# taz.de -- Unruhen in Baltimore: Flammen und Steine | |
> Nach dem Tod eines schwarzen Gefangenen gab es in Baltimore gewaltsame | |
> Ausschreitungen. Der Gouverneur verhängte den Ausnahmezustand. | |
Bild: Gewaltsame Reaktion: Immer wieder kam es in der Ostküstenstadt zu Polize… | |
NEW YORK taz | Bürgerkriegsszenen in Baltimore: Nach der Beerdigung von | |
Freddie Gray, dem in Polizeigewahrsam das Genick gebrochen wurde, kam es am | |
Montag Nachmittag zu schweren Zusammenstößen zwischen jungen Leuten und der | |
Polizei. Es flogen Steine und Flaschen (in beide Richtungen), Polizeiwagen | |
gingen in Flammen auf, Geschäfte wurden geplündert und es gab mehrere | |
Verletzte. Am frühen Abend sagte als erstes die Baseballmannschaft Orioles | |
sein Heimspiel gegen die White Sox ab. | |
Danach überschlugen sich die Ereignisse: Der Gouverneur des Bundesstaates | |
Maryland verhängte den Ausnahmezustand über die Stadt und mobilisierte | |
Tausende Nationalgardisten. Gleichzeitig dekretierte die Bürgermeisterin | |
von Baltimore eine nächtliche Ausgangssperre, die ab Dienstag in Kraft | |
treten sollte. Doch schon am Montag Abend räumten Polizisten in Baltimore | |
Geschäfte: „für Ihre eigene Sicherheit. Machen Sie zu und gehen Sie“. | |
An der Trauerfeier für Freddie Gray in der baptistischen New Shiloh Baptist | |
Church in West Baltimore nahmen am frühen Nachmittag mehr als 2.200 | |
Menschen teil. Direkt anschließend appellierten Angehörige des Toten | |
erneut, friedlich zu protestieren. „Ich glaube nicht, dass das für Freddie | |
ist“, sagte seine Zwillingsschwester Fredericka über die Randale, „Gewalt | |
ist ein Fehler.“ | |
Die Bürgermeisterin von Baltimore, die in den Vortagen ihre Hand zu den | |
Angehörigen des Toten ausgestreckt und Aufklärung des Geschehens | |
versprochen hatte, nannte das, was am Montag Abend in Baltimore sah: „sehr | |
beunruhigend“. Stephanie Rawlings Blake: „Hier wird auf sinnlose Weise | |
zerstört, was Generationen aufgebaut haben“. | |
## Polizei fühlt sich von Gangs angegriffen | |
Auch der US-Präsident schaltetete sich in das Geschehen in dem eine knappe | |
Autostunde östlich der US-Hauptstadt gelegenen Baltimore ein. Er sprach am | |
Montag mit der demokratischen Bürgermeisterin und dem republikanischen | |
Gouverneur von Maryland, Larry Hogan. Der Präsident ließ sich auch von der | |
erst am selben Tag ins Amt eingeführten neuen Justizministerin, Loretta | |
Lynch versichern, dass ihr Ministerium weiterhin die Aufklärung der | |
Todesumstände von Freddie Gray verfolgen wird. | |
Aus der Polizei in Baltimore verlautete am Nachmittag, dass drei | |
verfeindete Banden – die Black Guerilla Family, die Bloods und die Crips - | |
sich zusammen getan hätten, um gemeinsam Polizisten auszuschalten. | |
Angeblich nahm die Polizei diese Gerüchte ernst. Am späteren Abend sprach | |
ein Polizeiverantwortlicher, Darryl DeSousa, von 15 verletzten Kollegen. | |
Davon die meisten durch „Flug-Objekte“. | |
In den sozialen Medien wunderten sich zu dem Zeitpunkt Aktivisten darüber, | |
dass die Polizei noch lange nach Beginn der Randale den Autoverkehr weiter | |
zuließ. „Sie wollen Chaos“, schrieb einer. Bei Einbruch der Dunkelheit | |
versuchten Männer des „Baltimore Anti Violence Movement“ mit randalierenden | |
Jugendlichen zu sprechen. „Ihr müsst intelligent sein“, rief ein Mann und | |
warnte vor weiteren Gewalttaten. | |
Die Gemengelage in Baltimore ist anders als in Ferguson. Während die | |
mehrheitlich schwarze Bevölkerung in der Vorstadt in Missouri, im | |
vergangenen Jahr so gut wie keine Repräsentation in den Gremien der Stadt – | |
Polizei inklusive – hatte, gibt es in der mehrheitlich schwarzen Großstadt | |
Baltimore eine schwarze Elite, zu der auch die Bürgermeisterin und der | |
Polizeichef gehören. Doch zugleich hat Baltimore eine lange Geschichte von | |
brutalen Polizeiübergriffen. Allein zwischen 2011 und 2014 musste die Stadt | |
5.7 Millionen Dollar Wiedergutmachungen an Opfer von Polizeigewalt zahlen. | |
Unter den entschädigten Opfern, die ausnahmslos von dem Verdacht von | |
Straftaten freigesprochen wurden, sind alte und junge Leute, Männer und | |
Frauen, die mit gebrochen Knochen, blutigen Gesichtern und in mehreren | |
Fällen mit Querschnittlähmung aus dem Polizeigewahrsam kamen. Eine | |
Polizeispezialität trägt in Baltimore den Namen „Rough Ride“ - Rauhe Fahr… | |
Dabei werden gefesselte Gefangene, ohne Sicherheitsgurt in den hinteren | |
Teil des Gefangenentransporters gebracht, wo sie bei jeder scharfen Kurve | |
gegen Metall schleudern. | |
Über die Todesumstände von Freddie Gray ist nichts Neues bekannt geworden. | |
Die sechs Polizisten, die ihn festgenommen haben, sind weiterhin im | |
(bezahlten) Zwangsurlaub. Und die Polizei will weiterhin am Freitag einen | |
internen Untersuchungsbericht vorlegen. Nach dem, was bislang | |
herausgesickert ist, glauben die Behörden, dass Freddie Gray den | |
Genickbruch im Transportfahrzeug erlitten hat. | |
Doch Augenzeugen der Verhaftung, bei der Freddie Gray sich widerstandslos | |
ergab, aber mehrere Polizisten ihre Knie auf seinen Kopf und seinen Rücken | |
setzten, berichten, dass der 25-Jährige schon verletzt war, zumindest ein | |
Bein nicht mehr bewegen konnte, und vor Schmerzen schrie, als er in die | |
Wanne transportiert wurde. | |
28 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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