# taz.de -- ZDF-Chefredakteur muss gehen: Union schasst parteilosen Brender | |
> Der Parteiauftrag ist erfüllt: Nikolaus Brender ist nicht mehr | |
> Chefredakteur des ZDF. Roland Koch verteidigt die Entscheidung. Sie sei | |
> "legitim" und "zum Wohle" des Senders. | |
Bild: Die Proteste haben nichts genutzt: Die CDU/CSU-Politiker haben sich durch… | |
BERLIN taz | Während draußen der ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende, | |
Rheinland-Pfalz' Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), die Haltung der Union | |
nochmal als "völlig unverständlich" geißelte, kamen die entscheidenden | |
Protagonisten von CDU und CSU durch die Tiefgarage: Mit den Unions-Stimmen | |
hat das ZDF-Gremium eine Verlängerung des Vertrags von ZDF-Chefredakteur | |
abgelehnt. Nur sieben der vierzehn VerwaltungsrätInnen stimmten bei der | |
gestrigen Sitzung im ZDF-Hauptstadtstudio für den Personalvorschlag von | |
ZDF-Intendant Markus Schächter - um Brender durchzubringen, wäre aber eine | |
drei-fünftel-Mehrheit von neun Stimmen nötig gewesen. | |
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der im Parteiauftrag seit | |
Februar Stimmung gegen Brender gemacht hatte, rechtfertigte den Durchmarsch | |
der Union als "völlig legitim". Die Verwaltungsratsentscheidung sei "zum | |
Wohle des ZDF erfolgt", sagt Koch nach der Sitzung vor der Presse. | |
Auch ein von Schächter vorgeschlagener Kompromiss, der mit Brender | |
abgestimmt war, hatte keine Chance. Danach wäre Brender nur für knapp zwei | |
Jahre bis Januar 2012 im Amt geblieben. So hätte man die "festgefahrene | |
Situation" lösen können, so Schächter nach der Sitzung. Für die | |
Entscheidung von Koch & Co. habe er "kein Verständnis. | |
Rechtsexperten hatten in den letzten Tagen erhebliche Zweifel an der | |
gesetzlich gebotenen Staatsferne und der Verfassungsmäßigkeit der | |
Zusammensetzung der ZDF-Gremien geäußert, in den fast alle Mitglieder einer | |
politischen Partei zuzuordnen sind. Im ZDF-Verwaltungsrat sitzen alleine | |
sechs hochrangige Vertreter von Bundes- und Landesregierungen. | |
Nach Kochs Meinung werde diese "Verfassungsdiskussion" über zu großen | |
Einfluss der Politik beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber "zu unrecht" | |
geführt. Und obwohl der Verwaltungsrat in erster Linie für wirtschaftliche | |
Fragen zuständig ist, rechtfertigte er die Entscheidung weiterhin mit | |
Verweis auf Brenders Management und inhaltliche Leistungen. Man müsse sich | |
fragen, ob unter Brender "das Kreativpotenzial des ZDF" voll ausgeschöpft | |
worden sei, zudem sei es legitim, nach zehn Jahren über einen Neuanfang | |
nachzudenken. Hierbei seien aber nicht die journalistischen Fähigkeiten von | |
Brender (60), der seit 2000 an der Spitze der ZDF-Chefredaktion steht, | |
beurteilt worden, sondern seine Managementqualitäten. | |
Kurt Beck erklärte dagegen, er bedauere die Entscheidung und riet den | |
Gremien der SPD, rechtliche Schritte gegen das Votum zu prüfen. Ganz möchte | |
Beck den Einfluss der Politik beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk | |
natürlich nicht missen: Die "Fehhleistung von Einzelnen" dürfe jetzt nicht | |
mit "der Fehlleistung des gesamten Systems gleichgesetzt werden". | |
Die Grünen hatten bereist angekündigt, beim Bundesverfassungsgericht in | |
Karlsruhe eine Normenkontrolllage über die Verfassungsmäßigkeit der | |
Zusammensetzung der ZDF-Gremien einzureichen. Dazu sind sie auf die | |
Unterstützung anderer Parteien angewiesen, da sich mindestens ein Drittel | |
der Bundestagsabgeordneten der Klage anschließen muss. | |
Schächter widersprach nach der Sitzung des Verwaltungsrats auch Kochs | |
Kritik an Brenders Managemant-Fähigkeiten: Brender sei "eine große Stütze | |
im Team der Geschäftsleitung", außerdem habe er "in der Begründung für | |
Nikolaus Brender seine publizistische Unabhängigkeit und journalistische | |
Kompetenz herausgestellt, seine souveräne Zukunftskonzeption für den | |
Bereich der Aktualität und Information in der digitalen Welt sowie seine | |
solide Haushaltsführung, mit der er erhebliche Einsparungen ermöglicht | |
hat". | |
Dass Koch Schächter nach der Sitzung ausdrücklich das "uneingeschränkte | |
Vertrauen" des Verwaltungsrats zusicherte, mutet bei so viel Widerspruch | |
absurd an. Die Affäre sei "kein Misstrauensvotum gegen den Intendanten" | |
(der übrigens selbst Mitglied der CDU ist), sagte Koch, man sei schließlich | |
lediglich "unterschiedlicher Auffassung bei einer Personalentscheidung". | |
Nun soll noch vor Weihnachten einE neueR KandidatIn für die | |
ZDF-Chefredaktion präsentiert werden, über die der Verwaltungsrat in einer | |
Sondersitzung befinden soll. Schächter kündigte aber indirekt Widerstand | |
an: Die öffentliche Diskussion habe die "Grundsatzfrage" über die | |
jeweiligen Kompetenzen und den Umgang von Verwaltungsrat und Intendant beim | |
ZDF aufgerufen, so Schächter. Die für öffentlich-rechtlichen Rundfunk | |
zuständigen Länder "sind nun in der Pflicht, bei der anstehenden Reform des | |
Rundfunksstaatsvertrags hier belastbare Regelungen zu schaffen." Will | |
sagen: Klar zu machen, dass der Verwaltungsrat bei derartigen | |
Entscheidungen, die immens in die journalistische Unabhängigkeit des | |
Senders eingreifen, nichts zu sagen hat. | |
27 Nov 2009 | |
## AUTOREN | |
Steffen Grimberg | |
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