# taz.de -- Urteil im Rubyprozess gegen Berlusconi: Sieben Jahre - in erster In… | |
> Alle Bestechungen haben nichts genützt. Die Beweise gegen Berlusconi | |
> überzeugen ein Mailänder Gericht von seiner Schuld. | |
Bild: Da müssen die Anwälte wohl nochmal ran: Silvio Berlusconi. | |
ROM taz | Sieben Jahre Haft, dazu ein lebenslanges Verbot der Ausübung | |
öffentlicher Ämter: Am Dienstag sprach eine Mailänder Gerichtskammer Silvio | |
Berlusconi im so genannten „Rubygate“-Verfahren schuldig. Mehr als zwei | |
Jahre dauerte der Prozess, gut 50 Verhandlungstage waren nötig, ehe es | |
jetzt zum Urteil kam. | |
Angeklagt war Silvio Berlusconi in zwei Punkten: Prostitution einer | |
Minderjährigen sowie Nötigung im Amt. Denn in den Monaten Februar bis Mai | |
2010 war Karima El Mahroug, die sich auch „Ruby Rubacuori“ (Ruby | |
Herzensstehlerin) nannte, mehrfach in Berlusconis Villa vor den Toren | |
Mailands zu Gast. | |
In der Villa eines damals 73-jährigen Mannes, der seit 2008 wieder | |
Regierungschef Italiens war. Eines Mannes aber auch, dessen Frau sich | |
gerade von ihm getrennt hatte, im Gefolge der Affäre um Noemi Letizia. | |
Jener jungen Frau aus Neapel hatte Berlusconi im April 2009 zu deren 18. | |
Geburtstag die Aufwartung gemacht – und nicht bloß Silvios Ehefrau, sondern | |
ganz Italien hatte einer erste Ahnung von seiner Neigung zu blutjungen | |
Mädchen bekommen. Seine Ehe war darüber gescheitert – und Berlusconi | |
tröstete sich in den Folgemonaten nach Kräften. „Elegante Abendessen“ | |
taufte er selbst die Veranstaltungen; diverse Zeuginnen vor Gericht | |
schilderten allerdings wahre Orgien, in denen er sich mit dutzenden Frauen | |
vergnügte. | |
Das allein wäre nicht strafbar – wohl aber die Tatsache, die das Gericht | |
jetzt als erwiesen ansah: El Mahroug erhielt von Berlusconi Geld für Sex, | |
obwohl er wusste, dass sie minderjährig war. Zudem paukte Berlusconi sie | |
heraus, als sie im Mai 2010 in Mailand unter Diebstahlsverdacht | |
festgenommen worden war. | |
## Mubaraks Nichte | |
Berlusconi, der damals auf einem Regierunsgipfel in Paris weilte, rief | |
mehrmals im Mailänder Polizeipräsidium an und tischte den Beamten die Mär | |
auf, Ruby sei „die Nichte Mubaraks“; deshalb müsse sie umgehend auf freien | |
Fuß gesetzt werden, um diplomatische Verwicklungen zu vermeiden. Obwohl die | |
in jener Nacht zuständige Staatsanwältin ihr Veto einlegte, gehorchte die | |
Mailänder Polizeiführung und überantwortete El Mahroug der | |
Regionalabgeordneten Nicole Minetti – einer jungen Frau, die ihre | |
politische Karriere der Tatsache verdankte, dass sie die Sexparties für | |
Berlusconi organisierte. Minetti wiederum beauftragte umgehend eine | |
brasilianische Prostituierte, sich um Ruby zu kümmern. Schon dies lässt | |
wenig glaubhaft erscheinen, dass Berlusconi ernsthaft die Geschichte von | |
„Mubaraks Nichte“ glaubte. | |
Auf die Verteidigung dieses Märchens sowie auf die Legende von den | |
eleganten Essen sützte sich im Prozess die gesamte Verteidigungsstrategie. | |
Erstens war da gar nichts, schon gar kein Sex, erst recht nicht mit Ruby. | |
Und zweitens bekundeten ganze Bataillone von Zeugen, alle hätten Ruby | |
geglaubt, dass sie volljährig ist. Viele der Zeuginnen allerdings, die für | |
Berlusconi aussagten, beziehen seit 2010 ein regelmäßiges Salär in Höhe von | |
monatlich 2500 Euro von ihm. Aus Mitleid zahle er, erklärte der Milliardär | |
treuherzig; schließlich seien die Mädchen dank des künstlich gegen ihn | |
losgetretenen Prozesses „wirtschaftlich ruiniert“. | |
Doch das großzügige Zeugenhilfsprogramm nützte nichts. Am Ende glaubte das | |
Gericht den zahlreichen Belastungszeugen ebenso wie den | |
Telefonabhörprotokollen, die den Angeklagten belasteten. Unmittelbar | |
wirksam wird die Strafe allerdings nicht. Berlusconis Anwälte werden in die | |
Berufung gehen. | |
Schon in wenigen Tagen droht dem frisch Verurteilten neuer Ärger. Am | |
Donnerstag nämlich wird eine Zivilkammer des Kassationsgerichtes in letzter | |
Instanz über eine enorme Entschädigungssumme entscheiden, die Berlusconi an | |
einen konkurrierenden Verleger zahlen soll. Per Richterbestechung nämlich | |
soll Berlusconi im Jahr 2009 den Mondadori-Verlag seinem Konkurrenten Carlo | |
De Benedetti entwunden haben. Ein Mailänder Gericht hatte dafür 560 | |
Millionen Euro Entschädigung festgesetzt. Sollte dieser Spruch vor dem | |
Kassationsgericht Bestand haben, muss Berlusconi definitiv zahlen. | |
24 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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