# taz.de -- Straßburger Menschenrechtsurteil: Griechische Zyprioten kriegen Ge… | |
> 90 Millionen Euro soll die Türkei als Entschädigung für das Leid zahlen, | |
> das sie mit der Invasion des Inselnordens verursacht hat. Ankara will das | |
> Urteil nicht annehmen. | |
Bild: Geisterstadt am Strand: Vor 40 Jahren flohen die Einwohner von Famagusta-… | |
STRAßBURG/NIKOSIA/ISTANBUL afp/dpa | Die Türkei muss für Verletzungen der | |
Grundrechte griechischer Zyprer im besetzten Norden der Insel insgesamt 90 | |
Millionen Euro Schmerzensgeld zahlen. Dies entschied der Europäische | |
Gerichtshof für Menschenrechte am Montag. Demnach sind 30 Millionen Euro | |
für Hinterbliebene von Menschen bestimmt, die seit der Invasion des Nordens | |
Zyperns durch türkische Truppen im Sommer 1974 verschollen sind. | |
Mit den restlichen 60 Millionen Euro sollen griechisch-zyprische Bürger | |
entschädigt werden, die auf der Halbinsel Karpas im türkisch-besetzten | |
Norden Zyperns leben und dem Gerichtshof zufolge Opfer von | |
Diskriminierungen sind. | |
Der Beschluss wurde von der aus 17 Richtern bestehenden Großen Kammer des | |
Straßburger Gerichts mehrheitlich getroffen und ist rechtskräftig. Damit | |
ist die Prüfung einer Staatenklage Zyperns gegen die Türkei nun | |
abgeschlossen. | |
In einem Urteil vom Mai 2001 hatten die Straßburger Richter Zypern bereits | |
grundsätzlich Recht gegeben und Ankara für zahlreiche | |
Menschenrechtsverletzungen im besetzten Nordteil der Insel verantwortlich | |
gemacht. Die Prüfung der Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadenersatz | |
wurde damals aber verschoben | |
Die Türkei lehnt das Urteil des Straßburger Menschenrechtsgerichts | |
allerdings ab. Die Entscheidung sei für die Türkei nicht bindend, sagte | |
Außenminister Ahmet Davutoglu am Montag. Zudem komme das Urteil zur Unzeit, | |
da die Bemühungen um eine Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeerinsel | |
gerade neuen Schwung bekämen. Das sei „aus psychologischer Warte nicht | |
richtig“, sagte Davutoglu kurz vor der offiziellen Verkündung des | |
Straßburger Urteils. | |
## Der Südteil Famagustas soll an die Griechen zurück | |
Es ist vor allem US-Vizepräsident Joe Biden, der die Gespräche zur | |
Überwindung der Teilung Zyperns wieder in Gang bringen will. Biden plant | |
dazu eine Reise auf die Mittelmeerinsel, wie der zyprische | |
Regierungssprecher Nikos Christodoulides am Montag bestätigte. Das genaue | |
Datum solle bald bekanntgegeben werden, sagte der Sprecher im staatlichen | |
Rundfunk (RIK). Voraussichtlich soll der US-Vizepräsident am 21. Mai nach | |
Zypern reisen und drei Tage bleiben. | |
Biden will als vertrauensbildende Maßnahme die Rückgabe der zyprischen | |
Touristenstadt Famagusta-Varosha an ihre früheren griechisch-zyprischen | |
Bewohner in die Wege leiten. Die USA seien bereit, einen sogenannten | |
Masterplan zu finanzieren. Dabei soll die gesamte Region der Hafenstadt | |
renoviert werden. | |
Rund 40.000 griechisch-zyprische Einwohner hatten den Südteil Famagustas | |
(Stadtteil Varosha) im August 1974 angesichts vorrückender türkischer | |
Panzer verlassen. Seitdem gleicht das Areal einer Geisterstadt. Im | |
Nordteil, der Altstadt von Famagusta, leben türkische Zyprer. Als erstes | |
sollen Experten in die Geisterstadt im Süden gehen, um festzustellen, in | |
welchem Zustand die Infrastruktur dort ist und wie sicher die seit 1974 | |
verlassenen Gebäude sind. Zudem müssen Minenfelder geräumt werden. Dann | |
könnte die Stadt nach dem US-Plan der Verwaltung der Vereinten Nationen | |
unterstellt werden und die Einwohner könnten zurückkehren. | |
Zypern ist seit fast 40 Jahren als Folge eines griechischen Putsches und | |
einer türkischen Militärintervention im Juli 1974 geteilt. Im Norden gibt | |
es die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern. Die | |
Republik Zypern auf dem Südteil der Insel ist seit 2004 EU-Mitglied. Die | |
Vorstelllungen der beiden Seiten, wie die Teilung überwunden werden könnte, | |
gehen auseinander: Die griechischen Zyprer streben eine Föderation zweier | |
Bundesstaaten mit einer starken Zentralregierung an. Dagegen wollen die | |
türkischen Zyprer eine lose Konföderation zweier weitgehend unabhängiger | |
Staaten. | |
Sollte es eine Lösung geben, muss sie bei zwei getrennten Volksabstimmungen | |
von den griechischen und türkischen Zypern angenommen werden. Dies hatten | |
im Februar der zyprische Präsident Nikos Anastasiades und der Führer der | |
türkischen Zyprer, Dervis Eroglu, unter UN-Vermittlung vereinbart. | |
12 May 2014 | |
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