| # taz.de -- Umsetzung der SDG-Ziele: Die Schweiz als Bremse | |
| > Durch Rohstoffimporte und Niedrigsteuerpolitik behindert die Schweiz die | |
| > Entwicklung ärmerer Länder. Dabei könnte sie ihr Verhalten ohne Einbußen | |
| > ändern. | |
| Bild: Auch der Kakao für die berühmte Schweizer Schokolade muss importiert we… | |
| Genf taz | Die Schweiz lebt stärker als jedes andere Land der Welt auf | |
| Kosten der anderen Länder. Niemand hindert die anderen so stark daran, | |
| [1][die 2015 von der UNO beschlossenen nachhaltigen Entwicklungsziele | |
| (Sustainable Development Goals, SDGs)] bis 2030 zu erreichen. Zu diesem | |
| Ergebnis gelangt die Bertelsmann-Stiftung in ihrem diesjährigen Report zur | |
| Überprüfung der Fortschritte bei der Umsetzung der 17 SDGs in 160 der 193 | |
| UNO-Mitgliedstaaten. | |
| Für den diesjährigen Bericht untersuchten die AutorInnen jedes Land auf | |
| „negative Spill-over-Effekte“. Gemeint sind die Kosten, die ein Land pro | |
| Kopf seiner Bevölkerung in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Sicherheit | |
| für die übrige Weltgemeinschaft verursacht. | |
| Auf Platz 1 der Negativliste der zehn größten Kostenverursacher steht die | |
| Schweiz knapp vor Singapur und mit größerem Abstand vor Luxemburg. Auf den | |
| weiteren Plätzen der Negativ-Top-Ten folgen die Vereinigten Arabischen | |
| Emirate, Mauritius, die Niederlande, Kuwait, Großbritannien, die USA und | |
| Norwegen. | |
| ## Konsum und Bankgeheimnis problematisch | |
| Zur Ermittlung der negativen Spill-over-Effekte dienten den AutorInnen des | |
| Reports unter anderem folgende Fragen und Kriterien: Was löst die nationale | |
| Volkswirtschaft eines Landes durch ihre Verflechtungen mit der Außenwelt | |
| aus? Wie wirkt sich ihr Handeln für die Umwelt, die Wirtschaft, die | |
| Finanzen, die Regierungsstabilität und die Sicherheit der anderen Länder | |
| aus? | |
| Wie belastend sind die Produktions- und Konsumstrukturen für andere Länder | |
| – beispielsweise bei Palmöl- oder Sojaimporten, die Waldrodungen in | |
| tropischen Ländern verstärken? Hier schneidet die Schweiz besonders | |
| schlecht ab. Denn sie besitzt fast überhaupt keine eigenen Rohstoffe und | |
| muss daher auch im Vergleich mit anderen Industriestaaten überproportional | |
| viel importieren. | |
| Besonders negativ ins Gewicht fallen auch die eidgenössische | |
| Tiefsteuerpolitik und das Bankgeheimnis. Sie verleiten zur Veruntreuung | |
| ausländischer Staatsgelder und zu Korruption. Bewertet wird auch das | |
| Engagement der reichen Länder bei der Entwicklungshilfe, damit sich die | |
| armen Länder aus der Armutsfalle befreien können. Dieses Engagement ist in | |
| der Schweiz gemessen am Bruttoinlandsprodukt des Landes sehr gering. | |
| Im Bereich Sicherheit beurteilt die Bertelsmann-Studie beispielsweise | |
| negative Folgen der Exporte von Kleinwaffen. Auf diesem Gebiet hatte die | |
| Schweiz im letzten Jahr durch einen Parlamentsbeschluss sämtliche | |
| Restriktionen ausdrücklich aufgehoben, etwa das Verbot von Waffenexporten | |
| in Länder mit schweren Menschenrechtsverletzungen. | |
| ## Möglichkeit, Verhalten zu ändern | |
| Der Reichtum der Schweiz, gemessen an dem hohen Pro-Kopf-Einkommen seiner | |
| Bevölkerung, ist laut dem Report nicht ausschlaggebend für die Kosten, die | |
| anderen Ländern aufgebürdet werden. Schweden rangiert trotz eines mit der | |
| Schweiz vergleichbaren Einkommensniveaus erst auf Platz 25 der größten | |
| Kostenverursacher und Dänemark, eines der reichsten Länder der Welt, sogar | |
| erst auf Platz 39. | |
| Die AutorInnen folgern daraus, dass [2][die Schweiz und andere reiche | |
| Länder mit hohen negativen Effekten für die übrige Weltgemeinschaft] | |
| durchaus die Möglichkeit hätten, ihr Verhalten zugunsten anderer Länder | |
| ohne Einschränkung des eigenen Wohlstands zu ändern. | |
| Die Bertelsmann-Stiftung erstellt den jährlichen Report seit 2015 gemeinsam | |
| mit dem UN-Netzwerk „Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung“ | |
| (Sustainable Development Solutions Network, UNSDSN) unter Vorsitz des | |
| US-amerikanischen Ökonomen Jeffrey Sachs. | |
| Das 2012 vom damaligen UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon gegründete Netzwerk | |
| aus Umwelt-und KlimaaktivistInnen, WissenschaftlerInnen, PolitikerInnen und | |
| VertreterInnen der Privatwirtschaft soll lokale, nationale und globale | |
| Strategien für eine nachhaltige Entwicklung und zur Eindämmung des | |
| Klimawandels erarbeiten. | |
| 24 Jul 2019 | |
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| [1] /UN-Nachhaltigkeitsgipfel/!5235971 | |
| [2] /Konferenz-zur-nachhaltigen-Entwicklung/!5304230 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Zumach | |
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