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# taz.de -- Simonis zehn Jahre nach „Heidemord“: „Ich hoffe immer noch“
> Vor zehn Jahren wurde Heide Simonis (SPD) auch im vierten Wahlgang nicht
> Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein. Ein Gespräch über Loyalität.
Bild: Vier Wahlgänge, danach Rückzug: „Das ist schon etwas Besonderes“.
taz: Frau Simonis, nach Ihrer gescheiterten Wahl zur Ministerpräsidentin
vor zehn Jahren haben Sie gehofft, der Heckenschütze aus Ihrem Lager würde
sich irgendwann zu erkennen geben. Haben Sie inzwischen aufgegeben?
Heide Simonis: Nein, ich hoffe immer noch. Spätestens auf dem Totenbett
sollte es herauskommen.
Am Anfang haben Medien den damaligen SPD-Finanzminister Ralf Stegner
verdächtigt.
Ich habe ihn nie im Verdacht gehabt. Stegner war immer ein sehr loyaler
Mitarbeiter.
Warum haben Sie sich damals zu einem vierten Wahlgang verleiten lassen?
Warum sollte jemand, der Sie schon dreimal über die Klinge springen ließ,
es beim vierten Mal nicht tun?
Da müssten Sie Franz Müntefering und Altbundeskanzler Gerhard Schröder
ebenfalls fragen. Beide hatten gebeten, dass wir eine weitere Abstimmung
unternehmen. Kurz darauf waren ja Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen,
und die Kollegen meinten, es wäre kein gutes Signal, aufzugeben. Aber es
war ja dann doch auch so kein gutes Signal.
Ist es nicht ganz normales politisches Risiko, bei einer solch wackeligen
Koalitionsmehrheit von einer Stimme nicht gewählt zu werden?
Natürlich. Es hätte nur rechtzeitig das Signal kommen müssen: „Du wirst
nicht gewinnen.“ Nach dem dritten Wahlgang gab es noch eine geheime
Probeabstimmung im Fraktionssaal, bei der alle wie die Zinnsoldaten
gestanden haben. Alle stimmten für mich. Bei der Wahl im Parlamentssaal war
dann aber ein Zinnsoldat nicht mehr in der Lage, das Kreuz an der richtigen
Stelle zu machen. Dieses hinterhältige Abstimmungsverhalten war mehr als
schäbig.
Die Barschel-Affäre in den achtziger Jahren, danach der skandalbedingte
Rücktritt von SPD-Ministerpräsident Björn Engholm, später Ihre Abwahl.
Warum immer Schleswig-Holstein?
Oder denken Sie an das Landeswahlrecht, das 2010 auf einmal nicht mehr mit
der Verfassung vereinbar war, weil es zu viele Überhangs- und
Ausgleichsmandate gab. Daraufhin gab es dann Neuwahlen. Hier oben leben
halt doch ein paar Dickschädel.
Ist das klimabedingt?
Immer wenn die Zeitungen schreiben, dass irgendwo mal wieder was Seltsames
passiert ist, denke ich: „Nicht! Bitte nicht schon wieder bei uns!“ Allzu
oft ist es doch wieder in Schleswig-Holstein. Es gibt vernünftige Vorhaben,
die schiefgehen können, weil sie nicht früh genug geplant werden. Aber dass
man ein Wahlgesetz nicht richtig aufstellen kann, ist seltsam. Es war ja
nicht das erste Wahlgesetz der Welt.
Gibt es denn Hoffnung für Schleswig-Holstein?
Wir sind doch mindestens sehr unterhaltend für Sie und die Republik.
Sie werden häufiger zum sogenannten Heidemord befragt. Welche Frage hassen
Sie am meisten?
Jede. Aber ich muss ja zugeben: Vier Wahlgänge hinter sich zu bringen und
trotzdem nicht gewählt zu werden, das ist schon was Besonderes. Ich kann
nur jedem in einer ähnlichen Situation raten: Zwei Wahlgänge, dann muss
Schluss sein.
17 Mar 2015
## AUTOREN
Helke Ellersiek
## TAGS
Schleswig-Holstein
SPD
SPD
Schleswig-Holstein
Koalitionsverhandlungen
Ministerin
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