# taz.de -- Streiks bei Ryanair: Flugausfälle für den Sommerurlaub | |
> Piloten und Flugpersonal von Ryanair legen erneut die Arbeit nieder. Die | |
> Beschäftigten der Billigairline protestieren gegen die schlechten | |
> Arbeitsbedingungen. | |
Bild: Wird vom Personal bestreikt: Ryanair | |
BERLIN/FRANKFURT dpa | Täglich beklagt sich Ryanair auf Twitter über | |
ausgefallene und verspätete Flüge. Die europäische Kommission müsse endlich | |
etwas unternehmen gegen den Lotsenmangel und die Streiks in den nationalen | |
Flugsicherungen, lautet die Dauerkritik der Iren. Doch deren Kunden müssen | |
in diesem Sommer auch noch diverse Streiks des fliegenden Personals | |
fürchten, das die Hauptreisezeit nutzt, um seine Ziele durchzusetzen. | |
Ryanair steckt in einem tiefgreifenden Wandel, seit sich Piloten und | |
Flugbegleiter zunehmend in Gewerkschaften organisieren und europaweit | |
vernetzen. Sie setzen sich für höhere Löhne, gegen Leiharbeit und für | |
bessere Arbeitsbedingungen ein. Die einstmals strikt anti-gewerkschaftliche | |
Airline hat sich schon im vergangenen Jahr [1][zu einem Kurswechsel | |
entschlossen] und erste Verhandlungen mit den Arbeitnehmern aufgenommen. | |
Jährliche Mehrkosten von bis zu 100 Millionen Pfund (112 Mio Euro) haben | |
die Iren für das laufende Geschäftsjahr schon eingerechnet. Für den etwas | |
sanfteren Kurs steht der von Malaysia Airlines geholte Organisationschef | |
Peter Bellew, der manchen bereits als Nachfolger des Hardliners und | |
Ryanair-Chefs Michael O'Leary gilt. | |
Zu einem Erfolg haben die seit Wochen auf nationaler Ebene geführten | |
Verhandlungen bislang allerdings nicht geführt. Im Detail zeigen sich die | |
Ryanair-Manager extrem hartleibig, berichtet beispielsweise Markus Wahl von | |
der deutschen Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Kleinteilig wird | |
beispielsweise über Freistellungen für die Mitglieder der | |
Verhandlungskommission gestritten, bereits vereinbarte Termine verstreichen | |
ungenutzt. Bellew und Personalchef Eddie Wilson berichten hingegen | |
frohgemut von konstruktiven Gesprächen. | |
Einem ersten Piloten-Warnstreik zu Weihnachten in Deutschland und einem | |
mehrtägigen Ausstand der Kabinencrews zu Ostern in Portugal folgen nun in | |
der Hauptreisezeit im immer engeren Takt kleinteilige Arbeitskämpfe | |
irgendwo im weiten Ryanair-Reich. Für diesen Freitag (20.7.) hat die | |
Fluggesellschaft bereits 24 Flüge zwischen Irland und Großbritannien | |
abgesagt, weil die irischen Piloten bereits ein zweites Mal die Arbeit | |
niederlegen. | |
## 600 Flüge abgesagt | |
In der kommenden Woche wollen sie das auch noch einmal am Dienstag (24.7.) | |
tun, bevor die Flugbegleiter in Italien, Spanien, Portugal und Belgien am | |
Mittwoch und Donnerstag (25./26.7) folgen. An beiden Tagen hat Ryanair | |
jeweils 300 von mehr 2.400 geplanten Flügen abgesagt. Betroffen sind je | |
rund 50.000 Passagiere. Ob deutsche Flughäfen von den Ausfällen betroffen | |
sind, konnte die Airline nicht sagen. Betroffene Passagiere würden | |
informiert, hieß es. | |
Die scheinbar lokalen Ausstände können jeweils auch Folgen für Passagiere | |
in anderen Ländern haben, denn die Umläufe der Jets gehen natürlich jeden | |
Tag quer durch das Netz. Ein Jet, der morgens in Italien wegen | |
Personalmangels stehen bleibt, kann mittags auch nicht in Deutschland oder | |
England zu einem Folgeflug abheben. | |
„Der Ryanair droht ein Dauerkonflikt, in dem irgendwo immer gestreikt | |
wird“, sagt Christoph Drescher, Präsident des europäischen | |
Kabinenbeschäftigtenverbandes Eurecca, der einen Teil der | |
Flugbegleitergewerkschaften vereinigt. Er glaube daher, dass die | |
Gesellschaft schon aus eigenem Interesse diese offene Flanke ihres | |
Geschäftsmodells schließen wird. | |
Dem führenden Billigflieger Europas wird seine mittlerweile erreichte Größe | |
mit mehr als 13.000 Beschäftigten und seine kontinentweite Aufstellung mit | |
86 Basen und 37 angeflogenen Ländern zum Problem, denn er trifft auf eine | |
extrem zersplitterte Gewerkschaftslandschaft. Einkommen und | |
Sozialvorschriften sind nur auf nationaler Ebene tariflich regelbar, andere | |
Themen wie Beförderungspläne oder Einsatzregeln wären wohl am besten auf | |
Konzernebene aufgehoben. Größere Beschäftigtengruppen hat Ryanair in | |
Irland, Großbritannien, Spanien, Deutschland und Italien. Den Managern, so | |
sagt es zumindest Eurecca-Chef Drescher, fehle es dabei noch im | |
erschreckenden Maß an Kenntnissen des jeweiligen Sozialrechts. | |
In Deutschland stimmen die Ryanair-Piloten in der Vereinigung Cockpit bis | |
zum Ende dieses Monats über einen unbefristeten Streik ab. Ihre Forderungen | |
orientieren sich an den Tarifbedingungen bei den Konkurrenten Tuifly und | |
Easyjet. Bei den deutschen Flugbegleitern balgen sich noch die | |
Gewerkschaften Verdi und Ufo wie bei der Lufthansa um den | |
Vertretungsanspruch. Am Ende wird Ryanair voraussichtlich mit beiden | |
Organisationen sprechen müssen, weil jede einen relevanten Teil des | |
streikfähigen Personals vertritt. | |
19 Jul 2018 | |
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