# taz.de -- Pflichtzölibat für katholische Priester: Mittelalterlicher Quatsch | |
> Der byzantinische Ritus gestattet Priestern, Frau und Familie zu haben. | |
> Daran sollte sich die gesamte römisch-katholische Kirche ein Beispiel | |
> nehmen. | |
Bild: Katholischer Pfarrer bei einer Erstkommunion im Ruhrgebiet 1974 | |
Die katholische Kirche klammert sich an den Pflichtzölibat, als hinge davon | |
die priesterliche Glaubwürdigkeit ab. Dabei sagen einem allein der gesunde | |
Menschenverstand und das Leben an sich, dass das mittelalterlicher Quatsch | |
ist und mit dem „Dienst am Menschen“ rein gar nichts zu tun hat. Im | |
Gegenteil: Der Pflichtzölibat tut den Betroffenen nicht gut, die meisten | |
leben ihn ohnehin nicht. Ein Stichwort ist die berühmte Haushälterin, die | |
aber weit mehr ist als das, nämlich die Frau an der Seite des Priesters. | |
Mittlerweile ist das weithin bekannt. Vor gut zehn Jahren outeten sich | |
mehrere Priester öffentlich als Zölibatsbrecher, viele verloren daraufhin | |
ihr Amt. | |
Das Enthaltsamkeitsgebot ist gepaart mit einer großen Lüge: Kein Mensch | |
kann dauerhaft ohne Sex leben, ebenso wenig ohne einen Menschen, der einem | |
näher steht als andere. Und das muss auch niemand, nicht einmal ein | |
Priester. Beispiele, sogar in Deutschland, zeigen, dass ein | |
[1][katholischer Priester] – wie übrigens evangelische Pfarrer – durchaus | |
Frau und Familie haben kann und trotzdem genug Liebe, Kraft und Zeit für | |
seine Gemeinde findet. | |
Im Erzbistum Hamburg ist vor zwei Jahren ein Familienvater in den | |
dauerhaften priesterlichen Dienst berufen worden. Pavlo Vorotnjak gehört | |
der ukrainisch-griechisch-katholischen Kirche des byzantinischen Ritus an, | |
einer Teilkirche der römisch-katholischen Ausrichtung. Vorotnjaks Kirche | |
gestattet es Anwärtern, vor der Priesterweihe verheiratet zu sein. In der | |
Ostkirche ist es üblich, dass Priester Ehefrau und Kinder haben. Dort gilt | |
das Eheverbot nur für Bischöfe und Mönche. Papst Franziskus hatte diese | |
Praxis für Ostkirchen schon vor fast zehn Jahren auf westliche Gebiete | |
übertragen. Auch der Kirchenrechtler Thomas Schüller sieht keine Hürden, | |
den Zölibat abzuschaffen. Er bezeichnet ihn als „disziplinäre Form“, die | |
geändert werden kann, ohne in den „Glaubensschatz der katholischen Kirche | |
einzugreifen“. Beim Synodalen Weg, dem bis Samstag laufenden | |
Gesprächsformat, fordern manche Bischöfe, den Zölibat abzuschaffen. Selbst | |
der Münchner Kardinal [2][Reinhard Marx] stellt die verpflichtende | |
Ehelosigkeit aktuell infrage: „Bei manchen Priestern wäre es besser, sie | |
wären verheiratet. Nicht nur aus sexuellen Gründen, sondern weil es für ihr | |
Leben besser wäre und sie nicht einsam wären.“ Diese Aussage ist zwar | |
reichlich diffus und offenbart, wie mittelalterlich seine Haltung zu Ehe | |
und Sexualität ist. Aber immerhin lässt er Zweifel an einer inhumanen Regel | |
zu, die ohnehin oft gebrochen wird. | |
Es wird Zeit, dass die katholische Kirche den ohnehin religiös überhöhten | |
Zölibat komplett abschafft. Der [3][Synodale Weg] hätte die Chance dazu. | |
Aber die Mehrheit der anwesenden Gottesmänner mauert. | |
4 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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