# taz.de -- Rücktritt der Regierung in Russland: Neuer Schlauch, alter Wein | |
> Die geplanten Verfassungsänderungen und der Rücktritt der Regierung | |
> Medwedjews dienen vor allem einem: dem Machterhalt des Systems Putins. | |
Bild: Vieles muss sich ändern, damit alles beim Alten bleibt: Putin bei seiner… | |
Die Botschaft der Verfassungsänderungen, die Russlands Präsident Wladimir | |
Putin am Mittwoch angekündigt hat, sowie der kurz darauf [1][erfolgte | |
Rückzug der gesamten Regierung] unter Dmitri Medwedjew ist klar: Putin und | |
seine Entourage – in welcher Zusammensetzung und Konstellation auch immer – | |
werden den RussInnen noch einige Zeit erhalten bleiben. | |
Dabei ist Putin, der auf außenpolitischer Bühne einen Erfolg nach dem | |
anderen einfährt, ein gewisses Geschick bei der Inszenierung nicht | |
abzusprechen. Dennoch bleibt, dass die geplante Aufhübschung des | |
Grundgesetzes in Wahrheit nichts anderes ist als der Versuch, bestehende | |
Machtstrukturen abzusichern und zu zementieren. | |
Die angebliche Aufwertung der Rolle der Duma ist, gelinde gesagt, ein Witz. | |
Auch künftig wird ihre Hauptaufgabe darin bestehen, Gesetze der Exekutive | |
stumpf abzunicken, daher ist ihre Mitwirkung bei der Regierungsbildung | |
bedeutungslos. Daran wird sich so lange nichts ändern, wie es keine freien | |
und fairen Wahlen gibt. Dazu müssten [2][unabhängige oppositionelle | |
BewerberInnen] antreten dürfen, anstatt an ihrer Kandidatur gehindert zu | |
werden beziehungsweise gleich im Gefängnis zu landen. Doch derartige | |
Neuerungen sind, aus guten Grund, leider nicht vorgesehen. | |
Noch ein weiterer Punkt in der alten neuen Präsidialrepublik à la Putin | |
lässt aufhorchen. Im Sinne der Stärkung der staatlichen Souveränität sollen | |
internationale Verträge auf ihre Vereinbarkeit mit nationalen Gesetzen | |
geprüft werden können. Klingelt da was? Eben. Schon jetzt kann das | |
russische Verfassungsgericht genau das mit Urteilen des Europäischen | |
Gerichtshofs für Menschenrechte tun, was in der Vergangenheit mehrfach dazu | |
führte, Entscheidungen aus Straßburg einfach nicht umzusetzen. | |
Fraglich ist jetzt, ob sich die Mehrheit der RussInnen, die für dumm | |
verkauft wird, mit dieser Kosmetik auch weiter abspeisen lässt. [3][Putins | |
Umfragewerte waren schon einmal besser]. Angesicht grassierender Korruption | |
und einer für viele schwierigen wirtschaftlichen Situation gärt es in der | |
Bevölkerung. Putin ist, wie gerade demonstriert, immer für eine | |
Überraschung gut. Warum sollten es seine Landsleute nicht auch sein? | |
16 Jan 2020 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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