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# taz.de -- Schwere Kämpfe in Libyen: Regierung in Tripolis umzingelt
> Haftar-Rebellen schlagen den Versuch eines Befreiungsschlages durch
> Regierungsmilizen zurück. Jetzt stehen sie an der Grenze zu Tunesien
Bild: Auf einem Schrottplatz brennen mehrere Autos, die von der LNA angezündet…
Tunis taz | Der [1][Krieg um die Macht in Libyen] scheint in eine
entscheidende Phase eingetreten zu sein. Nach mehreren Tagen schweren
Artilleriebeschusses auf Tripolis hat die dort residierende, international
anerkannte Einheitsregierung von Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch zum
Gegenschlag ausgeholt: Ihre westlibyschen Einheiten aus den Städten Zintan
und Zuwara griffen am Mittwoch früh den Militärflughafen Al-Watiya westlich
von Tripolis an. Aber der Angriff scheiterte.
Watiya ist einer von fünf strategisch wichtigen Militärstützpunkten Libyens
seit Gaddafi-Zeiten. Von dort [2][starten die Luftangriffe] der Libyschen
Nationalarmee (LNA) des rebellierenden Generals Chalifa Haftar auf die
Hauptstadt. Von der Küste vor Watiya, zwischen Tripolis und der tunesischen
Grenze gelegen, schicken die Menschenschmuggler Flüchtlinge nach Europa.
Dem regierungstreuen Kommandeur Osama Zuwail schien mit seiner „Operation
Sturm des Friedens“ zunächst ein Überraschungscoup gelungen zu sein. In die
Hände seiner Männer fielen 15 Haftar-treue Offiziere und mehrere
Militärfahrzeuge, außerdem ein Mig-Kampflugzeug.
Als die LNA Verstärkung aus Nachbarorten herbeischaffte, zogen sich die
regierungstreuen Milizen jedoch zurück. Die LNA verschleppte aus der Gegend
stammende Offiziere. Daraufhin erklärten die politischen und militärischen
Anführer einiger Orte nahe der Grenze zu Tunesien ihre Loyalität zu Haftars
mehrheitlich ostlibyscher LNA. Mittwochabend besetzten LNA-Einheiten
kampflos die Städte Regdalin, Al Azza und Dschmel. Sie schnitten damit die
Küstenstraße zu Tunesien ab. Tripolis ist nun von seinem Nachbarland
abgeschnitten.
Kommandeure aus dem von Berbern bewohnten Ort Zuwara berichten, dass nur
noch eine kleine regierungstreue Einheit den Grenzübergang Ras al-Dschadir
kontrolliert. Sollten Haftar-Truppen auch den Grenzposten einnehmen,
verbliebe der Regierung nur noch Zuwara und ein kleiner Küstenstreifen
westlich von Tripolis.
## Coronavirus legt öffentliches Leben lahm
In Tripolis ruht wie im Rest Libyens das öffentliche Leben wegen der
Coronakrise. Cafés, Läden und Büros sind geschlossen. Dafür gehen die
Raketen der LNA nun auch in weit von der Front entfernten Wohngebieten
nieder.
Am Montag hatte LNA-Sprecher Ahmed Mismari, der sich nach einem
Ägyptenbesuch in Selbstisolation befindet, eigentlich einem
Waffenstillstand aufgrund der Corona-Gefahr zugestimmt. In Bengasi und
Tripolis versuchen zahlreiche private Initiativen von Studenten und
Aktivisten, die Bürger dazu zu bewegen, zu Hause zu bleiben.
Bisher haben die Behörden der Haftar-treuen Parallelregierung in Bengasi
und das Gesundheitsministerium der Regierung in Tripolis zwar nur einen
Covid-19-Fall gemeldet. Wie der Infizierte waren viele Libyer in den
letzten Wochen in Tunesien in Behandlung gewesen, wo es bereits 175
Corona-Infektionsfälle und über 8.000 Menschen in Selbstisolation gibt.
„Sollten wir in Libyen bald auch solche Infektionszahlen haben wie in
Tunesien, droht der Kollaps des Gesundheitssystems, das nach einem Jahr
Krieg kaum noch Kapazitäten hat“, sagt Mohamed al-Mahmoudi, ein Aktivist
aus Tripolis, der taz am Telefon.
Mit der Corona-Angst scheint die [3][Umsetzung der Beschlüsse der Berliner
Libyen-Konferenz vom Januar] komplett ausgesetzt zu sein. Internationale
Diplomaten haben Libyen fast ausnahmslos verlassen und sind in Tunesien von
der allgemeinen Ausgangssperre und Grenzschließungen betroffen.
26 Mar 2020
## LINKS
[1] /Kaempfe-und-Waffenfluege/!5660471/
[2] /Haftars-Rebellen-greifen-an/!5665110/
[3] /Ex-UN-Beauftragter-ueber-Libyenkrieg/!5660642/
## AUTOREN
Mirco Keilberth
## TAGS
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