# taz.de -- Nichts als Schulden: Braunlage nicht zu retten | |
> Der Touristenort im Harz kann den Zukunftspakt nicht einhalten, den der | |
> zur Gesundung seiner Finanzen mit Niedersachsen geschlossen hat. | |
Bild: Die Schneekanone bringt Schnee - aber kaum Steuern. | |
BRAUNLAGE taz | Der Tourismus boomt und Braunlage hat nichts davon – | |
zumindest nicht die Kommune. Wie jetzt bekannt wurde, kann die Stadt im | |
Oberharz den Zukunftsvertrag nicht einhalten, den sie 2010 mit dem Land | |
Niedersachsen geschlossen hat und der ihre Finanzen sanieren sollte. Es hat | |
auch nicht geholfen, dass der Harz einen schneereichen Winter erlebte und | |
das neue Skigebiet am Wurmberg Scharen von Sportlern angezogen hat. Denn so | |
paradox es klingt: Braunlage braucht die Touristen, kann aber nicht von | |
ihnen leben. | |
Braunlage gehört zu den ersten Städten, die das Angebot der damaligen | |
schwarz-gelben Landesregierung angenommen hatten, einen Zukunftsvertrag zu | |
schließen. Im Gegenzug zu der Fusion mit der Gemeinde St. Andreasberg | |
erhielt die Kommune fast neun Millionen Euro Prämie, um ihre Altschulden | |
abzubauen. Zugleich sollte die Fusion Kosten sparen und es der neuen | |
Gemeinde ermöglichen, bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. | |
Daraus ist nichts geworden: Der aktuelle Haushaltsvorschlag sieht ein | |
Defizit von 2,4 Millionen Euro vor – 1,4 Millionen mehr als nach dem | |
Zukunftsvertrag zulässig. Der gesamte Haushalt umfasst 14 Millionen Euro. | |
Nach Auffassung des Bürgermeisters war der Zukunftsvertrag von vornherein | |
zum Scheitern verurteilt. Braunlage habe einen der ersten Verträge mit dem | |
Land abgeschlossen. „Bei uns wollte man nicht wahr haben, dass dauerhaft | |
Zuschüsse nötig sein werden“, sagt er. | |
In den vergangenen vier Jahren sei die Einwohnerschaft und damit das | |
Steueraufkommen um 200.000 Euro geschrumpft. Dazu komme die schwierige | |
topografische Lage mitten im Gebirge. Die Ortsteile Braunlage, St. | |
Andreasberg und Hohegeiß liegen zwölf Kilometer auseinander, sodass sich | |
Einrichtungen wie Kindergärten oder Feuerwehren nicht zusammenlegen ließen. | |
Braunlage müsse die Infrastruktur für Touristen vorhalten, die ein | |
Vielfaches der Einwohnerschaft ausmachen und habe keine Möglichkeit, | |
Betriebe anzusiedeln. „Wir sind von Naturschutzgebieten eingekreist“, sagt | |
Grote. | |
Nur in St. Andreasberg gebe es einen produzierenden Betrieb, der 800.000 | |
bis 900.000 Euro Gewerbesteuer einbringe. Das Gros der touristischen | |
Betriebe sei zu klein, um viel Geld in die Kasse zu spülen. Und auch das | |
neue Skigebiet am Wurmberg helfe dem städtischen Haushalt nicht auf die | |
Beine. „Der Rückfluss ist für die kleinteilige Unternehmensstruktur gut“, | |
sagt Grote, „aber für die Kommune bildet sich das nicht ab.“ | |
Trotzdem findet der Bürgermeister, die weit über eine Million Euro, die die | |
Stadt in das Skigebiet investiert hat, seien sinnvoll ausgegebenes Geld – | |
„weil es sich abzeichnet, dass es ein voller Erfolg wird“. Wegen der | |
Beschneiungsanlagen könne man zurzeit in Braunlage immer noch Skifahren. | |
Der CDU-Fraktionschef Albert Baumann, über lange Jahre selbst | |
Bürgermeister, schätzt die Lage ähnlich ein wie sein Nachfolger – wobei er | |
einflicht, dass dieser etwas weniger leichtfertig mit Geld umgehen könnte. | |
Er betont, dass die Investition in das Skigebiet keinesfalls für die | |
Haushaltsmisere verantwortlich ist. Investiert hätten ja die städtischen | |
Betriebe. „Es gibt nicht einen Euro, der dabei an roten Zahlen im Haushalt | |
anfällt“, sagt Baumann. Die Investition habe zu einem „stattlichen | |
Aufschwung“ geführt. | |
„Wir haben in der Region Probleme, die sind nicht wegzudiskutieren“, sagt | |
Dirk Lienkamp, Sprecher des Landkreises Goslar. Der Kreis hat die | |
Kommunalaufsicht über Braunlage und muss dessen Haushalt genehmigen. Der | |
Landkreis selbst habe seinen Zukunftsvertrag mit dem Land eingehalten, sagt | |
Lienkamp. | |
Auch wenn Braunlage den Vertrag nicht einhalten könne, dürfe es das | |
Fördergeld behalten, teilt das Innenministerium mit. Die Gemeinde sei aber | |
verpflichtet, dessen Ziele „mittelfristig wieder anzustreben und zusammen | |
mit der Aufsicht nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen“. | |
16 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
## TAGS | |
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Steuersenkung | |
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