# taz.de -- Rainer Zobel über Kairos Fußballkrawalle: „Man hätte das wisse… | |
> Der deutsche Trainer arbeitet beim ägyptischen Erstligisten El Gouna. Die | |
> Zamalek-Fans seien als rabiat bekannt, sagt er. Nun drohen wieder | |
> Geisterspiele. | |
Bild: Fans des Zamalek SC drängen vor dem Stadion gegen eine Polizeikette | |
taz: Herr Zobel, seit einem Monat dürfen Fans wieder zu Spielen der ersten | |
ägyptischen Liga … | |
Rainer Zobel: Nein, das galt erst seit letztem Spieltag. Es betraf unser | |
erstes Auswärtsspiel der Rückrunde, die vor einer Woche gestartet ist. | |
Kam die Entscheidung, [1][die Stadiontore zu öffnen], zu früh? | |
Grundsätzlich war diese Entscheidung richtig. Es hat ja auch ein paar | |
Testläufe in internationalen Partien gegeben. Da war es relativ friedlich. | |
Ich verstehe allerdings nicht, dass man die Zamalek-Fans, die ja bekannt | |
dafür sind, dass sie sogar Theater gegen ihren eigenen Verein machen, nicht | |
besser in den Griff gekriegt hat. Man hätte das besser kanalisieren müssen, | |
im Vorfeld und vor dem Stadion. | |
Zamalek, der Tabellenerste, sollte gegen den Zweiten, Enppi, spielen. Da | |
hätte man mit Andrang rechnen können, zumal die Fans hungrig auf | |
Live-Spiele waren und nicht zimperlich sind in der Durchsetzung ihrer | |
Interessen. | |
Man hätte wissen können, dass die Zamalek-Ultras, die sogenannten White | |
Knights, die weißen Ritter, ziemlich rabiat sind. Die haben einmal die | |
Geschäftsstelle des eigenen Klubs gestürmt. Die Polizei hätte schon weit | |
vorm Stadion eingreifen müssen. In den 80er Jahren gab es auch in Europa | |
ein massives Hooligan-Problem. Aber daraus hat man gelernt. Hier nicht. Das | |
war der Fehler. | |
Bei diesem Match sollten nur 10.000 Fans ins Stadion. | |
Ja, der Zugang zum Stadion sollte begrenzt werden, damit man in der Arena | |
alles unter Kontrolle halten kann. Wir haben kürzlich in Alexandria | |
gespielt. Da waren auch 10.000 Zuschauer zugelassen. Gekommen sind etwa | |
6.000. Es war eine tolle Atmosphäre. Friedlich. Fußball hat wieder Spaß | |
gemacht – und nun das. | |
Wie wurde die Öffnung der Stadien in den Medien diskutiert? | |
Gar nicht, ist mein Eindruck. Oder es gab nur eine kleine Meldung. Der | |
erste Spieltag mit Zuschauern war auch völlig harmlos. Aber da hatten es | |
wohl auch noch nicht alle Fans mitbekommen. Das war jetzt anders. | |
2012 sind in Port Said 74 Menschen ums Leben gekommen, jetzt 19. Damals | |
pausierte die Liga ein Jahr. Wie geht es nun für Sie als Trainer von El | |
Gouna weiter? | |
Wir hätten am morgigen Mittwoch ein Spiel haben sollen, aber jetzt | |
überschlagen sich die Ereignisse, und keiner weiß so recht, wie es weiter | |
geht. Angeblich soll es jetzt wieder ohne Zuschauer in den Stadien Spiele | |
geben. | |
Wie vor der Tragödie. | |
Ja, das wäre tragisch für den ägyptischen Fußball. Spiele vor leeren Rängen | |
sind eine Katastrophe. Keiner will Geisterspiele sehen. | |
Wenn man sich aber ausmalt, wie Zamalek auf den Rivalen Al-Ahly trifft, ist | |
das vielleicht keine schlechte Lösung. | |
Das ist ein Problem. Nur bei der Revolte auf dem Tahrirplatz haben sich | |
Fans beider Lager zusammengetan gegen die Mubarak-Polizisten. Aber | |
normalerweise sind sie spinnefeind, so wie Dortmund und Schalke, nur noch | |
viel, viel schlimmer. | |
9 Feb 2015 | |
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## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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