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# taz.de -- Tod von Omar Sharif: Adieu, Du alternder Salonlöwe
> Er war ein Frauenheld, verzockte sich beim Kartenspiel und war am Ende
> sogar politisch. Ein Nachruf auf den Schauspieler Omar Sharif.
Bild: Er nannte sich selbst „den berühmtesten Ägypter der Welt“: Omar Sha…
Diese drei Minuten haben sein Leben und die Filmgeschichte verändert. Bevor
Omar Sharif 1962 in „Lawrence von Arabien“ als ein unendlich ferner, kaum
erkennbarer Punkt am Horizont der Wüste auftauchte, war er ein
Schauspieler, der außerhalb seines Heimatlandes Ägypten praktisch unbekannt
war. Nachdem seine Figur, eine kleine Ewigkeit später, die flirrende Hitze
durchquert hatte, um schließlich leinwandfüllend, majestätisch und
monumental vor Peter O‘Toole zu stehen, war ein Weltstar geboren.
Sharif kam 1932 in Alexandria in Ägypten als Maechel Shalhoub zur Welt,
Sohn eines melkitischen Katholiken aus dem Libanon und einer Mutter
syrischer Abstammung. Den Künstlernamen Sharif wählte er des orientalischen
Klanges wegen, in seinen Filmen war er allerdings nie auf eine Nationalität
festgelegt. Hollywood erkannte rasch, dass der Schauspieler mit den immer
leicht melancholischen Augen und dem unbestimmt exotischen Charme eine
universale Attraktion besaß, die nicht durch zu enge Rollenauswahl
eingeschränkt werden durfte.
So verkörperte Sharif in den 1960er Jahren Figuren beinahe beliebiger
Herkunft, meist vor welthistorischem Hintergrund. Er war ein armenischer
König in „Der Untergang des römischen Reiches“ (1964), der Herrscher der
Mongolen in „Dschingis Khan“ (1965) oder ein deutscher Wehtrmachtsoffizier
im besetzten Warschau in „Die Nacht der Generäle“ (1966). 1968 schlüpfte …
sowohl in die Uniform des österreichischen Kronprinzen Rudolf ("Mayerling“)
als auch in die des Argentiniers Ernesto „Che“ Guevara in einem Biopic, das
den Ruhm des erst ein Jahr zuvor getöteten „Commandante“ möglichst nahtlos
vermarkten wollte. Vor allem aber war er, erneut unter der Regie von David
Lean, der russische Arzt Jurij Schiwago, der die Wirrnisse und die Gewalt
der Revolutionsjahre überlebt, am Ende aber an gebrochenem Herzen stirbt.
Ab den 1970er Jahren gelangte Sharif durch seine Affären, seine
Spielleidenschaft und seine Wettschulden öfter in die Schlagzeilen als
durch seine Leinwandauftritte. Auch hier schien er anfangs erfolgreich:
1973 wurde der passionierte Kartenspieler immerhin Weltmeister im Bridge,
gründete sein eigenes Team und publizierte mehrere Ratgeber; auch ein
Computerspiel trägt seinen Namen. Allerdings soll er, nach eigenen Angaben,
im Laufe der Jahre in Casinos und bei Pferderennen mehrere Millionen Dollar
verloren haben, was ihn wohl dazu zwang, in Filmen mit Titeln wie
„Frankensteins Spukschloss“ aufzutreten.
## Berühmt und einsam durch Hollywood
Hollywood habe ihn berühmt gemacht, aber auch einsam, beklagte er einmal in
einem Interview. Aus Angst, die unter Nasser eingeführte restriktiven
Regeln der Vergabe von Reisevisa könnten seiner internationalen
Filmkarriere schaden, entschied Sharif sich dafür, Ägypten dauerhaft zu
verlassen, um in Europa vor allem in Hotelzimmern zu leben. Die ständige
Entfernung von seinem Heimatland habe, so gab er später an, zur Trennung
von seiner Frau geführt, der Schauspielerin Faten Hamama, mit der er seit
1955 verheiratet war.
Zu einem Skandal führte 1968 Sharifs Affäre mit Barbara Streisand, an deren
Seite er er in der Musical-Verfilmung „Funny Girl“ auftrat. Nicht nur war
er zu diesem Zeitpunkt noch offiziell verheiratet. Streisands öffentliches
Engagement für Israel war Ägypten nach dem verlorenen Sechstagekrieg zudem
ein besonderer Dorn im Auge. Die Regierung drohte damit, ihm die
Staatsbürgerschaft zu entziehen.
## Comeback erst im Jahr 2003
In den 1980er Jahren musste Sharif sich mit Nebenrollen und Auftritten in
obskuren TV-Produktionen zufrieden geben. Erst 2003 gelang ihm mit
„Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ ein internationales Comeback in
der Rolle eines türkischen Ladenbesitzers.
Sharif, der auf der Leinwand so oft Figuren in politisch turbulenten Zeiten
spielte, erlebte den arabischen Frühling und die Demonstrationen auf dem
Tahrir-Platz von dem Balkon seines Kairoer Hotelzimmers aus. Es muss ein
seltsamer Anblick gewesen sein: Hoch oben der alternde Salonlöwe, „der
berühmteste Ägypter der Welt“ (Sharif über Sharif), der Angehörige der
verhassten Oberschicht. Unten die Jugend und die Entrechteten des Landes,
die für ihre Zukunft kämpften.
Ob die Demonstrierenden ihn erkannt haben? Ob er für sie mehr war als nur
ein unendlich ferner, kaum erkennbarer Punkt an ihrem Horizont? Er hat sich
mit ihnen solidarisiert. Als einer der ersten Prominenten seines Landes
sprach Sharif sich öffentlich für einen Rücktritt Mubaraks aus.
Im Mai diesen Jahres wurde bekannt, dass Sharif schon seit einigen Jahren
an Alzheimer litt. Am 10. Juli ist er in Kairo an einem Herzinfarkt
gestorben.
12 Jul 2015
## AUTOREN
Dietmar Kammerer
## TAGS
Film
Schauspieler
Ägypten
Schauspieler
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