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# taz.de -- In eigener Sache – Datenklau: Der Vertrauensbruch
> Ein Kollege hat Accounts von KollegInnen geknackt – und wurde erwischt.
> Fall erledigt? Nein. Er beeinflusst weiter die Atmosphäre unseres Hauses.
Bild: Am Donnerstag wurde Strafanzeige erstattet, der Keylogger wurde dem Berli…
Mögen Zeitungen wie [1][die Welt von einem „Medienskandal“] sprechen; mag
ein Blatt wie [2][die FAZ] sich ihren gehässigen Reim auf die Causa machen
oder sei auf Twitter weiterhin vom [3][#tazgate] die Rede: Der Fall, der
innerhalb dieser Zeitung die Kollegen und Kolleginnen beschäftigt, geht in
der Tat weit über die Dimensionen von „Leaks“ oder „digitalen Einbrüche…
hinaus.
Zunächst: Was war, was ist der Fall? Nach allem, was in dieser Redaktion
gewusst werden kann, hat ein Kollege sich mittels eines technischen Geräts
namens „Keylogger“ die Computer anderer KollegInnen gehackt. Es ist ein
simples, im Handel erhältliches Gerät. Mit seiner Hilfe können Mails oder
Passwörter gelesen und nötigenfalls genutzt werden.
Die Enthüllung dieses Falls liegt inzwischen zehn Tage zurück –
unmittelbare Gefühle von Schockiertheit, von Empörung und Unglauben sind
weitgehend verflogen. Geblieben ist freilich das, was als eigentlicher
Schaden verstanden werden muss: die Erschütterung eines grundsätzlichen
Vertrauens innerhalb der taz, ihrer Redaktion wie in allen anderen
Abteilungen.
Man muss nicht allzu historisch interessiert sein, um sagen zu können, dass
die taz, eine Zeitungsgründung in den späten siebziger Jahren, aus einer
Zeit kommt, in der Sicherheits- und Abschottungsfragen absichtsvoll minder
geschätzt wurden. Überall verschlossene Türen, Schubladen, Behältnisse –
all das wollte man nicht, der Kultur der versiegelten Enge wollte man in
der alternativen Szene fliehen. Die taz hat über alle Jahrzehnte ihrer
Existenz diese Idee am Leben gehalten. Nicht immer bewusst, aber faktisch.
Wer anderswo im Büro – großräumig oder kleiner – sitzt, weiß, dass
KollegInnen zur Mittagspause oder einfach nur zum Kaffeeholen ihre
Schreibtische abschließen, sich aus dem Computer loggen: (Nicht nur) in
deutschen Arbeitsräumen tut man viel dafür, nicht bestohlen zu werden. Eine
offene Bildschirmoberfläche könnte schließlich den oder die Büronachbarin
zum indiskreten Blick auf Persönliches verleiten.
## Wie in einer 70er-Jahre WG
Wer schon einmal die taz besucht hat, weiß hingegen: Diese Üblichkeiten der
Dauersicherung von Persönlichem gelten hier traditionell eher nur
eingeschränkt. Spötter würden sagen: Mancherorts sieht es in der taz wie in
einer WG der siebziger Jahre aus. Pfandflaschen stehen herum,
Schreibtische, auf denen sich Papierstapel in die Höhe türmen, notorische
Zettelwirtschaften und Computerbildschirme, die mit Post-its beklebt sind.
Dokumente von Informanten oder brisantes Material der Recherchen werden
selbstverständlich und ausnahmslos gesichert – auch papierne.
Aber in der taz wird nicht KollegInnen hinterherspioniert, schon gar nicht
vergreift man sich an den Computern anderer. Es gilt das stumme Gebot:
Respektier meine Grenzen. Nebenbei: Dass redaktionelle Mails verschlüsselt
werden, daran halten sich die allermeisten taz-Redaktionsmitglieder – auch
dies ein Instrument des Informantenschutzes und damit des
Rechercheschutzes.
Klar, es wurde auch schon gestohlen. Bücher sind abhandengekommen,
Zeitungen der Konkurrenzmedien werden aus den Ressorts entwendet, offen
herumliegende Kekspackungen geplündert oder auch Zigarettenschachteln
entnommen. Aber dieser eher lässige Umgang mit privatem Kram wird irgendwie
toleriert. Vermutlich, weil alle von diesem Fehlen der Sicherheitsmanie
profitieren: Man muss nicht unentwegt sich hintergangen fühlen.
## Kollegiale Erschütterung
Der Fall, um den es aber hier geht, ist wohl keiner, hinter dem
Monstrositäten wie die NSA stecken. Es war ein Diebstahl digitaler Art; der
Verdächtige knackte Redaktionsrechner quasi aus internem Drang. Das aber
war und ist eine heftige Attacke auf die Vertrauenskultur, auf die die taz
– ohnehin ein offenes Haus ohne Dienstausweise – sich aus Tradition etwas
zugutehielt.
Das ist der Kern der kollegialen Erschütterung, des Entsetzens darüber,
dass man dem kollegial Nächsten vielleicht nicht trauen kann. Ein wenig mag
man es sich so vorstellen: Auch ein Einbruch in die eigene Wohnung ist
meist nicht deshalb schlimm, weil wertvolle Dinge entwendet wurden. Diese
mögen durch eine entsprechende Versicherung geldlich ausgeglichen werden.
Das Gefühl aber, in der eigenen Wohnung nicht unversehrt zu bleiben, dass
da jemand in das Eigene sich ungebeten Zugang verschafft hat: Das ist das
Empfinden, von dem Kriminologen sagen, es schmerzt am meisten und
hinterlässt Unbehagen.
Die taz wird ihre Kultur des Vertrauens nicht aufgeben wollen. Dass der
Spion aber im Inneren sitzt, bleibt als Schrecken, der nur Misstrauen
stiftet, zurück.
27 Feb 2015
## LINKS
[1] http://www.welt.de/kultur/article137850369/tazgate-und-worum-es-eigentlich-…
[2] http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/abhoeraffaeren-bei-sueddeutsch…
[3] http://twitter.com/search?f=realtime&q=%23tazgate&src=tyah
## AUTOREN
Jan Feddersen
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