# taz.de -- Umweltbank ohne Urlaubsgeld: Werkstudenten wehren sich | |
> Beschäftigte der Umweltbank wollen nicht gezahlte Urlaubsansprüche | |
> einklagen. Die Bank verweist auf flexible Arbeitszeiten. | |
Bild: Die Umweltbank gilt als sozial und nachhaltig. Anschuldigungen der Werkst… | |
BERLIN taz | Die Umweltbank AG aus Nürnberg soll über mehrere Jahre ihren | |
fest angestellten Werkstudenten die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie | |
bezahlten Urlaub verwehrt haben. Das behaupten Mitarbeiter der Bank, die | |
anonym bleiben möchten. „Mehrere Werkstudenten der Umweltbank streiten sich | |
zurzeit mit der Bank vor Gericht, um nie gezahlte Urlaubsansprüche geltend | |
zu machen“, berichtet einer der Studenten. | |
Die Nürnberger Umweltbank hat laut Eigenwerbung das Ziel, „so viele | |
Umweltprojekte wie nur möglich zu fördern“. Im Jahr 2014 investierte die | |
Bank rund 2,24 Milliarden Euro in ökologische Vorhaben. Sie hat gut 130 | |
Mitarbeiter, wovon etwa ein Dutzend fest angestellte Werkstudenten sind. | |
„Unsere Mitarbeiter sind das wertvollste Kapital des Unternehmens“, | |
schreibt die Umweltbank in ihrem Sozialbericht. | |
Laut Aussage mehrerer Werkstudenten und anderer Mitarbeiter wurde den | |
Studenten seit Gründung der Bank weder der gesetzlich vorgeschriebene | |
Urlaubsanspruch noch die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gewährt. | |
## Umweltbank ignoriert gesetzliche Vorgaben | |
Werkstudenten sind Angestellte, die sozialversicherungspflichtig neben dem | |
Studium in einem Unternehmen arbeiten. „Sie unterscheiden sich in ihrer | |
gesetzlichen Stellung grundsätzlich nicht von normalen Mitarbeitern“, sagt | |
Gerrit Thätner, Fachanwalt für Arbeitsrecht. | |
Bei der Umweltbank arbeiten diese Studenten zwischen 12 und 20 Stunden pro | |
Woche. Da in ihren Arbeitsverträgen keine Regelung zu Urlaubszeiten | |
getroffen worden sein soll, müssten mindestens die gesetzlichen Vorgaben | |
greifen – welche von der Umweltbank aber demnach ignoriert wurden. | |
Dieses Vorgehen scheint zwar bei der Beschäftigung von Studenten nicht | |
unüblich zu sein – was es aber nicht weniger illegal macht: „Diese Praxis | |
ist teilweise auf Rechtsunkenntnis der Arbeitsvertragsparteien | |
zurückzuführen und teilweise rein wirtschaftlichen Erwägungen auf | |
Arbeitgeberseite geschuldet“, sagt Anwalt Christian Döhler, der die | |
Studenten vor Gericht vertritt. „Es handelt sich um Arbeitnehmer im | |
arbeitsrechtlichen Sinne, für die Urlaubsansprüche und Entgeltfortzahlung | |
im Krankheitsfall zu gewähren sind.“ | |
Die Studenten berichten, dass sie die Bank darauf hinwiesen. „Die Bank wich | |
den Forderungen aus und teilte uns mit, dass der Verwaltungsaufwand zu groß | |
sei, wenn man die Ansprüche bezahlen würde“, sagt einer von ihnen. | |
## Abmahnungen und Einschüchterungen | |
Mehrere Studenten hätten daraufhin ihren gesamten Jahresurlaub eingereicht, | |
um den Anspruch für das Jahr 2014 in voller Höhe zu sichern. Einer der | |
Studenten, der seit mehreren Jahren für die Bank arbeitet, soll wenige Tage | |
später ohne Angabe von Gründen fristlos entlassen worden sein. Andere | |
Studenten berichten von Abmahnungen und Einschüchterungen. | |
Auf Anfrage der taz sagte der Vorstand der Bank, Horst P. Popp, zu den | |
Vorwürfen, dass der Urlaubsanspruch durch „Sonderzahlungen“ abgegolten | |
worden sei. Die Studenten hätten ihre Arbeitszeit so flexibel gestalten | |
können, dass „die finanzielle Abgeltung des Urlaubs“ durch diese | |
Flexibilität erfolgt sei. | |
Wie genau diese Zahlungen ausgesehen haben sollen oder was die flexible | |
Arbeitszeitgestaltung mit dem gesetzlichen Urlaubsanspruch zu tun hat, | |
erklärte die Bank auch auf Nachfrage nicht. Die Studenten berichten, dass | |
es keine entsprechende Abmachung gegeben habe. Die Bank habe den | |
Urlaubsanspruch mit dem ausgezahlten Weihnachtsgeld verrechnen wollen, das | |
jedoch jeder Mitarbeiter erhalten habe – auch die, die ihren Urlaub bezahlt | |
bekommen hätten. | |
Zu dem entlassenen Studenten und den ausgebliebenen Lohnfortzahlungen im | |
Krankheitsfall äußerte die Bank sich explizit nicht. Sie teilte lediglich | |
mit, dass inzwischen „aus Gründen der Rechtssicherheit“ das „variable | |
Modell vollständig umgestellt“ worden sei. | |
Voraussichtlich im Juli wird es zur gerichtlichen Verhandlung vor dem | |
Arbeitsgericht Nürnberg kommen. | |
12 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Ruben Rehage | |
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