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# taz.de -- Aufklärung sexuellen Missbrauchs: Ein Anfang nach all den Jahren
> Missbrauchsopfer einer Schule in Darmstadt erreichen bei den Behörden
> Aufklärung. Hessens Kultusminister wird eine Kommission einsetzen.
Bild: Alexander Lorz (CDU) im Landtag, 2014.
BERLIN taz | Es war ein konstruktives Gespräch mit viel zu langem Vorlauf.
Jahrzehnte nachdem weit mehr als 100 Schüler der Elly-Heuss-Knapp-Schule in
Darmstadt von einem Lehrer missbraucht wurden ([1][taz. am wochenende
berichtete]), trafen sich Betroffene am Mittwoch in Wiesbaden erstmals mit
den verantwortlichen Behörden.
Der hessische Kultusminister Alexander Lorz (CDU) zeigte sich erschüttert.
„Was hier ganzen Schülergenerationen angetan wurde, verdient unser tiefstes
Mitgefühl.“ Der Täter war jahrzehntelang an der Schule tätig.
Im Gespräch als unabhängige Gutachterinnen sind offenbar die Juristinnen
Brigitte Tilmann und Claudia Burgsmüller, die bereits die Missbrauchsfälle
an der Odenwaldschule untersuchten. Sie sollen schnellstmöglich beginnen,
Kontakt mit Altschülern und ehemaligen Lehrkräften der Darmstädter Schule
aufzunehmen und Unterlagen zu sichten. Die Untersuchungen sollen den vollen
Umfang der begangenen Straftaten sichtbar machen und klären, warum der
Missbrauch so lange unentdeckt bleiben konnte. Mit ersten Ergebnissen ist
frühestens nach sechs Monaten zu rechnen.
Im Fall des Lehrers Buß liegt ungewöhnlich viel Material vor: Tagebücher
und Briefe, in denen der Täter seine Taten dokumentierte, sind erhalten,
Auszüge davon lasen Betroffene dem Kultusminister vor.
## „Verlorene Jungs“
„Endlich wurden wir gehört – jetzt muss die Behörde ihre Mitschuld ernst
nehmen und tätig werden“, sagte ein Mitglied der Bürgerinitiative nach dem
Gespräch. Bereits seit 2012 fordern einzelne Betroffene lückenlose
Aufklärung und eine offizielle Entschuldigung der Behörden. Es bedurfte
allerdings erst des Zusammenschlusses zur Bürgerinitiative und des
Einschaltens des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen
Kindesmissbrauchs, Rörig, bis die Forderungen durchdrangen.
Der hessische Landtagsabgeordnete Marcus Bocklet (Grüne), der sich bereits
in der Aufklärung des Odenwaldschul-Skandals engagiert hatte, bezeichnete
die Schilderungen der Opfer vor dem Minister als „bedrückend, aber
konstruktiv“. Er zeigte sich zuversichtlich, dass nun eine schnelle und
ernsthafte Untersuchung auch der Behördenverantwortung erfolge – schneller
als im Fall der Odenwaldschule. Deren Vertreter Adrian Koerfer, Vorstand
des Opfervereins „Glasbrechen“, nahm ebenfalls als Experte an dem Treffen
teil.
Der Täter, der fast vierzig Jahre im hessischen Schuldienst war, wurde 2005
zu vier Jahren Haft verurteilt, er starb 2008. Erhaltene Tagebücher des
Lehrers und Aussagen früherer Opfer lassen jedoch vermuten, dass er weit
mehr als 100 Jungen missbraucht hat.
Wie die taz recherchierte, hatten mehrere Opfer den Missbrauch bei der
Schulleitung und der Schulaufsicht angezeigt. Trotzdem erfolgte nie eine
Untersuchung der Taten, der Lehrer blieb bis zu seiner Pensionierung im
Jahr 1992 unbehelligt. Die Betroffeneninitiative will sich künftig
„Verlorene Jungs“ nennen – nach dem Titel der taz-Reportage.
18 Mar 2015
## LINKS
[1] /Aufklaerung-sexuellen-Missbrauchs/!156528/
## AUTOREN
Nina Apin
## TAGS
Darmstadt
Lesestück Recherche und Reportage
Schule
Darmstadt
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