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# taz.de -- Kolloquium mit britischen Schriftstellern: Blame it on the Zeitgeist
> Das British Council veranstaltete an der Berliner Humboldt Universität
> ein „Literature Seminar“ zum Verhältnis von Lebenswirklichkeit und
> britischer Literatur.
Bild: Kantiger Starautor: Will Self in Berlin.
Ein Anliegen des British Council ist seit 81 Jahren, die kulturellen
Errungenschaften Großbritanniens auf der ganzen Welt greifbar zu machen und
ihre Akteure mit denen anderer Länder zu vernetzen und sie einem größeren
Publikum vorzustellen.
Das herausragende Vehikel in Deutschland ist hierfür das Literature
Seminar, das auf Einladung des British Council und des
Großbritiannienzentrums an der Berliner Humboldt-Universität am vergangenen
Wochenende zum 30. Mal stattfand.
Unter dem Titel „Form in Tension“ wurde untersucht, wie sich unsere rapide
verändernden Wahrnehmungskonzepte und Kommunikationsstrategien in den
verschiedenen literarischen Formen widerspiegeln und welche Auswirkungen
diese auf sie haben. Und umgekehrt. Inwiefern traditionelle literarische
Formen noch zeitgemäß sind, sollte erörtert werden.
Um dies zu tun, hat die Londoner Autorin Lavinia Greenlaw als Moderatorin
des Seminars fünf ihrer KollegInnen um sich versammelt, die wie sie
genreübergreifend arbeiten: Will Self, Deborah Levy, Philip Hoare, Helen
Oyeyemi und Frances Leviston. In einzelnen Panels gaben sie in Gesprächen
und Lesungen Einblicke in ihre Arbeitsweisen und Gedankenwelten.
## Punk ist wichtig fürs Schreiben
Bei der öffentlichen Auftaktveranstaltung am Donnerstagabend im Senatssaal
der Humboldtuniversität erklärte Greenlaw, wie wichtig Musik - Punk! - und
körperliches Empfinden für ihr Schreiben sind, mehr noch als Sprache, und
illustrierte das mit der Lesung aus ihren Memoiren „The Importance of Music
to Girls“. Welches Thema in welche Form gegossen wird, was Gedicht wird und
was Roman, kristallisiere sich erst im Schaffensprozess heraus, sagte
Greenlaw im Gespräch.
Am Freitagmorgen im Auditorium des Grimm-Zentrums hielt Philip Hoare einen
packenden Vortrag über Wale, Tiere, mit denen er bereits Schwimmen gegangen
ist. Hoare beginnt mit der Niederschrift seiner Sachbücher unstrukturiert,
er lässt sich von der Neugier leiten und nennt die Unkenntnis, wohin es
geht, einen wichtigen Aspekt seiner Arbeit.
Anders die gebürtige Südafrikanerin Deborah Levy, deren Roman „Swimming
Home“ („Heimschwimmen“) demnächst verfilmt wird. Für sie steht vorher f…
ob ein Thema den Stoff für eine Kurzgeschichte oder einen Roman abgibt. Die
schottische Poetin Frances Leviston vereint in ihren Gedichten Einflüsse,
die vordergründig nichts miteinander zu tun haben, wie etwa das Verhältnis
von Macht und Wissen und die Rezession, die in England um 2010 durch
stillgelegte Baustellen sichtbar wurde.
Für Leviston sei Poesie im Informationszeitalter besonders interessant, da
ein Gedicht das Gegenteil von Information darstelle. Es gehe um ein
Ereignis, nicht um dessen Beschreibung. Helen Oyeyemi, die die Short Story
dem Roman vorzieht, weil sie schlicht leichter zu strukturieren sei,
empfindet Prosa als eine Art Spiel, die Möglichkeit mit Charakteren und
Stilen zu experimentieren.
Während der hitzig von den AutorInnen geführten Diskussion, wurde die
Diskrepanz erörtert zwischen der Menge der veröffentlichten Romane und der
Tatsache, dass der Roman als aussterbende Spezies gilt. Laut dem kantigen
Starautor Will Self verdrängten Vampirromane und seichte Historienschinken
seriöse Literatur – für Self ausschließlich Werke, die große philosophisc…
Fragen nach Sinn und Zweck des menschlichen Daseins bearbeiten – und Romane
hätten daher nichts mehr mit der Realität der Menschen zu tun, blame it on
the Zeitgeist. Am Abend liest Self fulminant aus seinem Roman „Umbrella“
und merkt an, dass der Roman, wie bereits vor Jahren die Symphonie,
schlicht seine kulturelle Relevanz verloren habe – und in seiner Form auf
diese Entwicklung reagierte.
Selbst in den gemeinsam verbrachten Pausen wurde offensichtlich, dass sich
das Anliegen des British Council erfüllt hat. „Gemeine“ Leser aller
Altersstufen, die aus Neugierde kamen, Literaturwissenschaftler und Lehrer
aus ganz Europa, (unveröffentlichte) Autoren und Übersetzer, die Kontakte
knüpfen wollten, oder Lektoren, die die Beschäftigung mit der Literatur an
sich genossen, tauschten sich untereinander aus, sei es fachbezogen zu
literarischen Formen oder ganz pragmatisch zu Berlin-Tipps.
4 Feb 2015
## AUTOREN
Sylvia Prahl
## TAGS
Britische Literatur
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Britische Literatur
Britpop
Literatur
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