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# taz.de -- Sexuelle Gewalt im griechischen Sport: Bedrohliche und starre Struk…
> Die Segel-Olympiasiegerin Sofia Bekatorou spricht über ihre
> Vergewaltigung durch einen Funktionär. Weitere Sportlerinnen melden sich.
Bild: Segelten zur Goldmedaille: Sofia Bekatorou (l.) mit Emilia Tsoulfa bei de…
Athen taz | Knapp neun Minuten spricht die 43-jährige Seglerin Sofia
Bekatorou. Was sie schildert, schockiert die griechische Öffentlichkeit.
Sie ist einer Onlinetagung unter dem Motto „Start to talk – Brich dein
Schweigen“ zugeschaltet, bei der es um sexualisierte Gewalt im Sport geht.
[1][Eine Initiative des Europarats zum Schutz Minderjähriger im Sport] und
des griechischen Sportministeriums. Im Alter von 21 Jahren, erzählt
Bekatorou, habe sie mit ihrem Segelteam an einem Wettkampf teilgenommen und
sich für die Olympischen Spiele in Sydney qualifiziert. Ihre Freude sei
unbeschreiblich groß gewesen, da sie zum ersten Mal in ihrem Leben an
Olympischen Spielen teilnehmen würde.
Nach dem Abendessen sei die Mannschaft ins Hotel zurückgekehrt. Ein
Funktionär des Segelverbands sei dabei gewesen, der die Athletinnen und
Athleten auf ihrer Wettkampfreise begleitete. Der Funktionär habe sie in
sein Hotelzimmer gelockt und vergewaltigt. Danach sei sie in ihr Zimmer
zurückgekehrt, wo ihre Mitseglerin nichts wissend geschlafen habe. „Wir
waren gerade unserem Traum, an den Olympischen Spielen teilzunehmen, einen
Schritt näher gekommen“, sagt die griechische Spitzenathletin. „Ich habe
befürchtet, dass ich, wenn ich etwas sagen würde, alles ruinieren würde.“
Sie hätte auch niemals mit ihren Eltern darüber sprechen können, denn die
hätten ihr bestimmt verboten, mit dem Segeln weiterzumachen. Deshalb hat
sie geschwiegen. Erst jetzt auf dieser Tagung vor gut einer Woche konnte
Bekatorou ihr Schweigen brechen.
Bekatorou hat damit eine griechische MeToo-Bewegung ins Rollen gebracht.
Immer mehr Athletinnen gehen inzwischen an die Öffentlichkeit und reden
über ihre Erlebnisse. Darunter die ehemalige Wasserballspielerin Mania
Bikov, die Schwimmerin Rabea Iatridou, die Hochspringerin und Olympiazweite
Niki Bakoyianni. Sie reden von sexueller Belästigung, die sie im Laufe
ihrer Sportkarriere erlebten – von Verbandsfunktionären, die ihnen zu nah
gekommen sind, oder von Sportärzten, die Untersuchungen ausgenutzt haben,
um sie sexuell zu belästigen. Von Anfang an haben sich der griechische
Premierminister Kyriakos Mitsotakis und die griechische Staatspräsidentin
Katerina Sakellaropoulou hinter Bekatorou gestellt und sich bei ihr für
ihren Mut, über das Erlebte zu sprechen, bedankt.
Der griechische Segelverband hingegen hat die Schilderungen seiner
Spitzenathletin anfänglich in Frage gestellt und in einer ersten
Pressemitteilung von ihr verlangt, keine allgemeinen Anschuldigungen gegen
Verbandsfunktionäre im Raum stehen zu lassen. Doch schnell wurde durch die
Schilderungen der Athletin klar, um welchen Funktionär es sich handelt: Um
den heutigen Vizepräsidenten des Verbands, der schon seit über zwanzig
Jahren dem Vorstand angehört. Der Segelverband forderte daraufhin seinen
Rücktritt, der Beschuldigte handelte kurz darauf wie gewünscht. Er weist
allerdings alle Vorwürfe von sich und spricht von Verleumdung seitens der
Athletin.
## Kürzere Amtszeiten per Gesetz
Der griechische Sportminister Leiterin Avgenakis sieht sich durch die
Schilderungen der Athletinnen in seiner Politik bestätigt, gegen die
erstarrten Strukturen im griechischen Sport vorzugehen. Ein vor Kurzem in
Kraft getretenes Gesetz verpflichtet die Sportverbände, den
Vorstandsvorsitzenden nach drei und andere Vorstandsmitglieder nach zwei
aufeinander folgenden Amtszeiten auszuwechseln. Und in Zukunft wird in
jedem Spitzenverbandsgremium ein Vertreter oder eine Vertreterin der
Sportler sitzen – mit Stimmrecht.
Der Minister sagte, der Fall Bekatorou bestätige die Wichtigkeit seines
Gesetzes. Die festgefahrenen Strukturen im griechischen Sport würden die
sexuelle Belästigung und die sexualisierte Gewalt im Sport oft erst möglich
machen, denn die Funktionäre hätten bisher das Gefühl, absolute Macht über
die Athletinnen zu besitzen. So wie Bekatorous Peiniger, der über zwanzig
Jahre lang im griechischen Segelverband mitmischte und erst jetzt nach
Bekatorous Enthüllungen zurückgetreten ist.
Der Fall Bekatorou hat auch eine großflächige Untersuchung seitens der
Staatsanwaltschaft ausgelöst. Die Hoffnung ist groß, dass neben Sofia
Bekatorou auch andere Athletinnen, die Ähnliches erlebt haben, aussagen.
Und es melden sich Frauen aus anderen Lebensbereichen zu Wort, wie etwa
Politikerinnen, Schauspielerinnen und Studentinnen, die von
Parteifunktionären, Regisseuren oder Hochschulprofessoren sexuell belästigt
wurden. Auch wenn der mutmaßliche Täter im Fall Bekatorou keine Haftstrafe
mehr befürchten muss, da die Tat mittlerweile verjährt ist, Sofia Bekatorou
hat erreicht, dass immer mehr griechische Frauen sich trauen, [2][ihr
Schweigen zu brechen.]
23 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.europewatchdog.info/instrumente/kampagnen/start-to-talk/
[2] /Sexualisierte-Gewalt-gegen-Kinder-im-Sport/!5717515
## AUTOREN
Rodothea Seralidou
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
Segeln
Griechenland
Sexualisierte Gewalt
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Judo
Sexuelle Gewalt
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