Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Antikorruptionspartei in Indien: In Delhi stehen die Besen bereit
> Bei der Wahl zur Stadtregierung siegt die „Partei des armen Mannes“
> haushoch. Sie verspricht kostenloses Wasser und billige Energie.
Bild: Wahlsieger Arvind Kejriwal lässt sich feiern.
DELHI taz | Tausende Menschen haben sich in der kleinen Gasse im Osten
Delhis versammelt. Seit den frühen Morgenstunden feiern sie vor dem
Hauptquartier der Aam Aadmi Partei (AAP). Sie tanzen, jubeln und recken
braune Holzbesen in den Himmel – das Symbol der AAP, der „Partei des
einfachen Mannes“. Auf einer kleinen Bühne steht Arvind Kejriwal und ruft
seinen Anhängern zu: „Das ist ein Sieg der Wahrheit und Ehrlichkeit. Es ist
Euer Sieg!“
67 von 70 Sitzen konnte Kejriwals Anti-Korruptionspartei bei der Wahl der
Stadtregierung von Delhi gewinnen. Nur drei Sitze sind der Bharatiya Janata
Partei (BJP) von Premierminister Narendra Modi geblieben, die bei der
landesweiten Parlamentswahl im Mai 2014 noch alle Mandate in der
Hauptstadterrungen hatte. Der Regierungschef hatte damals Wandel und
Wohlstand versprochen, doch viele Inder sind enttäuscht. „Was hat Modi uns
gebracht?“, fragt der Tuktuk-Fahrer Pranab, der wie seine Kollegen am
vergangenen Samstag Kejriwal gewählt hat. „Wir müssen noch immer die
Polizisten bestehen. Sie kommen jeden Tag und kassieren“, klagt er. Auch
Wasser und Strom würden immer teurer.
Der Gewinner hat im Wahlkampf unter anderem versprochen, der Korruption ein
Ende zu setzen, die Strompreise zu senken und jede Familie kostenlos mit
700 Liter Wasser zu versorgen. Beobachter fragen sich, wie er das bezahlen
will. „Kejriwal ist ein Populist“, sagt Manoj Joshi vom Forschungsinstitut
„Observer Research Foundation“ in Delhi.
Ende der Woche wird Kejriwal zunächst als regierender Bürgermeister der
indischen Hauptstadt vereidigt. Das Amt hatte der Ex- Steuerbeamte schon
einmal inne, von Dezember 2013 bis Februar 2014. Damals rieb sich er jedoch
in Grabenkämpfen auf, legte sich mit politischen Feinden wie Freunden an
und reichte nach nur 49 Tagen entnervt seinen Rücktritt ein.
Bei der anschließenden landesweiten Parlamentswahl gelang der Hindu-Partei
BJP ein triumphaler Wahlsieg. Nach der jüngsten Schlappe in Delhi muss der
Regierungschef nun „dringend seinen Kurs korrigieren“, sagt Politik-Experte
Joshi. Statt sich in Kulturkämpfen um Zwangskonversionen und die
Rückbesinnung auf eine hindunationalistische Identität zu verhaken, müsse
Modi „Wirtschaftswachstum generieren“. Dafür hätten ihn die Leute damals
gewählt.
10 Feb 2015
## AUTOREN
Michael Radunski
## TAGS
Wahlen
Schwerpunkt Korruption
Indien
AAP
Indien
Indien
Indien
Hinduismus
Geheimdienst
Megacity
Hindus
Generika
Indien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Politik in Indiens Metropole Delhi: Partei der „einfachen Männer“ glänzt
Die in Delhi regierende Antikorruptionspartei AAP ist trotz Konflikten mit
dem Gouverneur des Bundestaates bei den Wählern beliebt.
Hindunationalismus in Indien: „Schweigen ist auch Beihilfe“
Literaten geben Preise zurück: Indische Schriftsteller protestieren gegen
ein Klima der Intoleranz und mörderische Angriffe.
Wirtschaftliche Kooperation mit Indien: Erwartungsmanagement 4.0
Beim Delhi-Besuch der Kanzlerin wird die Kluft zwischen der Ungeduld der
Wirtschaft und der wachsenden politischen Anerkennung deutlich
Betrugsskandal bei Studenten in Indien: Geheimnisvolle Todesfälle
Indische Medizinstudenten haben wohl jahrelang Geld für Hochschulplätze
gezahlt. Seit das bekannt wurde, sind viele Beteiligte mysteriös gestorben.
Konflikt um Indiens Rindfleischproduktion: Kein Steak von Ihrer Heiligkeit
Rindfleisch vom Subkontinent ist weltweit beliebt, auch weil es von
freilebenden Tieren stammt. Radikale Hindus wollen den Handel nun stoppen.
Indiens Kleinkrieg mit NGOs: Zweiter Sieg für Greenpeace
Proteste gegen Kohle- oder Atomprojekte werden in Indien nicht gern
gesehen. Da behindert man auch mal Aktivisten. Die Justiz beendet das nun.
Die Megacity Delhi: Zustand des Molochs
Rana Dasgupta ist mit seinem Buch „Delhi – im Rausch des Geldes“ ein
anregendes Porträt der indischen 20-Millionen-Stadt gelungen.
Konflikt zwischen Hindus und Muslimen: Drei Tote bei Angriff auf Dorf
In Nordindien haben tausende Hindus ein muslimisches Dorf attackiert. Ein
junger Hindu war kurz zuvor in der Nähe tot aufgefunden worden.
Hepatitis-Generika in Indien: 1 Dollar pro Tablette statt 1.000
Das Hepatitis-Medikament Sovaldi kostet in den USA 1.000 Dollar pro
Tablette. Ein indisches Generikum soll nun nur noch einen Bruchteil kosten.
Frauenunterdrückung in Indien: Spezialeinheiten als Schutz
Mit Polizei-Sonderteams will die Regierung gegen Vergewaltigungen,
Säureangriffe und Menschenhandel vorgehen. Ein Drittel der Einsatzkräfte
sollen Frauen sein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.