# taz.de -- Kulturareal in Berlin-Friedrichshain: Dem RAW-Tempel hilft nur Beten | |
> Der Großteil des von Clubs, Künstlern und Bars genutzten RAW-Geländes ist | |
> verkauft worden. Was der Investor damit vorhat, weiß nicht mal der | |
> Bezirk. | |
Bild: Open-Air-Kino vor dem Kletterturm: Ein Beispiel für Kulturveranstaltunge… | |
Das RAW-Gelände in Friedrichshain steht nach einem Eigentümerwechsel vor | |
einer ungewissen Zukunft. Der isländische Investor BNRE, dem der Großteil | |
der vor allem kulturell genutzten Fläche gehörte, hat diese an die | |
Göttinger Firmengruppe Kurth Immobilien GmbH verkauft. Dies bestätigte auf | |
taz-Anfrage John Dahl (SPD), Vorsitzender des Stadtentwicklungsausschusses | |
des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Die Kurth Immobilien GmbH zahlte | |
dafür 20 Millionen Euro. Was sie mit dem Gelände vorhat, ist völlig unklar. | |
Seit Jahren wird über die Zukunft des etwa 70.000 Quadratmeter großen | |
Geländes gestritten. Einst stand dort das Reichsbahnausbesserungswerk, | |
daher die Abkürzung RAW. Derzeit sind auf dem Gelände mehrere Clubs, | |
Ateliers, Konzerthallen, Sportstätten und Bars untergebracht. 2007 | |
verkaufte die Vivico Real Estate, ein Tochterunternehmen der Deutschen | |
Bahn, die Fläche für etwa 4 Millionen Euro an die deutsche RED Berlin | |
Development. 75 Prozent des Kapitals steuerte ein isländischer Investor | |
bei. Nach Streitigkeiten innerhalb des Konsortiums wurde das Gelände 2013 | |
zwischen den beiden Investoren aufgeteilt. Die RED behielt den Ostteil; die | |
Isländer verwalteten den Westteil, fortan unter dem Namen BNRE Investment. | |
Die Kurth Immobilien GmbH war bisher für eine Stellungnahme nicht zu | |
erreichen. Insider vermuten, dass diese auch an dem anderen Teil der Fläche | |
interessiert sein dürfte. Wäre das gesamte Areal wieder in einer Hand, | |
könnte das weitreichende Folgen haben. „Der Weg wäre frei für eine Planung | |
aus einem Guss“, sagt John Dahl. | |
Die Kurth-Immobilien GmbH ist nach eigener Beschreibung ein bundesweit | |
agierendes Bauunternehmen für Wohnungen; auch in Berlin ist sie aktiv. Die | |
bisherigen Investoren hatten den Neubau von Wohnungen auf dem RAW-Gelände | |
geplant – gegen den Widerstand vieler Gruppen auf dem Gelände. Im Juni 2014 | |
hat sich dann die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von | |
Friedrichshain-Kreuzberg auf ihre Seite geschlagen und sich gegen | |
Wohnungsbau auf dem Gelände ausgesprochen. Der Einwohnerantrag zum „Erhalt | |
des RAW als Kulturensemble, Naherholungszentrum und Denkmalbereich“ erhielt | |
eine deutliche Mehrheit. | |
## Kein schnelles Geld | |
Der grüne Baustadtrat des Bezirks, Hans Panhoff, war frühzeitig über den | |
Verkauf des Geländes informiert; er hatte sich zuvor mit der Kurth-Gruppe | |
getroffen. Doch was diese mit dem RAW-Gelände vorhat und ob sie auch den | |
Rest des historischen Areals erwerben will, weiß auch er nicht. „Ich habe | |
den Investoren aber gesagt: Wenn Sie dieses Grundstück kaufen, können Sie | |
nicht an den Nutzern vorbei handeln. Hier können Sie kein schnelles Geld | |
machen, sondern müssen eine gemeinsame, langfristige Perspektive | |
entwickeln“, berichtete Panhoff der taz. „Das hat sie aber nicht | |
abgeschreckt.“ | |
Bei der Initiative für den Erhalt des Kulturensembles RAW, die auch den | |
Bürgerantrag eingebracht hat, ist man vom Verkauf des Teilgrundstücks nicht | |
überrascht. „Wir hoffen, dass der neue Investor die bestehende | |
Beschlusslage im Bezirk respektiert“, so Kuno Zscharnak. Das würde auch | |
bedeuten: Bestandsschutz und Erhalt bestehender Gebäude sowie die Schaffung | |
von Grünflächen. Die Initiative bezweifelt indes, dass dies den | |
Vorstellungen der Kurth-Gruppe entspricht. „Deren Tätigkeitsschwerpunkt | |
sind Projektentwicklung gewerblicher Objekte und mehrgeschossige | |
Wohnanlagen. Das passt nicht wirklich zum RAW-Gelände“, merkt Christoph | |
Casper an. | |
Der Vorsitzende des Friedrichshainer Stadtentwicklungsausschusses, John | |
Dahl, kündigte an, sich im April mit dem Investor ein erstes Mal zu | |
treffen. Ob die Übernahme eventuell auch ein positives Signal an die | |
Kulturschaffenden auf dem Areal sein könnte, wagt Dahl noch nicht zu | |
beurteilen. Denn: „Wer viel Geld ausgibt, will auch viel verdienen“, sagt | |
er. | |
9 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Matthias Bolsinger | |
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