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# taz.de -- Die Wahrheit: Die masturbierende Nonne
> Neues aus Neuseeland: Kunst ist ein komplexes Thema in Aotearoa. Für
> manche zu komplex. Vor allem wenn es um Kritik am eigenen Land geht.
Bild: Der Slogan der Fapstronauten: Bekomm dein Leben wieder in den Griff.
Kultur findet sich in meinen Breitengraden eher im Bio-Joghurt als in den
Medien – zumal wenn auf neuseeländischem Boden die
Cricket-Weltmeisterschaft startet. Hirnpause rundum. „Intellektuell“ ist
eher Schimpfwort als Prädikat. Daher muss man Eleanor Catton dankbar sein,
dass sie für Ärger gesorgt hat … – nein, sie ist weder Nonne noch hat sie
öffentlich masturbiert – dazu erst später; reingefallen!
Die Autorin ist dank ihres Romans „The Luminaries“ frischgebackene
Gewinnerin des bedeutenden Man-Booker-Preises und hat es gewagt, bei einem
Literaturfestival in Jaipur vor Publikum über unser Land zu lästern. Über
Neuseelands Politiker, die „neoliberal, profitbesessen, geldgierig“ seien.
„Ich bin sehr wütend auf meine Regierung.“
Das muss man sich mal vorstellen. Da kassiert so eine Schreiberin jahrelang
Stipendien, darf nach Indien reisen, bringt statt harter Arbeit wie Schafe
scheren oder Bodenschätze an China verkaufen nur gedrucktes Papier zustande
(ehrlich, wer kann denn 832 Seiten lesen?) und meckert dann noch. Wo bleibt
da der Dank, die Demut?
Gut, dass wir einen Premierminister haben, der dem Fräulein gleich mal den
Kopf zurechtrückte und sie dafür abstrafte, sich als Grüne zu seiner
Politik zu äußern. Ein prominenter Radiomoderator sprang John Key zur Seite
und nannte die Schriftstellerin eine „Verräterin“, denn frau kann’s mit …
Redefreiheit wirklich zu weit treiben. Auch das Wort „hua“ fiel: ein
abfälliger Maori-Ausdruck, der sich über den Äther wie „whore“ (Hure)
anhörte.
Damit war der Skandal rund, und die ersten „Je suis Eleanor“-Bilder
tauchten auf Facebook auf. Supermodel Heidi Klum, die gerade im Lande war
und sich mit ein paar Rugby-Stars ablichten ließ, soll den Premier gefragt
haben, ob er nicht lieber ihr nächstes Buch sponsern will, „The
Kluminaries“. Sie habe auch nur Gutes über dieses Australiroa, äh,
Aoteadingsda, zu sagen. Vor allem in Indien, wo doch alle Cricket spielen.
Also, John …?
Als ob das nicht genug der Aufregung wäre – den letzten Booker-Preis gewann
Keri Hulme im Jahre 1985, davon hat man sich kaum erholt –, verschreckte
obendrein ein textiles Druckwerk zarte Gemüter. Das Canterbury Museum in
Christchurch eröffnete vorige Woche eine T-Shirt-Ausstellung. Ein Textil
ist in einer Box abgeschirmt. Es darf nur von Volljährigen und nur mit
Warnung angeschaut werden. Zu dem Slogan „Jesus is a cunt“ (Jesus ist eine
Fotze) sieht man eine onanierende Ordensschwester. Das kantige Shirt stammt
von der englischen Metal-Band Cradle of Filth, ist in der Öffentlichkeit
verboten, aber im Internet gibt es das Motiv als Kapuzenpulli.
Den Rest kann man sich denken. Kirchen entsetzt, Bürger empört,
Leserbriefspalten voll, die Ausstellung auch. Über 5.000 Unterschriften in
einer Petition. Und eine Sprühattacke, fast so spektakulär wie 1998, als
ein Museumsbesucher in Wellington ein kontroverses Kunstwerk demolieren
wollte. Damals war es die Jungfrau Maria in einem Kondom. Je suis T-Shirt!
26 Feb 2015
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Neuseeland
Sexualität
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Tourismus
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