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# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Ist Guardiola nicht Gott?
> Nach Bayerns 0:3 in Barcelona wird der Guardiola-Algorithmus verhöhnt und
> mit Messi der Heldenfußballer reinstalliert. Das ist falsch.
Bild: Der Algorithmus-Trainer.
Guardiola, 44, ist das Zentrum unserer globalisierten Fußballwelt. Der
wichtigste Trainer der Gegenwart beziehungsweise der Mediengesellschaft. Er
hat die kulturelle und ökonomische Globalisierung des FC Bayern München
dynamisiert, wie es kein anderer gekonnt hätte.
Und er steht für den zentralen Paradigmenwechsel des Fußballs, weg vom
omnipotenten Heldenfußballer, hin zum omnipotenten Heldentrainer. Weg vom
Fußballhansel, hin zu einer globalen, kulturellen Projektionsfläche, weg
vom affirmativen, inhaltsfreien Sprechen zu einem Diskurs, der sich aus
einer fachlichen und wissenschaftlichen Erweiterung speist.
Und nun? So lautet die Frage [1][nach Bayerns 0:3 in Barcelona] dank Lionel
Messis zweieinhalb Toren. Ist der Fußballer doch größer als der
Fußballlehrer, triumphiert doch Schicksal, Zufall, Heldentat und nicht der
Wahn vom perfekten Trainer-Algorithmus?
„Ein Trainer sollte nicht versuchen, mehr als ein Trainer zu sein“, hatte
der Spiegel schon vorher über Guardiola geschrieben. Da kann man nur sagen:
Und der Spiegel sollte nicht versuchen, weniger als der Spiegel zu sein.
Ein Trainer ist schon längst mehr, als ein Trainer war. Das kann auch Messi
nicht revidieren.
## Dirigent des Orchesters
Früher war der Trainer irgendjemand, der draußen saß und nur hoffen konnte,
dass Fritz, Uwe oder Dingsbums es richten würden. Heute ist er der Dirigent
des Orchesters, der Regisseur des Stücks oder sogar der Programmierer des
Codes. Er bestimmt, was wie gegeben wird. Selbst die größten Solisten
müssen auf der Grundlage dessen spielen, was er vorgibt. Guardiolas Ziel
ist eine ästhetische Begründung des Sieges, aber eben durch totale
Kontrolle. Das schreckt viele ab, weil sie vom Fußball das ersehnen, was
sie im Leben auf jeden Fall vermeiden wollen: unkontrollierbare Ereignisse.
Wenn Guardiola am Spielfeldrand mit den Händen seine Glatze knetet, dann
ist das der Moment, in dem die Potenz und die Impotenz des modernen
Trainers aufeinanderprallen und auch der Wahn sichtbar wird: Die unendliche
Weisheit und das 24 Stunden am Tag vergrößerte Wissen, die strategische
Anordnung seiner Playstation-Figuren werden durch einen Pfiff desavouiert.
Oder einen Fehler eines eigenen Spielers. Oder eine falsche Programmierung.
Konkret war es in Barcelona so, dass Guardiola einen Programmierungsfehler
korrigierte, worauf die Bayern das Spiel lange kontrollierten. Nicht weil
sie Risiko mieden, sondern weil sie das Risiko fein ausbalancierten. Doch
dann überzogen sie es mit dem Risiko. Direkt vor dem 0:1. Und vor allem
nach dem 0:1. Wodurch ihre Geschwindigkeitsunterlegenheit beim Umschalten
zum Zug kam. Und dann hatte Barcelona seinen Messi. Und Bayern hatte seinen
Robben nicht.
Das heißt aber nicht, dass Messi größer als Guardiola wäre. Es heißt, dass
man ohne einen nach dem perfekten Algorithmus strebenden Trainer im
Weltfußball überhaupt nichts mehr gewinnen kann. Und gegen so einen Trainer
nur, wenn man einen oder mehrere Spieler hat, die individuell so
überragende Fähigkeiten haben, dass sie den Algorithmus besiegen können.
Aber nicht durch Omnipotenz, sondern nur wenn das strategisch arbeitende
Gegnerkollektiv den dafür nötigen Kontrollverlust vorlegt; also in Messis
Fall zulässt, dass er in einer entsprechenden Position mit einem halben
Meter Raum und einer halben Sekunde Zeit mit dem Gesicht zum Tor an den
Ball kommt.
Sagen wir es doch so: Die kleinen Jungs beten zu Messi. Die großen Jungs
beten zu Guardiola. Aber letztlich ist es derselbe Gott.
8 May 2015
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## AUTOREN
Peter Unfried
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