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# taz.de -- Reformer in der Linkspartei mucken auf: Klare Kante gegen Wagenknec…
> Reformer in der Linken kommen zum Krisentreffen in Berlin zusammen. Man
> spricht über Einwanderung, eigene Fehler und Sahra Wagenknecht.
Bild: Müde geworden über die Auseinandersetzung mit Sahra Wagenknecht – Ste…
BERLIN taz | Sahra Wagenknecht öffentlich zu kritisieren wagten in der
Linksfraktion bisher wenige. Nicht nur weil man sich scheute, die
prominenteste Politikerin öffentlich zu beschädigen, sondern auch weil sich
die Reformer und die Ultralinken in der Fraktion zur Mehrheitskoalition
verbündet haben. Doch das soll sich wohl künftig ändern.
Auf einem kurzfristig anberaumten Treffen des Forums demokratischer
Sozialismus, fds, am Sonntag in Berlin machten viele der etwa 70 Teilnehmer
ihrer Unzufriedenheit über die fehlende Kritik der Fraktion an Wagenknechts
Äußerungen zu Wirtschaftsmigration und deren Skepsis gegenüber der sehr
liberalen Flüchtlingspolitik der Linkspartei Luft. Aus Unmut über den
verhaltenen Widerspruch gegenüber diesen [1][“wiederholt vorgetragenen
politischen Zumutungen“] hatten prominente Gründungsmitglieder das Forum
Anfang Juni verlassen. Zwei von ihnen, die Berliner Vize-Landesvorsitzende
Sandra Brunner sowie der Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Udo
Wolf, waren am Sonntag ebenfalls anwesend.
Er nehme diese Kritik an, sagte der Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich am
Sonntag. Als Wagenknecht 2016 erstmals von „Gastrecht“ im Zusammenhang mit
Asylbewerbern sprach, habe es aus der Fraktion noch sehr heftige Reaktionen
gegeben. „Aber später sind wir müde geworden“, sagte Liebich. Er kündigte
an: „Wenn solche Äußerungen künftig kommen, dann müssen aus den Reihen der
Reformer deutliche Gegenreaktionen kommen.“
Liebich verteidigte zugleich das Bündnis mit den Wagenknecht-Anhängern, das
sogenannte Hufeisen. Erstmals in seinen neun Jahren als
Bundestagsabgeordneter sei es in dieser Konstellation überhaupt gelungen,
dass Reformer Einfluss auf die außenpolitischen Positionen der Linken
hatten, sagte Liebich, der das Amt als außenpolitischer Sprecher der
Fraktion von [2][Wolfgang Gehrcke] übernommen hat. Im April war es
beispielsweise gelungen, gemeinsam mit den Grünen einen Antrag zu 70 Jahre
Israel einzubringen, in dem sie unter anderem eine doppelte
Staatsbürgerschaft für Israelis in Deutschland forderten.
## „Keine Gemeinsamkeiten mit dem Personenkreis um Sahra“
Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak hatte für den Sonntag
ein [3][Thesenpapier] vorbereitet, in dem sie betonte: „Es ist wichtig klar
zu machen, dass inhaltlich und methodisch keine Gemeinsamkeiten mit dem
Personenkreis um Sahra bestehen.“
Der Konflikt mit dem Wagenknecht-Lager, so beschreibt ihn Wawzyniak,
beschränke sich nicht nur auf die Frage der Flüchtlingspolitik, sondern
zwischen denjenigen, „die für eine offene Gesellschaft inklusive offener
Grenzen streiten. … Auf der anderen Seite stehen diejenigen, … die den
Nationalstaat als zentralen Bezugspunkt ihrer Vorschläge betrachten.“
Wawzyniak wirbt in dem Papier dafür, sich als Reformer in der Flüchtlings-
und Arbeitsmigrationsfrage noch einmal deutlich zu positionieren. „Wir
müssen eineindeutige Signale für ein weltoffenes und solidarisches
Deutschland in einem grenzen- und mauerlosen Europa aussenden.“
## Die Hälfte denkt wie Wagenknecht
Unter jenen, die Wawzyniak zustimmten, war auch ein junges Parteimitglied
aus Bayern. In seinen Landesverband seien innerhalb eines Jahres 1.000
Menschen eingetreten, „und zwar trotz Wagenknecht. Das sind alles Leute,
die sich dem Rechtsruck entgegenstellen wollen“. Er erwarte vom fds daher,
„dass wir ordentlich Ramba-Zamba machen und auch mal die Bundestagsfraktion
kritisieren“.
In Thüringen sehe die Lage freilich anders aus, sagte Frank Tempel,
Mitglied des Parteivorstands. In seinem Kreisverband würden etwa 50 Prozent
wie Wagenknecht denken. Er sei nicht bereit, sich überwiegend an ihr
abzuarbeiten.
Dass es mit Kritik an der Fraktionsvorsitzenden allein nicht getan ist,
machten auch andere Reformer deutlich. Es sei eine Schande für die Partei,
dass man sich seit zwei Jahren an der Frage der Migrationspolitik zerreibe,
aber kaum konkrete Konzepte vorlägen, wie eine linke Migrationspolitik
aussehen könnte, schreiben baden-württembergische fds-Mitglieder in einem
Debattenbeitrag.
Auch der aus dem Forum ausgetretene Wolf warb dafür, dass die „immer wieder
verschobene Debatte“ über ein Einwanderungskonzept endlich mal geführt
werde. Wolf und andere ostdeutsche Fraktionsvorsitzende hatten Anfang 2017
ein Konzept vorgelegt, dass Regeln für Einwanderung, Asyl und
Staatsbürgerschaftsrecht vorschlägt. Eine lang angekündigte Konferenz
darüber ließ die Parteiführung jedoch immer wieder verschieben, weil der
Zeitpunkt – Wahlen, bloß kein Streit – gerade ungünstig war.
## Sand im Getriebe sein
Überhaupt wollen die Reformer sich künftig viel mehr als Debattenforum denn
als Machtbündnis definieren und Diskussionen auch über heikle Themen, um
die sich die Linke um des inneren Parteifriedens willen herumdrückt,
anstoßen. Eines dieser Themenfelder ist das der Europäischen Union. In der
Linkspartei gibt es bisher keine einheitliche Position, ob man die EU nun
zerschlagen oder reformieren soll.
Das fds setzt hier – im Unterschied wiederum zu Wagenknecht, aber auch
radikalen Linken – klar auf eine proeuropäische Politik. Um ein
ordentliches Europa-Wahlprogramm hinzubekommen, werben daher viele dafür,
Gespräche mit anderen Parteiströmungen und Mitgliedern zu führen – auch mit
jenen, „von denen sie außerhalb der Politik nicht mal ein Stück Schokolade
annehmen würden“, wie Wawzyniak es ausdrückt.
Wen sie konkret meint, wollte sie nicht verraten. Bekannt ist aber, dass
Wawzyniak die Parteivorsitzende Katja Kipping auf persönlicher Ebene heftig
kritisiert – ihr inhaltlich aber größtenteils zustimmt.
25 Jun 2018
## LINKS
[1] https://www.facebook.com/udo.wolf.35/posts/10214592224617631
[2] https://www.wolfgang-gehrcke.de/
[3] http://blog.wawzyniak.de/5-thesen-zur-mitgliederversammlung-des-fds/
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Die Linke
Stefan Liebich
Sahra Wagenknecht
Asylpolitik
Flüchtlinge
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