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# taz.de -- Walpurgisnacht in Berlin: Bengalos im Regen
> Die Walpurgisnachtdemo heißt gar nicht mehr so und kann mit klaren
> Inhalten punkten. Und sie bleibt trotz Spannungen friedlich.
Bild: Hochzeit verschoben: Protest entlang der Demostrecke.
Gerade hat der Regen mal kurz aufgehört, und jetzt gibt es auch was zu
gucken: Auf den Balkonen des Hausprojekts Scherer8 tanzen Leute mit rosa
Perücken im bunten Rauch der Bengalos und werfen Konfetti auf die
DemonstrantInnen. „Hochzeit abgesagt, Wedding ist zu teuer“ steht auf dem
Transparent an der Hauswand. Denn darum geht es bei dieser Demonstration:
Um steigende Mieten, Verdrängung, Gentrifizierung, um die Frage, wem die
Stadt gehört.
Die Route passt dazu: Vom Leopoldplatz mitten im Wedding, wo die Mieten
erst seit vergleichsweise kurzer Zeit richtig in die Höhe gehen, zieht die
Demonstration zum U-Bahnhof Eberswalder Straße im Prenzlauer Berg, wo der
Bevölkerungsaustausch bereits fast komplett vollzogen ist. Diese
Entwicklung ist auch auf der Demo spürbar: Während im ersten Teil der
Strecke in jeder Straße AnwohnerInnen dem Zug von ihren Wohnungen aus
zuwinken, bleiben die Fenster im Prenzlauer Berg fast alle geschlossen.
Die übliche Demofolklore hat auch hier ihren Platz: Vorne läuft ein
schwarzer Block, in den Veranstalterangaben werden aus gut 3.000
TeilnehmerInnen mal eben 7.500 und ab und an wird auch ein Bauzaun
umgeworfen. Dennoch ist es dem Bündnis „Hände weg vom Wedding“, dass die
Demonstration organisiert, gelungen, diesen Abend zu repolitisieren: Mit
den zum Ritual erstarrten, bis vor wenigen Jahren üblichen Scharmützeln in
der Nacht zum ersten Mai hat diese Demonstration wenig zu tun. Nicht mal
das Wort „Walpurgisnacht“ kommt im Aufruf noch vor.
Der Abend des 30. April gehört jetzt den Mieterprotesten. Das kommt auch
bei den ZuschauerInnen an: „Ich würde auch demonstrieren, wenn ich nicht
arbeiten müsste, die Mieten in Berlin kann sich bald niemand mehr leisten“,
sagt ein Cafébetreiber in der Buttmannstraße.
Nachdem der Zug am Bahnhof Gesundbrunnen vorbei ist und die TeilnehmerInnen
sich nach dem anfänglichen Warten im Dauerregen langsam warm gelaufen
haben, wird die Stimmung etwas aufgekratzter als zu Beginn. Die Gleimstraße
verschwindet in rotem Rauch der bengalischen Feuer, es geht das Gerücht
rum, gleich würde „was passieren“. Stimmt aber nicht, außer ein paar
Farbbeutelwürfen bleibt die Demo bis zum Schluss ruhig. Vier Festnahmen
gibt es laut Polizei dennoch, dabei handelt es sich nach Polizeiangaben
hauptsächlich um „wiedererkannte Straftäter“.
Am U-Bahnhof Eberswalder Straße löst sich die Menge dann recht schnell auf,
der wieder stärker werdende Regen tut sein Übriges. Eine Gruppe tanzt einem
Einsatztrupp Polizisten Polonaise hinterher, vor den Spätkaufs bilden sich
Schlangen. Innensenator Frank Henkel (CDU) spricht von einem „relativ
störungsfreien Ablauf“, Veranstalter Martin Steinburg von einer „guten,
lauten Demonstration“. Jetzt kann der erste Mai kommen.
1 May 2015
## AUTOREN
Malene Gürgen
Philipp Idel
Gina Nicolini
## TAGS
Berlin
Verdrängung
Demonstrationen
Tag der Arbeit, Tag der Proteste
Demonstrationen
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
Hausbesetzung
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