| # taz.de -- Nach dem Wahl-Debakel in Hamburg: Messerwetzen bei der CDU | |
| > Der rechte Flügel der Hamburger CDU ist kampfeslustig. Parteichef Marcus | |
| > Weinberg tritt ab, Fraktionschef Dietrich Wersich zögert noch, muss aber | |
| > folgen. | |
| Bild: Dumm gelaufen: Für das Duo Wersich/Weinberg ist Schluss. | |
| HAMBURG taz | Kein Stein werde in der Partei auf dem anderen bleiben, hatte | |
| Marcus Weinberg nach dem Wahldesaster vom vorigen Sonntag verkündet. | |
| Hamburgs CDU-Chef selbst kündigte an, sein Amt zur Verfügung zu stellen, | |
| der Spitzenkandidat im Wahlkampf, Fraktionschef Dietrich Wersich hingegen | |
| zögert noch. Sein Amt ende mit der konstituierenden Sitzung der neuen | |
| Fraktion am 2. März, verkündete er am Donnerstagabend auf einem | |
| CDU-Parteitag in Hamburg. Und fügte einen Satz hinzu, der Parteifreunde | |
| rätseln lässt: „Ehrlich gesagt, ich bin froh, wenn wir einen oder eine | |
| finden, die den Karren für uns weiterzieht.“ | |
| Tritt er nun zurück oder müssen wir ihn vom Hof jagen? Das ist nun die | |
| meistgestellte Frage unter Hamburgs Christdemokraten. Aus dem mit nur noch | |
| 15,9 Prozent schlechtesten Wahlergebnis aller Zeiten haben nach allgemeiner | |
| Einschätzung die beiden führenden Männer Konsequenzen zu ziehen: | |
| reformfreudiger Parteichef und glückloser Spitzenkandidat. | |
| Wersich räumte auf dem Parteitag ein, am Sonntag habe auch er selbst „eine | |
| schwere persönliche Niederlage erlitten“. Die Schuld dafür aber sah er | |
| nicht bei sich allein: „Wir waren als Partei nicht geschlossen genug und | |
| ich vielleicht zu brav, zu hanseatisch.“ | |
| Und er versuchte sich sogleich an einer programmatischen Neudefinition: | |
| „Wir dürfen jetzt nicht nach rechts rücken“, warnte Wersich, der so wie | |
| Weinberg als Protagonist einer liberalen und modernen Metropolen-Union | |
| gilt. Der Gegner sei SPD-Bürgermeister Olaf Scholz, „und den müssen wir | |
| dort angreifen, wo er steht: in der linken Mitte“. | |
| Das Echo lässt vermuten, dass er damit nicht durchkommt. „Zu wenig Attacke“ | |
| sei das gewesen, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Jörg Hamann. „Die Leute | |
| wollen diese Lampedusa-Gruppe abschieben, wir aber haben laviert“, tadelte | |
| er. „Wo ist denn unser Markenkern innere Sicherheit?“, fragte auch der | |
| frisch gebackene CDU-Abgeordnete und Landeschef der Deutschen | |
| Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders. „Wir müssen ihn wiederbeleben und | |
| knallharte Opposition machen.“ Der stellvertretende Fraktionschef Roland | |
| Heintze, der aus der Bürgerschaft ausscheiden wird, forderte mehr Gewicht | |
| für den Bereich der inneren Sicherheit. „Und dann müssen wir ein Bündnis | |
| mit der Wirtschaft gegen die rot-grüne Koalition schmieden“, so sein Plan. | |
| Schon die Koalition mit den Grünen 2008 sei ein Fehler gewesen, erklärte | |
| der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse, denn die CDU habe dafür ihr | |
| erfolgreiches Leitbild „Wachsende Stadt“ geopfert: „Das war so, als würd… | |
| die Jungs von Milka die lila Kuh erschießen.“ In den kommenden Jahren müsse | |
| die CDU „dem visionslosen Scholz eine Idee von der Stadt entgegensetzen“, | |
| so Kruse weiter in seiner insgesamt gemäßigten Rede. | |
| Der jungenhaft wirkende 53-Jährige ist Favorit auf den Landesvorsitz, wenn | |
| ein Parteitag im Mai den Nachfolger für Weinberg wählen muss. Zudem ist | |
| Kruse so wendig, dass er auf keinen Kurs und keinen Flügel festzulegen ist. | |
| Rechts oder links sind für den Mann mit dem abgebrochenen Medizinstudium | |
| keine relevanten Kategorien: Für ihn zählt nur vorn. | |
| Komplizierter wird es mit dem Fraktionsvorsitz. Wersich wird auf den Posten | |
| des Vizepräsidenten der Bürgerschaft fortgelobt werden. Als Favoriten für | |
| seine Nachfolge gelten zwei Abgeordnete mit konservativem Profil: die | |
| Rechtsanwältin und schulpolitische Expertin Karin Prien und André Trepoll, | |
| der als Justiziar des Unternehmensverbandes Hamburg über exzellente | |
| Verbindungen in die Wirtschaft verfügt. Für die Spitzenkandidatur gegen | |
| Olaf Scholz in fünf Jahren kommt nach heutigem Stand nur einer in Frage: | |
| Rüdiger Kruse. | |
| 20 Feb 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven-Michael Veit | |
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