# taz.de -- Der Vormittag beim taz.lab 2015: Zukunft, Kaffee, Religion | |
> Die ersten Panels des taz.labs beschäftigen sich mit Netzfeminismus, TTIP | |
> und Säkularität. Und zwischendurch fällt die Kaffeemaschine aus. | |
Bild: Ohne Kaffee geht gar nichts. | |
„Gedöns hat etwas Paradoxes. Es scheint erst mal unwichtig, nimmt aber | |
trotzdem viel Platz ein. Das Tolle daran ist, dass es ein Anstoß für | |
intensive Gedanken und Diskussionen ist.“ | |
Die Frau, die das Motto des 6. taz.lab so präzise auf den Punkt bringt, | |
heißt Eli Sperrer. Aus „Lust am großen Denken“ und auf der „Suche nach | |
Quellen der Inspiration“ ist die taz-Leserin seit Ewigkeiten extra aus | |
München angereist. Eine halbe Stunde nach dem offiziellen Beginn des | |
Kongresses sitzt sie noch im Foyer des Hauses der Kulturen der Welt und | |
studiert das Programm. Ihre Themen, Veranstaltungen zu Gender und Sprache, | |
sind erst später dran. | |
„Welche Plattitüden wollen sie heute nicht hören?“ | |
Mit dieser Frage eröffnete taz-Chefredakteurin Ines Pohl kurz zuvor das | |
erste Podium im Auditorium - und gab damit sogleich ein Motto des Tages | |
aus. Die Gäste sollen streitbar sein, überraschen und die Phrasendrescherei | |
vieler politischer Diskussionsveranstaltungen vermeiden. Unter dem Motto | |
„Krieg im Namen Gottes“ waren u.a. die taz-Autorinnen Kristin Helberg und | |
Hilal Sezgin, die Grüne-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckhardt und | |
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime aufgefordert, zu | |
benennen, worauf in der Diskussion verzichtet werden sollte. „Im Koran | |
steht das aber so“, lautete die Antwort von Sezgin, schließlich sei dieser | |
viel zu komplex, um Beweiskraft in einzelnen Suren hinein interpretieren zu | |
können. | |
„Es ist gut, dass es die taz gibt. Sie macht gute Kapitalismuskritik - aber | |
keine gute Islamismuskritik“, | |
sagte unterdessen Mina Ahadi, Politik-Aktivistin und Vorsitzende des | |
Zentralrats der Ex-Muslime auf dem Podium „Hat der Säkularismus noch eine | |
Zukunft?“ Ahadi haderte dort mit der gesellschaftlichen Linken, die | |
versage, weil sie nicht auf sie als Islam-Kritikerin zugehe, während die | |
Rechte sie andauernd umarmen wolle. Im prall gefüllten Veranstaltungszelt | |
hatte Ahadi aber das Publikum auf ihrer Seite. | |
„Es gibt hier gerade keinen Kaffee, der Strom ist ausgefallen.“ | |
Während es drinnen schon heiß her ging, war am tazpresso-Stand vor dem | |
Eingang der Ofen erst mal aus. Bohnen rösten und Milch schäumen war nicht | |
mehr möglich, doch ein Elektriker schon auf dem Weg. Einige, der über 2.000 | |
Gäste an diesem Tag, zogen unverrichteter Dinge von dannen. Bliebe dies die | |
einzige Panne des Tages, das taz-lab, wäre organisatorisch ein voller | |
Erfolg. | |
„Peer Steinbrücks Absage war absolut windig. So etwas habe ich noch nicht | |
erlebt.“ | |
Keine Orga-, sondern ein SPD-Problem erregte dagegen | |
taz-Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann im darauffolgenden Panel. „Wir | |
hätten uns nicht intensiv genug um ihn gekümmert“, lautete der Vorwurf aus | |
seinem Büro, „deshalb habe Steinbrück einen anderen Termin angenommen“. F… | |
Herrmann stand fest, dass aus der SPD momentan einfach niemand zum | |
Freihandelsabkommen TTIP Stellung beziehen wolle, da die Partei in dieser | |
Frage „absolut zerrissen“ sei. Klar ist, es wäre für Steinbrück kein | |
Heimspiel geworden - die TTIP-Gegner sind auf dem Kongress zahlreich | |
vertreten. | |
„Die besten Muschibilder im Netz sind die Katzenbilder.“ | |
Feminismus gehört zu den Schwerpunktthemen des Gedöns-Kongresses - scharfe | |
Thesen inklusive. So wie das Fazit von taz-Bloggerin über die Veranstaltung | |
„Da habt ihr's! Eine feministische Netzreise“. Auch auf dem Podium ließ man | |
sich nicht lumpen: Hengameh Yaghoobifarah, Autorin des Missy-Magazins, | |
sagte über ihre Konkurrenz: „Der Blog maedchenmannschaft gilt als die | |
'Taliban des Netzfeminismus'“. Rigoros würden dort Kommentare entfernt, da | |
die Diskussionen, die sie auslösten, ja doch immer dieselben seien. | |
„Journalisten auf die Baustelle schicken“, | |
lautete eine Idee einer Leserin zum bevorstehenden taz-Neubau. Zuvor hatte | |
ein anderer Zuhörer der Veranstaltung „Wozu brauchen wir ein Haus, wenn wir | |
keine Abos mehr haben?" die Sorge geäußert, dass beim Bau ein | |
„Subsubunternehmer seine rumänischen Arbeiter um den Lohn prellen“ könnte. | |
Ines Pohl und taz-Geschäftsführer Karl-Heinz Ruch waren sich einig: Sie | |
wollen beiden vermeiden. Für Pohl steht fest: | |
„Wir sind eine kleine Redaktion mit großen Ansprüchen.“ | |
Über 2.000 Gäste können sich davon noch den ganzen Samstag beim taz-lab | |
überzeugen. | |
25 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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Heinz Bude | |
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