| # taz.de -- UN-Resolution zu Gaza: Aufgeregte Waffenruhe | |
| > Der UN-Sicherheitsrat hat eine neue Gaza-Resolution beschlossen. Eine | |
| > Internationale Truppe soll Trumps Friedensplan umsetzen. Beides ist | |
| > umstritten. | |
| Bild: Palästinensiche Zivilisten im völlig zerstörten Gazastreifen, Gaza-Sta… | |
| Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) stimmte am Montag in New | |
| York für eine neue Gaza-Resolution. Diese soll die zweite Phase des | |
| Waffenstillstandsabkommens im Gazastreifen einleiten: durch den [1][Einsatz | |
| einer Internationalen Stabilisationstruppe] und eines sogenannten | |
| Friedensrates. Wer darin sitzen soll, ist offen. US-Präsident Donald Trump | |
| soll den Prozess als eine Art Aufsichtsrat bis Ende 2027 überwachen. | |
| Erste Reaktionen seitens der Hamas und Israels deuten darauf hin, wie | |
| kompliziert es werden dürfte, die UN-Resolution durchzusetzen. | |
| Hamas-Vertreter erklärten, dass diese dem Gazastreifen eine internationale | |
| Vormundschaft aufzwinge. | |
| Sie kritisierten auch den darin enthaltenen Auftrag an die Internationale | |
| Stabilisationstruppe (Engl. International Stabilisation Force, kurz: ISF), | |
| die Hamas zu entwaffnen. Dieser würde die Truppe in einen Teil der | |
| israelischen Besatzung verwandeln. Der israelische UN-Vertreter Dany Danon | |
| sprach von der Entschlossenheit Israels, die Hamas zu entwaffnen, erwähnte | |
| aber mit keinem Wort den Horizont einer palästinensischen Staatlichkeit – | |
| die in der UN-Resolution ebenfalls erwähnt ist. | |
| Dabei ist die Frage nach dem politischen Horizont für die Palästinenser | |
| einer der Knackpunkte der Resolution: Also ob sie zu einem Ende der | |
| israelischen Besatzung [2][und einem palästinensischen Staat] führt. Das | |
| fordern nicht nur die Hamas, sondern auch alle anderen palästinensischen | |
| Parteien. Und die arabischen Staaten hatten Lobbyarbeit dafür geleistet, | |
| dass dieser Punkt in der UN-Resolution – wenngleich sehr vage – erwähnt | |
| wird. | |
| ## Die ISF wird keine Blauhelmtruppe | |
| Im Resolutionstext heißt es, dass „vielleicht endlich die Bedingungen dafür | |
| geschaffen würden, um einen glaubwürdigen Weg hin zur palästinensischen | |
| Selbstbestimmung und einem Staat zu beschreiten“. Dafür müsse die | |
| Palästinensische Autonomiebehörde aber ein Reformprogramm durchlaufen und | |
| die Entwicklung Gazas voranschreiten. | |
| Doch wer bestimmt, ob die Palästinenser diese Bedingungen erfüllen? Vor dem | |
| Hintergrund, dass der israelische Premier Benjamin Netanjahu und eine | |
| absolute Mehrheit der israelischen Gesellschaft einen palästinensischen | |
| Staat ablehnt, besteht die Gefahr, dass die palästinensische Staatlichkeit | |
| wieder auf die lange Bank geschoben wird. | |
| Zunächst müsste ohnehin die ISF ins Leben gerufen werden. So wie es die | |
| UN-Resolution fordert. Diese Truppe aufzustellen, dafür wurden nun jedoch | |
| Staaten autorisiert, nicht die UN selbst. Die UN wird sie auch weder leiten | |
| noch befehligen. Die Stabilisationstruppe wird also keine Blauhelmtruppe. | |
| Sie muss sicherlich auch Gewalt ausüben können, um für Sicherheit und | |
| Ordnung zu sorgen. Dabei wird entscheidend sein, wie die Entwaffnung der | |
| Hamas vonstattengeht – und wie diese mit dem Rückzug der israelischen Armee | |
| einhergeht. Wenn die ISF bei den Palästinensern nur den Anschein erwecken | |
| sollte, als verlängerter Arm der israelischen Besatzung zu agieren, wird es | |
| mit deren Glaubwürdigkeit in Gaza ganz schnell vorbei sein. | |
| ## Arabische Staaten wollen Entwaffnung und Staatlichkeit im Gleichschritt | |
| Wie sie tatsächlich agiert, wird davon abhängen, welche Länder sich an ihr | |
| beteiligen. Noch ist das völlig unklar. Doch vornehmlich arabische und | |
| islamische Länder sollen die Soldaten dieser Truppe stellen. Damit bekämen | |
| diese einiges Gewicht, wenn es darum geht, die Details des Einsatzes | |
| auszuarbeiten. Und vor allem die arabischen Länder haben immer wieder | |
| betont, dass sie die Hamas nicht aktiv mit Gewalt entwaffnen werden, | |
| sondern dass diese Entwaffnung Teil eines ausgehandelten Prozesses sein | |
| müsse. | |
| Die Hamas selbst hat sich bisher zwar bereit erklärt, die Verwaltungsmacht | |
| im Gazastreifen an eine palästinensische Technokraten-Regierung abzugeben. | |
| Ihre Entwaffnung lehnt sie aber ab, solange die israelische Besatzung | |
| weitergeht. | |
| Israel und die US sehen offenbar vor, die Hamas zuerst und wenn nötig | |
| zwangsweise zu entwaffnen. Über einen palästinensischen Staat soll dann, | |
| wenn überhaupt, später geredet werden. | |
| Die arabischen und islamischen Staaten wollen, dass Entwaffnung und | |
| Staatlichkeit miteinander einhergehen. Mit dem Stellen oder Nichtstellen | |
| von Truppen haben sie nun einen Hebel in der Hand, um den weiteren | |
| Friedensprozess zu beeinflussen. Dafür mag es zwar einen US-geführten | |
| Aufsichtsrat geben, aber ohne dass die ISF-Truppen am Boden mitmachen, | |
| bleibt dieser zahnlos. Konflikte sind hier bereits vorgezeichnet. | |
| ## Ein Prozess muss zustande kommen, der auch für die Palästinenser | |
| glaubwürdig ist | |
| Trotz aller offenen Fragen ist die Resolution eine Gelegenheit für die | |
| internationale Gemeinschaft, den [3][bisher mehr als fragilen | |
| Waffenstillstandsdeal] in Gaza voranzubringen und zu stabilisieren. Um | |
| diese Gelegenheit zu nutzen, braucht es jedoch mehr internationales | |
| politisches Engagement: Die kritischen Details müssen ausgearbeitet werden. | |
| Und letztlich muss ein Prozess zustande kommen, der auch [4][für die | |
| Palästinenser glaubwürdig] ist und der zu einem Ende der israelischen | |
| Besatzung führt. Alles andere schafft keine Stabilität, nicht für die | |
| Palästinenser, nicht für Israel und nicht für die Region. | |
| 18 Nov 2025 | |
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| ## AUTOREN | |
| Karim El-Gawhary | |
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