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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Sie haben sich irgendwie verrannt
> Viel laufen bringt nicht immer viel. Wer klug Fußball spielt, lässt den
> Gegner laufen und ist im entscheidenden Moment ausgeruht.
Bild: Buffy Ettmayer (M.) lief eher ungern, konnte aber den genialen Pass spiel…
Loriots Frage „Ja, wo laufen sie denn?“ ist Geschichte. Heute fragen wir:
Wie viel laufen sie denn? Kein Bundesligaspieltag ohne eine detaillierte
Analysen der Laufleistungen. 16 Kameras teilen sich die Rasenfläche und
messen auf den Meter genau aus, welche Strecke jeder Spieler zurückgelegt
hat. 13 Kilometer abgerissen? Wow! Ein echter Spitzenwert. Nur 8,1
Kilometer? Ein offensichtlich fußlahmer Stehgeiger, der die Arbeit
verweigert. Für Reporter, Trainer, Publikum gilt gleichermaßen die einfache
Gleichung: Je mehr, desto besser.
Bei näherem Hinsehen entdecken wir allerdings Ungereimtheiten. Die
Kilometerfresser Freiburg und Stuttgart verbuchen Spitzenwerte in den
Laufleistungen, stehen aber auf Platz 17 und 18 der Tabelle. Wahrscheinlich
ein Messfehler. Lionel Messi, der beste Fußballspieler der vergangenen
Jahre, brachte es bei der letzten WM in Brasilien im Schnitt auf die oben
genannten 8,1 Kilometer und war damit einer der lauffaulsten Spieler. Auch
Cristiano Ronaldo stand in Sachen Laufleistung am Ende der WM nur auf Platz
357.
Wäre es möglich, dass Messi und Ronaldo vielleicht auch deshalb so
wertvolle Spieler sind, weil sie nicht sinnlos Kilometer schrubben, sondern
ihre Kräfte dosieren und bei Ballbesitz viel explosiver sind als die
ausgedörrten Langstreckenläufer? Erinnert sich noch jemand an Buffy
Ettmayer? Der ehemalige VfB-Stuttgart-Spieler, bei dem das Trikot in der
Oberbauchregion immer so schön spannte, hatte den Aktionsradius eines
Bierdeckels und war dennoch ein erfolgreicher Torschütze und genialer
Passgeber.
Entschuldigung, das war jetzt natürlich unsachlich, weil Ettmayer vor 40
Jahren spielte und heute von VfB-Trainer Huub Stevens nicht mal als
Balljunge eingesetzt werden würde. Auch den Hinweis auf den meist
gemächlich trottenden Günter Netzer wollen wir uns an dieser Stelle
verkneifen.
## Gleichmäßig trabender 13er
Zurück zur Aktualität. Bayern Münchens Spieler laufen relativ wenig. Warum
auch? Sie lassen lieber den Ball laufen. Wer mehr Ballbesitz hat, muss
weniger laufen. Jürgen Klopps Borussen laufen dagegen wie die Hasen? Okay,
keine Häme gegen die Schwarz-Gelben. Dafür einige womöglich unseren
Fußballverstand anregende Fragen. Ist ein Spieler, der nur neun Kilometer
zurücklegt, aber die mit schnellen Antritten und hoher Geschwindigkeit,
womöglich besser als ein gleichmäßig trabender 13er?
Und wie wäre es, die Kilometerleistung mit den Ballkontakten zu verbinden?
Hat sich der Dauerläufer mit wenig Ballbesitz vielleicht nur in der
Sportart geirrt? Bei unserer Datenversessenheit sollten wir nicht nur
messen, wie viele Meter die erfolgreichsten Torschützen und besten
Passgeber zurücklegen, sondern auch, welche Ruhepausen sie sich wann und
wie lange nehmen.
Wir wollen hier nicht dem Mittagsschlaf das Wort reden. Aber der
Spielintelligenz. Und der wohldosierten Laufleistung – sowie den nötigen
Erholungsphasen. Kurz: der Effizienz. Bei der letzten WM ist übrigens
Thomas Müller am meisten gelaufen. Auf Platz zwei stand Toni Kroos. Diese
Rangliste ist allerdings kompletter Unsinn, denn die Statistiker vergaßen
schlicht den Hinweis, dass die deutschen Spieler – weil sie bis ins
Endspiel kamen – auch die meiste Einsatzzeit hatten. Teilt man die
Kilometerleistung durch ebenjene Einsatzzeit, liegt Müller nur auf Platz 79
und Kroos auf Platz 121.
20 Mar 2015
## AUTOREN
Manfred Kriener
## TAGS
Cristiano Ronaldo
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Bayer Leverkusen
Paris St. Germain
Kritik
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