# taz.de -- Ausländerhass in Südafrika: Jagd auf Somalier und Äthiopier | |
> Bei fremdenfeindlichen Unruhen sind fünf Menschen in Durban getötet | |
> worden. Regierung und Polizei tun zu wenig, sagen Oppositionelle. | |
Bild: Selbstverteidigung: Migranten laufen mit Macheten durch Durban. | |
Der Ausländerhass in Südafrika flammt wieder heftig auf. Bei | |
fremdenfeindlichen Unruhen in der Stadt Durban sind nach Angaben der | |
Behörden mindestens fünf Menschen getötet worden. Seit dem Wochenende | |
plünderten Einheimische die Läden und Häuser von Einwanderern und setzten | |
sie in Brand. Es handelt sich um einen der bislang schwersten | |
Gewaltausbrüche gegen Ausländer. | |
Auch in der Innenstadt von Johannesburg blieben die Läden am Mittwoch | |
geschlossen. Aber in Durban gab es auch eine Gegenbewegung: Ein | |
Friedensmarsch für ein vereintes Afrika zeigte gestern, viele Menschen in | |
Südafrika sind gegen den Ausländerhass. 10.000 Künstler, Kirchenführer, | |
Ausländer sowie Angehörige der Zivilgesellschaft marschierten durch Durbans | |
Straßen, um ein Zeichen zu setzen. | |
Menschen hielten Plakate hoch mit dem Wort „Ubuntu“, ein afrikanisches | |
Leitmotiv für Menschlichkeit. Das Phänomen von Gewalt ist in der | |
Gesellschaft tief verankert. Nach den brutalen und tödlichen Angriffen auf | |
schwarze Nachbarn und Ladenbesitzer im Jahre 2008 bitten Ausländer die | |
Regierung täglich um Hilfe, viele suchen Schutz in Polizeistationen. | |
Angeblich haben sich Angreifer auch per SMS bei ausländischen Kiosk- und | |
Ladenbesitzern in Johannesburg gemeldet mit der Botschaft: Wir kommen, um | |
euch zu töten. | |
Die eingewanderten Somalier, Äthiopier und Menschen aus afrikanischen | |
Nachbarländern bangen um ihr Leben, denn die bitteren Erfahrungen mit | |
brennenden Townships im Jahr 2008 und der Tötung von 62 schwarzen | |
Ausländern durch schwarze Südafrikaner sitzen tief. Das Land war damals im | |
Schock, es hat aber nichts dazugelernt. Die Polizei reagiert, ohne den Hass | |
unter Kontrolle zu bekommen. | |
## Die Angst bleibt | |
Ntomifuthi, eine junge Frau aus der armen Provinz Ostkap, lebt und arbeitet | |
in der Innenstadt Johannesburgs: „Wenn sie keine Ausländer im Land haben | |
wollen, dann sollen sie es ihnen sagen, anstatt zuzusehen, wie sie getötet | |
werden.“ Ntomifuthi verlangt von Südafrikanern mehr Mitmenschlichkeit. | |
In Durban sind die Attacken abgeklungen, aber die Angst bleibt. Zelte in | |
Hilfslagern beherbergen diejenigen, die während der Unruhen vertrieben | |
worden sind. Die Regierung erklärte zwar, sie habe den Ausländerhass in | |
Südafrika unter Kontrolle. Allerdings muss sich der Zulukönig in der | |
Provinz KwaZulu-Natal in Durban, Goodwill Zwelithini, einer Beschwerde vor | |
der südafrikanischen Menschenrechtsorganisation stellen. | |
Er habe Ausländerhass geschürt, indem er Ausländer dazu aufrief, die Sachen | |
zu packen und zu gehen. Vorwürfe an Präsident Jacob Zuma, der in | |
KwaZulu-Natal beheimatet ist, werden laut. Er solle vor der Nation klar | |
Stellung gegen Ausländerhass beziehen, fordern Oppositionelle. | |
Die Sprache des Nationalismus und Patriotismus, die oft von der Regierung | |
zu hören gewesen sei, sei problematisch, sagte Lucien van der Walt, | |
Soziologieprofessor an der Rhodes-Universität. „Es gibt ein fast komplettes | |
Versagen des Staats, wenn es um den Umgang mit Kriminalität geht. Das | |
Vertrauen in die Polizei ist sehr gering.“ Nach dem Angriff der Polizei auf | |
streikende Arbeiter in Marikana im Jahr 2012 habe die Arbeiterklasse noch | |
weniger Vertrauen. | |
Van der Walt sieht ein grundsätzliches Problem im Lande: „Südafrika ist mit | |
seinen Strategien zur Ausländerfrage, zu Armut und Ungleichheit eine | |
Brutstätte für Gewalt. Im Kontext des harten Wettbewerbs um Stellen oder | |
den Besitz von Kiosken spielen sich diese Dinge ab. Der Staat hat leider | |
eine Menge struktureller Mängel aufrechterhalten.“ | |
16 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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