Autoverkehr Vorrang, und Wohnen und Arbeiten waren | |
strikt voneinander getrennt. Die Kurfürstenallee, sagte Lohse bei der | |
Präsentation des FNP, sei ein „Paradebeispiel für städtebaulichen | |
Anachronismus.“ Von Nachhaltigkeit habe vor 30 Jahren noch niemand geredet. | |
Um lange Wege von der Wohnung zur Arbeit zu vermeiden und den Autoverkehr | |
einzudämmen, öffnet der neue Plan vielen Stadtteilen eine Mischung aus | |
Wohnen und Gewerbe. Um rund 30 Prozent sind diese „gemischten Bauflächen“ | |
angewachsen, reine Wohngebiete sind im Gegenzug geschrumpft. „Jetzt gibt es | |
keine Expansion mehr auf die grüne Wiese, sondern nur dort, wo sowieso | |
schon besiedelt ist“, so Lohse. Das sei durch die Nutzung von bereits | |
vorhandenen Ver- und Entsorgungsleitungen auch wirtschaftlich effizient. | |
Dem FNP-Beschluss vorausgegangen war ein langes Beteiligungsverfahren mit | |
mehr als 5.000 BürgerInnen und über 100 Nachbargemeinden und Verbänden. | |
Insgesamt 1.300 Stellen des alten Plans wurden im Laufe des Verfahrens | |
geändert. „Der neue Plan ist sehr detailliert, da konnten und können Bürger | |
genau sehen, was da vor ihrer Haustür passiert“, so der grüne Baustaatsrat | |
Wolfgang Golasowski. Das habe freilich auch viel Widerstand gesorgt, „wie | |
ein Sack Flöhe war das manchmal“. Am zähesten seien die Diskussion um die | |
geplante Gartenstadt Werdersee gewesen. Kein Wunder, denn die ist mit | |
geplanten 570 Wohneinheiten auf 17 Hektar Grünfläche zwischen Habenhauser | |
Landstraße und Südufer des Werdersees das flächenmäßig größte | |
Wohnbau-Projekt Bremens. | |
Gegen das hat Gerhard Arndt, der für die Linksfraktion in der Baudeputation | |
sitzt, indes nichts einzuwenden: „Wir brauchen dringend Wohnraum, und eine | |
Innenverdichtung ist grundsätzlich zu begrüßen.“ Bebauungsflächen in | |
Bremen-Nord hätten freilich nichts mit Innenverdichtung zu tun: „Zum | |
Beispiel Knoops Park: Warum kann er nicht erweitert werden?“ Die Ausweisung | |
von Ausgleichsflächen im neuen FNP ist für Arndt „ein Gummiparagraf: Die | |
Lesumer Heuwiesen beispielsweise sollen Ausgleichsflächen werden, ohne dass | |
gesagt wird, wofür eigentlich.“ Die geplante weitere Bebauung der | |
Hemelinger und Arberger Mahndorfer Marsch lehnt Arndt ab: „Ich wundere | |
mich, mit welcher Nonchalance ausgerechnet die Grünen der Versiegelung von | |
Marschgebieten zustimmen.“ | |
Ziele und Maßnahmen des Naturschutzes in Bremen beschreibt ein parallel zum | |
FNP entwickeltes Planungswerk namens Landschaftsprogamm (Lapro), das laut | |
Umweltressort „bald fertig sein soll“. Das stößt bei Martin Rode, Bremer | |
Geschäftsführer des BUND, auf Unverständnis: „Das Lapro ist eigentlich | |
fertig – es gibt keinen Grund, warum es nicht auch verabschiedet worden | |
ist.“ Rode vermutet hier Unstimmigkeiten innerhalb der rot-grünen | |
Koalition, die im Bürgerschaftswahlkampf ungelegen kommen. Darauf deuten | |
seiner Meinung nach auch die weißen Flecken im FNP hin, also Flächen, für | |
die noch kein Plan vorliegt: „Da könnten entgegen des Vorhabens neue | |
Bauflächen entstehen, zum Beispiel in Brokhuchting“, sagt Rode. Insgesamt | |
hält er den FNP für einen „deutlichen Fortschritt, an manchen Stellen | |
deuten sich allerdings politische Konflikte an“. | |
27 Jan 2015 | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
## TAGS | |
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