# taz.de -- Repression der Opposition in Uganda: Im Vorstadtslum brennen Reifen | |
> Nachdem ein Oppositioneller in Haft gefoltert wurde, gibt es ständig | |
> Proteste auf der Straße. Die Menschen fürchten um ihr tägliches | |
> Einkommen. | |
Bild: Festnahme nach Protest: Ein Anhänger von Bobi Wine wird abgeführt | |
KAMPALA taz | Es ist früher Morgen in Kampala, schon wieder steigen | |
Rauchsäulen über der ugandischen Hauptstadt auf. Im Vorstadtslum Kamwokya | |
brennen Reifen an Straßensperren. Ein Motorradtaxifahrer auf der anderen | |
Seite der Stadt flucht: „Schon wieder so ein Tag, an dem man nicht in die | |
Stadt fahren kann“. Frustriert lässt er sein Rad stehen. | |
Polizisten und Soldaten zwingen Ladenbesitzer und Straßenverkäufer rund um | |
das gut besuchte Acacia-Einkaufszentrum nach Hause zu gehen. Läden werden | |
verrammelt. Gegen Mittag räumt die Polizei die Altstadt und den zentralen | |
Bus- und Taxibahnhof mit seinen Kleingewerbetreibenden. Eilig raffen die | |
Leute ihre Waren zusammen und rennen davon. | |
Die Hauptstädter verkriechen sich. Noch zu Beginn dieser Woche hatten sie | |
gehofft, das Drama von Protesten, Verhaftungen, Folterungen und Toten sei | |
vorbei. Aber nichts da: Präsident Yoweri Musevenis gewaltiger | |
Sicherheitsapparat ist auf Höchstleistung hochgefahren. Ihm gegenüber steht | |
eine Horde junger Anhänger von Ugandas berühmtestem Musiker und | |
Parlamentsabgeordneten Robert Kyagulanyi, besser bekannt unter seinem | |
Künstlernamen Bobi Wine. Es ist wie ein Katz- und-Maus-Spiel zwischen dem | |
73-jährigen Präsidenten, der seit 32 Jahren an der Macht ist, und dem | |
jüngsten Oppositionellen und selbsternannten „Ghetto-Präsidenten“ Wine, d… | |
mit seinen 36 Jahren Ugandas Politik aufmischt. | |
Zwei Wochen lang hielt Uganda den Atem an. Es war wie Ausnahmezustand. | |
Spezialkräfte der Armee hatten Straßensperren errichtet. Abgeordnete | |
boykottierten das Parlament. Der Grenzübergang nach Kenia war blockiert. | |
Der Grund: Wine war mit 32 anderen Abgeordneten und Journalisten Mitte | |
August in der Kleinstadt Arua von Musevenis Leibwächtern verhaftet und | |
gefoltert worden, weil Wine-Anhänger den Präsidentenkonvoi angeblich mit | |
Steinen beworfen hatten. | |
## Mit Elektroschockern gefoltert | |
Am Montag dieser Woche ließ ein Gericht in der Stadt Gulu Wine und elf | |
weitere Abgeordnete auf Kaution frei. Sie fuhren nach Kampala. In einer | |
Privatklinik konnten Wines Ärzte ihn untersuchen. Laut ihrer Diagnose ist | |
eine Niere beschädigt, angeblich durch Tritte oder Schläge. Ihre | |
Empfehlung: Behandlung im Ausland. Regierungssprecher Ofwono Opondo | |
twitterte am Donnerstagabend: Wine und ein weiterer schwer verletzter | |
Abgeordneter, Francis Zaake, dürfen ausfliegen. | |
Am Donnerstagabend wurden Wine und Zaake zum internationalen Flughafen | |
Entebbe gebracht, mit Tickets nach Indien. Doch dann stürmten | |
Spezialeinheiten den Flughafen und krallten sich die beiden Verletzten. | |
Regierungssprecher Opondo twitterte, Zaake wolle „davonlaufen“ – dabei lag | |
dieser bewegungslos mit Sauerstoffgerät auf der Krankenbahre. In zwei | |
Krankenwagen, begleitet von Militär, wurden Wine und Zaake abtransportiert: | |
in ein staatliches Krankenhaus. Dort verweigern sie jetzt den staatlichen | |
Ärzten, sie zu untersuchen. Sie haben Angst. | |
Wines britischer Anwalt, Robert Amsterdam, twitterte am Freitagmorgen: „Ich | |
habe gerade mit Bobi gesprochen. Er wird wieder aus dem Krankenhaus | |
weggebracht. Er wurde von derselben Armeeeinheit geschlagen wie zuvor. Die | |
Ärzte sind in die Schläge involviert.“ Dies und Bilder von einem | |
krankenhausreif geprügelten Journalisten sorgen nun wieder für einen | |
Aufschrei. „Diese Ungerechtigkeit ist genau der Grund, warum wir einst in | |
den Krieg gezogen sind“, kommentiert auf Twitter der alte Exgeneral Mugisha | |
Muntu. | |
Enge Vertraute von Wine geben zu: Er sei nicht an der Niere verletzt, | |
sondern an den Genitalien. Er sei dort mit Elektroschockern gefoltert | |
worden, könne nicht laufen. In Uganda spricht man aber nicht über | |
Geschlechtsorgane. „Da wird viel Theater gespielt“, meint einer. Das Spiel | |
geht weiter – auf den Straßen, in den sozialen Medien. Und Ugandas | |
Hauptstädter fürchten um ihr tägliches Einkommen und das abendliche Essen | |
auf dem Tisch. | |
31 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
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