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# taz.de -- Sportjuristin über DFB-Zoff: „Keller scheiterte an sich selber“
> Sylvia Schenk möchte beim Deutschen Fußball-Bund mit Expertise aushelfen.
> Dem Ex-Präsidenten Fritz Keller gibt sie eine Mitschuld an der DFB-Krise.
Bild: „Ein Trauerspiel“: DFB-Präsident Fritz Keller hat seinen Rücktritt …
taz: Frau Schenk, Sie haben dem an einer akuten Führungskrise leidenden
Deutschen Fußball-Bund – Präsident Fritz Keller hat nun auch seinen
Rücktritt angekündigt – Ihre Hilfe angeboten. Warum?
Sylvia Schenk: Weil man das Trauerspiel um den DFB einfach nicht mehr mit
anschauen kann. Im Kern ist der DFB sehr wichtig. Da wird total gute Arbeit
geleistet, von der Basis in den Vereinen bis zu den Hauptamtlichen in der
DFB-Zentrale. All das geht völlig unter angesichts des Bildes, das der DFB
derzeit in der Öffentlichkeit abgibt. Wenn man sich anschaut, dass wir uns
sowohl im internationalen als auch im nationalen Fußball in einer Zeit
befinden, in der große Weichenstellungen anstehen, dann ist es von immenser
Wichtigkeit, dass der DFB gut aufgestellt ist. Genau das ist derzeit
definitiv nicht der Fall. Deshalb will ich meine Mithilfe anbieten,
zumindest für einen Übergangszeitraum.
Das heißt, Sie gehen davon aus, dass der DFB zumindest kein hoffnungsloser
Fall ist.
Nein! In diesem Verband steckt ganz viel Kraft, sonst hätte er sich die
ganzen Eskapaden in den letzten Jahren gar nicht leisten können. Ein
schwächerer Verband wäre längst untergegangen.
Wie sähe Ihre Erste-Hilfe-Maßnahme aus?
Als erstes muss man den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sagen, dass sie
wichtig sind und eine gute Arbeit machen. Und man muss schauen, an was in
den einzelnen Bereichen gerade gearbeitet wird. Ich habe über die letzten
Jahre mitbekommen, dass sich Dinge immer wieder verzögert haben, obwohl sie
vorbereitet waren. Das Menschenrechtskonzept lag beispielsweise über zwei
Jahre auf dem Tisch und wurde nicht verabschiedet. Zudem müsste man diese
ganzen Steuerfragen, also all das, was da noch bei den Finanzbehörden und
der Staatsanwaltschaft liegt, grundlegend analysieren und in Ordnung
bringen, sodass die Dinge endlich geklärt werden können. Auch die geplante
Strukturumstellung, die vorsieht, einen Teil in eine GmbH auszugliedern
sowie den eher gemeinnützigen Bereich im e. V., also im Verband, zu
belassen, ist meines Wissens immer noch nicht konsequent umgesetzt.
Und das würden Sie angehen?
Mein Vorschlag wäre: Einen Übergangszeitraum mit unabhängigen Personen
anzustreben, die sagen: „Ich helfe – und danach bin ich wieder weg.“
Ist das ein probates Mittel, um jahrzehntelange Vetternwirtschaft und die
daraus entstandenen Seilschaften zu zerschlagen?
Das wird sich zeigen. Auf jeden Fall sollte man auch beim DFB zu einer
Amtszeitbegrenzung kommen, so wie man es witzigerweise aus deutscher Sicht
bei der Fifa gefordert hat, als dort die großen Skandale losbrachen. Das
ist etwas, was heutzutage zu moderner Führung dazugehört. Es geht darum,
dass jede handelnde Person die eigene Rolle kennt. Nur so erhält man eine
Machtbalance mit klaren Verantwortlichkeiten zwischen dem operativen
Geschäft durch das Hauptamt und der Kontrolle durch das Ehrenamt. Wobei das
Präsidium meines Wissens in den vergangenen Jahren nie ehrenamtlich tätig
war. Fritz Keller hat meines Wissens 260.000 Euro pro Jahr bekommen,
DFB-Schatzmeister Stephan Osnabrügge 150.000, und Vize Rainer Koch wird
zumindest sein Richtergehalt vom DFB gezahlt. Das ist alles kein Ehrenamt.
Hat der Deutsche Fußball-Bund auch ein Demokratiedefizit?
Nein. Wir haben ja auch in der Bundesrepublik eine repräsentative
Demokratie. Die Frage im Sport ist eher, wie so eine Demokratie gelebt
wird.
Die Grabenkämpfe zwischen der Amateur- und der Profifraktion im Verband
gibt es schon seit Jahrzehnten, sie sind quasi Tradition und scheinen
unüberbrückbarer denn je. Wäre es am Ende vielleicht sogar besser, eine
komplette Trennung vorzunehmen nach dem Motto: Der DFB kümmert sich
ausschließlich um die Belange der Amateure, die DFL um jene der Profis?
Solange die Männer-Nationalmannschaft aus Profis, die in der DFL spielen,
besteht, ist eine völlige Trennung ja unmöglich. Es wird immer
Schnittstellen geben, wo die beiden Organisationen kooperieren müssen. Umso
mehr muss man darauf achten, dass dieses Grundmisstrauen aufgearbeitet und
beseitigt wird.
Woran ist DFB-Präsident Fritz Keller gescheitert ?
An sich selber. Fritz Keller ist bestimmt kein unrechter Typ, und er hat
das in Freiburg mit seiner kumpeligen Art und seinem Weingut im Hintergrund
gut gemacht. Aber an der Otto-Fleck-Schneise in Frankfurt mir dieser
Medienlandschaft rund um den DFB – das ist was völlig anderes. Hinzukommt,
dass Keller sich aus meiner Sicht ganz intensiv in viele Themen hätte
reinarbeiten und strukturiert vorgehen müssen. Das aber habe ich nicht
beobachten können. Er ist offenbar keiner, der auch mal längere Texte liest
und ein Thema durchdringt, das man dann auch nach außen vertritt. Das geht
als DFB-Präsident nicht. Auch sein Umgang mit Mitarbeitern war nicht immer
so, wie es hätte sein sollen.
Hat er den DFB als Konstrukt mit all seinen Machenschaften unterschätzt?
Ja. Und immer nur zu sagen, ich bin der, der aufräumen will, aber alle
blocken mich ab, das trägt auf Dauer nicht.
Wie könnte es denn zur Erneuerung des DFB kommen?
Zunächst einmal müssten die derzeit handelnden Personen zurücktreten.
Vorher geht gar nichts.
12 May 2021
## AUTOREN
Frank Ketterer
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