# taz.de -- Sturmflut an der Ostsee: Schäden gehen in die Millionen | |
> Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern erlebten eine | |
> außergewöhnlich starke Sturmflut. Ein Mensch starb, in Flensburg stand | |
> ein Teil der Stadt unter Wasser. | |
Bild: Riesenwellen schlagen über den Leuchtturm in Sassnitz | |
KIEL/ECKERNFÖRDE/FLENSBURG/ROSTOCK dpa/afp | – Eine schwere Sturmflut mit | |
außergewöhnlich hohen Wasserständen hat an der Küste Schleswig-Holsteins | |
Millionenschäden angerichtet. Zahlreiche Menschen mussten wegen | |
Überschwemmungen ihre Häuser verlassen. An mehreren Stellen brachen Deiche | |
oder wurden überspült. Mecklenburg-Vorpommern kam dagegen glimpflicher | |
davon. | |
In [1][Flensburg] war der Wasserstand nach Angaben des Bundesamtes für | |
Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in der Nacht zum Samstag auf 2,27 | |
Meter über dem Normalwert gestiegen. Teile des Hafengebiets waren | |
überflutet. Es war ein Jahrhunderthochwasser für die Fördestadt. 1904 | |
wurden dort 2,23 Meter gemessen. | |
Aus Sicherheitsgründen schalteten die Stadtwerke den Strom in den | |
betroffenen Bereichen ab. Etwa 250 Kräfte waren im Einsatz. In Eckernförde | |
hatte der Höchstwert bei etwa 2,1 Metern über Normal gelegen. Am Morgen | |
sanken die Wasserstände mit dem Abflauen des Sturms überall deutlich. | |
Im Kreis Rendsburg-Eckernförde war am Freitagabend Katastrophenalarm | |
ausgelöst worden. In der Altstadt von Eckernförde gab es freiwillige | |
Evakuierungen, wie eine Sprecherin des Innenministeriums sagte. Ein | |
Schulzentrum diente als Notquartier. Auch in weiteren Orten wie Brodersby | |
und Arnis brachten Hilfskräfte Bewohner in Sicherheit. | |
[2][In Ostholstein] wurden mehrere Strandwälle von den Fluten durchbrochen | |
und Deiche beschädigt. In Maasholm an der Schlei brach ein Deich. In | |
Schleswig wurde der Hafen überflutet, der Strom wurde abgestellt. | |
Feuerwehr, Rettungsdienste, Polizei und Technisches Hilfswerk (THW) waren | |
mit einem Großaufgebot von Kräften im Einsatz. An bedrohten Deichen wurden | |
Sandsäcke aufgestapelt. | |
Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt gab Entwarnung. „Kiel ist im | |
Vergleich glimpflich davon gekommen“, erklärte der Amtsleiter der Kieler | |
Feuerwehr, Thomas Hinz. Er sprach von einem „mittleren bis starken | |
Herbststurm mit umgestürzten Bäumen und erhöhtem Einsatzaufkommen“. | |
Menschen seien in Kiel nicht verletzt worden; die Sachschäden beschränkten | |
sich laut Hinz auf „gekenterte Boote, vergessene Strandkörbe und wenige | |
Gebäudeschäden“. | |
Verärgert zeigte sich der Kieler Feuerwehr-Chef Hinz über den Leichtsinn | |
einiger Bürgerinnen und Bürger. „Leider hatten wir öfter mit so genannten | |
Hochwassertouristen zu tun, die auf der Suche nach dem spektakulärsten Foto | |
zu dicht an das Hochwasser getreten sind.“ Dies habe mehrere Einsätze | |
ausgelöst. | |
## Autofahrerin wird von Baum erschlagen | |
Auf der Ostseeinsel Fehmarn war es am Freitagnachmittag zu einem tödlichen | |
Unglück im Sturm gekommen. Eine 33 Jahre alte Frau wurde in ihrem Auto von | |
einem umstürzenden Baum erschlagen. | |
Die Feuerwehr Rostock verzeichnete 19 Einsätze in Sturm und Hochwasser. | |
Bereits am Freitagmorgen sicherten die Einsatzkräfte ein sinkendes Schiff | |
im Stadthafen. Neben umgestürzten Bäumen und herabgefallenen Ästen gab es | |
Verkehrsunfälle. In Rostock erreichte der Pegelstand in der Nacht knapp | |
1,50 Meter über dem Normalwert. | |
Der Bahnverkehr, der am Freitagabend auf mehreren Regionalstrecken in | |
Schleswig-Holstein eingestellt worden war, lief am Samstag wieder an. | |
Einschränkungen gab es noch beim Schiffsverkehr zu den Nordseeinseln und | |
–halligen. Der Sturm hatte das Wasser aus dem Wattenmeer gedrängt und für | |
extremes Niedrigwasser gesorgt. | |
Der Fährverkehr zwischen Deutschland und Dänemark lief am Samstag wieder | |
an. Wie die Reederei Scandlines mitteilte, fuhren auf der Strecke | |
Puttgarden-Rødby seit dem frühen Morgen wieder Schiffe. Der Fährbetriebe | |
auf der Linie Rostock-Gedser sollte ab 11.15 Uhr wieder aufgenommen werden. | |
Erst wenn das Wasser abgelaufen ist, können Experten damit beginnen, | |
Schäden zu erfassen. Neben Deichen und Hochwasserschutzanlagen sind auch | |
Hafenanlagen, Uferbefestigungen und Gebäude betroffen. Hohe Kosten | |
verursachen Sturmfluten an Stränden, wenn diese zum Teil ins Meer gerissen | |
und später wieder aufgefüllt werden müssen. Der Leiter des Stabes | |
Katastrophenschutz im Innenministerium Schleswig-Holsteins sprach in der | |
Nacht von Schäden in dreistelliger Millionenhöhe. | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich nach der schweren | |
Sturmflut beeindruckt von der Solidarität der Menschen in der Region | |
gezeigt. „Was die Menschen an der Ostseeküste und speziell ganz im Norden | |
in den letzten Tagen erleben mussten, ist furchtbar“, sagte der | |
Bundestagsabgeordnete aus Flensburg am Samstag. „Die Natur hat getobt und | |
gezeigt, wie unbändig ihre Kräfte sind. Meine Gedanken sind bei den vielen | |
vom Hochwasser betroffenen Menschen.“ Habeck dankte allen Einsatzkräften. | |
Ausgelöst wurden Sturm und Sturmflut nach Angaben des Deutschen | |
Wetterdiensts durch starke Luftdruckunterschiede zwischen einem Tief über | |
Westeuropa und einem ausgeprägten Hoch über Skandinavien. Auch in Schweden, | |
Dänemark und in Großbritannien gab es deshalb Unwetteralarm. | |
21 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Flensburger-Bauplaene-stocken/!5953231 | |
[2] /Nationalpark-Ostsee-vor-dem-Aus/!5960363 | |
## TAGS | |
Sturmflut | |
Ostsee | |
Flensburg | |
Robert Habeck | |
Sturm | |
Archäologie | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Unwetter in Norddeutschland: Flut im Osten, Ebbe im Westen | |
In Schleswig-Holstein gibt es extreme Wasserstände an der ganzen Küste. An | |
der Ostsee droht eine Sturmflut, an der Nordsee ist Ebbe. | |
Kirchenfundamente im Watt gefunden: Rungholt gab es wirklich | |
Im Wattenmeer untersucht ein interdisziplinärer Forschungsverbund Reste | |
einer Siedlungslandschaft. Deren Untergang war zum Teil menschengemacht. | |
Versicherung gegen Elementarschäden: Die nächste Flut kommt bestimmt | |
Naturgefahren nehmen zu, auch in Deutschland. Dennoch ist nur die Hälfte | |
aller Wohngebäude dagegen versichert. Eine Reform der Versicherung ist | |
nötig. |