# taz.de -- Pflanzen auf Flachdächern: Zum Grün gezwungen | |
> Als erste Großstadt über 500.000 Einwohner*innen will Bremen | |
> vorschreiben, dass größere Neubauten mit Flachdächern begrünt werden | |
> müssen. | |
Bild: Soll in Bremen zur Pflicht werden: Begrünte Dächer wie hier in Berlin | |
BREMEN taz | Die Stadt Bremen will Bauherren dazu zwingen, Gebäude und | |
unbenutzte Freiflächen zu begrünen. Einem entsprechenden Gesetzesentwurf | |
stimmte vergangene Woche die parlamentarische Baudeputation zu, die | |
Bürgerschaft muss darüber noch beschließen. | |
Das neue Gesetz soll allerdings nur für Neubauten gelten, deren Dachflächen | |
größer als 100 Quadratmeter sind und deren Dachneigung weniger als 15 | |
Prozent beträgt. Ausgenommen sind „hallenartige“ Gewerbebauten sowie | |
Reihenhausanlagen. Dies ist ein Zugeständnis an die Gegner der | |
Gründachpflicht, die Mehrkosten für Bauherren vermeiden wollten. | |
Dazu zählte auch die Bildungssenatorin Claudia Bogedan (SPD), deren Behörde | |
in einer Stellungnahme darauf hinwies, dass Schulen und Kindergärten | |
besonders von dem neuen Gesetz betroffen seien, weil ihre Dächer fast immer | |
mindestens 100 Quadratmeter groß seien. | |
Die Mehrkosten halten sich nach Angaben der Baubehörde und | |
Gartenbauunternehmen mit 50 bis 80 Euro pro Quadratmeter bei großen Flächen | |
in Grenzen. Weil die grünen Dächer langlebiger sein sollen als | |
herkömmliche, seien die Kosten sogar annähernd gleich, heißt es in der | |
Begründung zum Gesetzentwurf. Und die Pflegekosten in Höhe von jährlich 300 | |
bis 800 Euro ließen sich ja auch auf die Mieter*innen umlegen. | |
Keine Grünpflicht gibt es für diejenigen, die alternativ Anlagen zur | |
Nutzung erneuerbarer Energien – in der Regel Solarzellen – auf ihre Dächer | |
bauen. | |
Wenn bei Umgestaltung oder Neubebauung von Flächen Teile unbebaut bleiben, | |
dürfen sie nach dem neuen Gesetz nicht mehr mit Kies zugeschüttet werden. | |
Auch an diesem Punkt hatte die Bildungssenatorin Bedenken angemeldet. | |
„Schulhofflächen sind zum großen Teil aus wirtschaftlichen Gründen | |
versiegelt“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Die Schaffung und Pflege von | |
begrünten Flächen könne nicht aus ihrem Etat bestritten werden. | |
Vom Tisch ist eine Liste, die Eigentümer*innen vorschreiben sollte, was sie | |
pflanzen dürfen. Sie sollen jetzt nur noch Empfehlungen bekommen, welche | |
Pflanzen besonders geeignet sind, um Insekten und Vögel anzulocken. Das | |
bedeutet: Die ökologisch wenig wertvollen, nicht-heimischen immergrünen | |
Sträucher wie Kirschlorbeer und Thuja gelten auch als Begrünung im Sinne | |
des Gesetzes. | |
Die Förderung von Biodiversität ist eines der Ziele, das der Bausenator mit | |
dem Grünanlagen- und Gründach-Zwang erreichen will. In der Realität werden | |
die meisten Bauherren allerdings zur kostengünstigsten und pflegeärmsten | |
Variante der Dachbegrünung greifen. | |
## Trockenresistente Dickblattgewächse | |
Dabei handelt es sich um extensiv begrünte Flächen mit vier bis fünf | |
Zentimetern Boden, auf denen trockenresistente Dickblattgewächse und | |
Sedumarten angepflanzt werden wie Fetthenne und Mauerpfeffer. Die intensiv | |
bepflanzten Dächer mit einem wesentlich höheren Bodenaufbau und einer | |
größeren Pflanzenvielfalt gelten als artenreicher. | |
In jedem Fall erreicht wird durch das Gesetz das Ziel, bessere | |
Verdunstungsmöglichkeiten für Regenwasser zu schaffen sowie der Aufheizung | |
der Luft entgegenzuwirken. Grünflächen – ob am Boden oder in der Höhe – | |
könnten bis zu 50 Prozent des Regenwassers verdunsten, sagt Helmut Grüning, | |
Professor für Stadthydrologie an der Fachhochschule Münster. Dort wird | |
derzeit das Verdunstungspotenzial von Gründächern erforscht. „Gründächer | |
sind ungeheuer wertvoll für die Stadtökologie“, sagt Grüning. „Wenn Sie … | |
Dach mit Bitumenbahnen auslegen, kann nichts versickern oder verdunsten und | |
zudem heizen sich die schwarzen Flächen extrem auf.“ | |
## Reihenhäuser ausgenommen | |
Das neue Gesetz löst eine Verordnung ab, nach der die freiwillige Anlage | |
von Gründächern finanziell von der Stadt finanziert worden war. Seit 2016 | |
galt dies nur noch für Geschossbauten mit mehr als 100 Quadratmetern | |
Dachfläche. Daraufhin gab es im Jahr 2016 nur noch zwei Anträge – in den | |
Jahren zuvor waren es 22 bis 45 Anträge jährlich, in der Regel für kleine | |
Flächen wie Carports und Garagendächer. | |
Für eines der derzeit größten Bauvorhaben, die Gartenstadt Werdersee in | |
Habenhausen, kommt das Gesetz zu spät. Allerdings besteht dieses zu großen | |
Teilen aus Reihenhäusern, die ohnehin von der Gründachpflicht ausgenommen | |
sind. | |
Nach einer Auflistung des Bausenators ist Bremen die erste Großstadt über | |
500.000 Einwohner*innen, die eine Gründachpflicht einführt. Andere Städte | |
setzen auf Freiwilligkeit durch finanzielle Anreize oder schreiben grüne | |
Dächer in Bebauungsplänen für einzelne Gebiete vor. | |
1 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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