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# taz.de -- Die Union und die Großstädte: Offen, liberal, klare Kante
> Die Union verliert Wähler in den Großstädten – und sucht nach Strategien.
> CDUler aus Berlin empfehlen einen Mix aus Liberalität und klarer Kante.
Bild: Großstädter sind nicht die Stärke der CDU.
BERLIN taz | Die Suche der CDU nach den Bedürfnissen moderner Großstädter
hat eine langjährige Tradition: Bundestagswahl 2002, SPD und Grüne
schafften knapp die Neuauflage ihrer Koalition, weil die Christdemokraten
mit ihrem bayerischen Spitzenkandidaten Edmund Stoiber vor allem in den
Städten und bei den Frauen verloren.
CDU-Chefin Angela Merkel, die damals noch die Oppositionsführerin im
Bundestag geben musste, rief eine „Arbeitsgruppe Städte“ ins Leben.
Auftrag: Herausfinden, wie die CDU für Großstädter attraktiv wird.
Heute, zehn Jahre später, ist die Partei keinen Schritt weitergekommen.
Nach dem Wahlsieg des Grünen Fritz Kuhn in Stuttgart ist die alte Debatte
wieder voll entbrannt. Der Verlust der Landeshauptstadt, die seit fast vier
Jahrzehnten schwarz regiert wurde, hat viele CDU-Strategen tief verstört.
Nicht allein deshalb, weil ausgerechnet ein Grüner plötzlich
Hegemonialansprüche im bürgerlichen Milieu verkündet. Sondern auch, weil
der CDU mit Hamburg, Köln, Duisburg und Frankfurt in den vergangenen Jahren
diverse wichtige Städte abhanden kamen.
In der alten, westdeutschen Bundesrepublik war die CDU die große
Volkspartei, sie stand für das Wirtschaftswunder, für die soziale
Marktwirtschaft, für Familie und Heimat. Hinter diesem Werteangebot
versammelte sich bei Wahlen bis in die Regierungszeit Helmut Kohls
zuverlässig die gesellschaftliche Mitte. Merkel hat früh erkannt, dass
dieser Pakt in Zeiten von Patchworkfamilien, anderen Erwerbsbiografien und
Lebensmodellen nicht mehr funktioniert. Und dass sich die Aufkündigung des
Pakts in den Städten am stärksten manifestiert. Auch deshalb hat sie ihrer
Partei eine Modernisierungskur verordnet.
Es ist ein Dilemma: Wie weit darf die CDU auf progressiv denkende Städter
zugehen, ohne ihre Kernklientel zu verschrecken? „Die CDU schafft es nicht,
ein urbanes Lebensgefühl zu repräsentieren“, sagt der Politologe Gerd
Langguth. Die Partei müsse einen Spagat zwischen dem konservativen Rand und
dem aufgeschlossenen Bildungsbürgertum organisieren. „Dies gelingt in
Städten nur mit glaubwürdigen, unideologisch und werteorientiert
auftretenden Persönlichkeiten. Und durch kluge Politik mit Präsenz vor
Ort.“
## Kernthemen: Sauberkeit und Sicherheit
Ein Beispiel dafür, wie sich ein Landesverband neu aufstellen kann, liefert
Berlin. Die CDU war dort unter Eberhard Diepgen eine im Grund provinzielle
Partei, die von Bezirksfürsten beherrscht wurde. Frank Henkel, der heutige
Landeschef, gab in der Opposition den innenpolitischen Hardliner, doch als
Spitzenkandidat im letzten Wahlkampf trat er anders auf: lässiger, cooler
und, ja: aufgeschlossener.
Kai Wegner ist Chef der Landesgruppe Berlin in der
Unions-Bundestagsfraktion – und enger Vertrauter Henkels. „Es geht nicht um
die Frage, was konservativ ist oder nicht“, sagt er. „In Städten ist es
notwendig, bei gesellschaftspolitischen Themen offen und liberal zu
agieren. Gleichzeitig muss die CDU etwa bei Themen wie der Sicherheit und
Sauberkeit eine klare Kante zeigen, weil es dafür ein großes Bedürfnis
gibt.“ Außerdem sei das „Motiv des Kümmerns“ in der Stadt wichtiger als…
dem Land, sagt Wegner.
Dieser Spagat ist für städtische CDUler schwierig. Als die CSU in der
Koalition das anachronistische Betreuungsgeld durchdrückte, unterschrieben
fünf von sechs Bundestagsabgeordneten aus Berlin einen Protestbrief. Jetzt
fordert Wegner, die CDU müsse sich auf dem Bundesparteitag stärker der
Problematik widmen. Ob dies geschieht, ist offen: Von der Arbeitsgruppe
Städte hörte man schon bald nach ihrer Gründung nichts mehr.
25 Oct 2012
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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