# taz.de -- Rassistische Morde in Charleston: „Ich werde einen Haufen Leute t… | |
> Dylann Roof erschoss in einer Kirche in Charleston neun Schwarze. Nun | |
> werden immer mehr Details über den Täter bekannt. | |
Bild: Gedenken in Charleston | |
New York taz | Es war die bisher tödlichste Attacke gegen eine Kirche von | |
Schwarzen in den USA. Sechs Frauen und drei Männer sind tot. Das jüngste | |
Opfer war 26, das älteste 87. Sie hatten sich rund um ihren Pastor, den | |
41-jährigen Clementa Pinckney, zu einer Bibelstunde in der Emanuel AME | |
Kirche in Charleston getroffen. | |
Der 21-jährige Dylann Roof war der einzige Weiße in der Runde. Eine Stunde | |
lang nahm er an der Bibelrunde teil. Um 21 Uhr begann er zu schießen. Ein | |
fünfjähriges Mädchen überlebte, weil seine Großmutter ihr sagte, sie solle | |
sich totstellen. Die Großmutter überlebte, weil Dylann Roof wollte, dass | |
sie hinterher alles erzählen kann. „Ihr vergewaltigt unsere Frauen. Ihr | |
nehmt unser Land. Ihr müsst gehen“, soll er gesagt haben, während er | |
schoss. Seine Pistole soll er fünfmal nachgeladen haben. | |
Am Mittwochvormittag wird der 21-Jährige mehrere Hundert Meilen weiter | |
nördlich in North Carolina in demselben schwarzen Wagen gefasst, mit dem er | |
zur Kirche gekommen war. Er hat keine Anstrengung unternommen, sich zu | |
verstecken. Die Sicherheitskamera der Kirche hat ihn am Mordabend | |
aufgenommen. | |
Später wird er abgelichtet, als er Geld an einem Automaten am Highway | |
abhebt. Als die Polizisten ihn in Shelby abführen, feixt er in die Kameras | |
hinein. Er hat noch ein kindliches Gesicht. | |
## Viel zu oft | |
Wenige Minuten nach der Festnahme tritt der US-Präsident im Weißen Haus vor | |
die Medien. Barack Obama ist sichtlich bewegt. Er kannte den Pastor und die | |
Kirche. Er spricht von seiner Trauer und Wut über die Tat und über die | |
Leichtigkeit, mit der man Schusswaffen bekommen kann: „Ich musste schon | |
viel zu oft solche Erklärungen abgeben“, sagt Obama. „Wir wissen, dass | |
diese Art von Massengewalt in anderen fortgeschrittenen Ländern nicht | |
existiert. Nicht so oft.“ | |
Obama zitiert auch den Bürgerrechtler Martin Luther King. Nach dem | |
Bombenanschlag auf eine Kirche in Birmingham in Alabama, bei dem 1964 vier | |
Mädchen ums Leben kamen, sagte der: „Wir müssen uns Gedanken machen über | |
den Mörder. Aber auch über das System, die Lebensweise und die Philosophie, | |
die diese Mörder produzieren.“ | |
Dylann Roof hat den Terror in der Kirche sorgfältig geplant. Er hat die | |
älteste AME Kirche des Südens ausgewählt, die sich seit ihren Anfängen im | |
frühen 19 Jahrhundert für die Befreiung der Sklaven engagiert hat. Und die | |
heute quer durch die USA „Mutter Emanuel“ genannt wird. | |
In den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war die Kirche ein | |
zentraler Ort der Bürgerrechtsbewegung. Auch Martin Luther King trat dort | |
auf. Der ermordete Pastor Pinckney war zugleich ein langjähriger | |
demokratischer Abgeordneter im Senat von South Carolina. Wenige Stunden vor | |
seinem Tod hat er an einem Wahlkampftreffen mit Hillary Clinton | |
teilgenommen. Am Tag nach seinem Tod liegt ein schwarzes Tuch auf seinem | |
Pult im Senat. | |
## Überzeugter Rassist | |
Auf seiner Facebookseite posiert Dylann Roof mit den Wappen von zwei | |
untergegangenen rassistischen Regimen auf dem rechten Revers seiner Weste: | |
Südafrika aus der Apartheidszeit und Rhodesien, bevor es Zimbabwe wurde. | |
Vor einer Woche hat er seinem schwarzen Nachbarn Christon Scriven gesagt: | |
„Ich werde einen Haufen Leute töten“. | |
Am Tag nach dem Terror in der Kirche sagt der Nachbar: „Er hat einen | |
trockenen Humor. Bei ihm weiß man nie, was er ernst meint“. Frühere | |
Klassenkameraden beschreiben Dylann Roof als schüchtern und ruhig. Eine | |
Klassenkameradin beschreibt ihn als „super Emo“. Mit der Polizei kam er | |
erst in diesem Jahr in Kontakt. Sie nahm ihn zweimal wegen seltsamen | |
Benehmens in einem Einkaufszentrum in Columbia fest. Zu seinem 21. | |
Geburtstag im April schenkte sein Vater ihm eine Glock-Pistole. | |
Unmittelbar nach dem Terror in der Kirche sagen sowohl Clinton als auch der | |
Republikaner Jeb Bush ihre für den nächsten Tag in South Carolina geplanten | |
Meetings ab. Beide verlassen den Bundesstaat. In Charleston finden am | |
Morgen danach Gedenkgottestdienste und Gebete auf offener Straße statt. | |
## Polizeischutz vor schwarzen Kirchen | |
Dabei ist vor allem ein Wort immer wieder zu hören: „Liebe“. Auch im Rest | |
des Landes halten Menschen Mahnwachen ab. In New York ordnet Bürgermeister | |
Bill de Blasio Polizeischutz vor schwarzen Kirchen an. In Washington | |
eröffnet das Justizministerium Ermittlungen wegen eines Hassverbrechens. | |
In den Medien wird Dylann Roof vor allem auf zwei Arten beschrieben. | |
Einerseits geht es um seine rassistischen Insignien und Worte. Zum Anderen | |
steht sein Gebrauch von verschreibungspflichtigen Medikamenten im | |
Vordergrund. Je konservativer die Kommentatoren sind, desto größere | |
Bedeutung geben sie seiner „psychischen Störung“. Der große rechte | |
TV-Sender FoxNews vermeidet sowohl das Adjektiv „rassistisch“ bei der | |
Beschreibung der Tat, als auch die Erwähnung der liberalen | |
Schusswaffengesetze in South Carolina. | |
Fox-Moderatoren beschreiben den Terror, als habe er nichts mit der | |
Hautfarbe der Opfer zu tun. Ein schwarzer Priester aus Chesapeake in | |
Virginia erklärt dort, es handele sich um einen „Angriff auf Christen“. So | |
wie es sonst die Schusswaffenlobby NRA nach Massakern tut, schlägt er vor, | |
Pastoren sollten sich bewaffnen, um ihre Gläubigen zu schützen. | |
19 Jun 2015 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
North Charleston | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Flaggenstreit | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Südstaaten | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Schwerpunkt Rassismus | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Rassistischer Attentäter von Charleston: Dylann Roof zum Tode verurteilt | |
Er betrat eine Kirche und eröffnete das Feuer: Dylann Roof ermordete aus | |
rassistischem Hass neun Menschen. Dafür soll er nun mit dem Leben bezahlen. | |
Rassistisches Attentat von Charleston: Dylann Roof für schuldig erklärt | |
Neun Menschen hat der 22-Jährige in einer Kirche in Charleston ermordet. | |
Die Urteilsverkündung im Prozess verfolgte er ungerührt. Nun droht ihm die | |
Todesstrafe. | |
Konföderierten-Flagge in den USA: South Carolina will Fahne ablegen | |
37 von 40 Senatoren stimmten in South Carolina dafür, die Südstaaten-Fahne | |
ins Museum zu tun. Widerstand kommt aus Boom-Regionen. | |
Folge des Charleston-Attentats: Südstaaten-Flagge wird boykottiert | |
Viele große US-Firmen nehmen Produkte mit der Flagge der Konföderierten aus | |
ihrem Sortiment. Derweil wurde ein Video der Festnahme Dylann Roofs | |
veröffentlicht. | |
Konsequenzen aus Charleston: Die Flagge soll verschwinden | |
Unter der Konföderiertenflagge kämpften die Südstaaten einst um die | |
Sklaverei. Nun soll sie nicht mehr am Kapitol in South Carolina wehen. | |
Nach dem Anschlag in Charleston: Die Holy City zeigt Einheit | |
Über 20.000 Menschen aller Hautfarben tragen in Charleston ihre Trauer über | |
die Opfer auf die Straße. Sie wollen sich nicht spalten lassen. | |
Kommentar Konsequenzen aus Charleston: Kosmetik hilft nicht | |
Auf Bedrohungen von außen reagieren die USA entschlossen. Sich seinen | |
inneren Problemen zu stellen, scheint das Land nicht fähig zu sein. | |
Nach dem Anschlag von Charleston: Rassistisches Manifest | |
Die Einschusslöcher an der Kirche werden entfernt, damit ein Gottesdienst | |
abgehalten werden kann. Ein Text des mutmaßlichen Täters wird bekannt. | |
Attentat in South Carolina: Terror in der Kirche | |
Ein weißer Attentäter hat mehrere Menschen einer schwarzen Gemeindekirche | |
getötet. Die Polizei spricht von einem Verbrechen aus Hass. |