| # taz.de -- Pestizide auf Obst und Gemüse aus der EU: Gift auf Äpfeln, Birnen… | |
| > Obst und Gemüse in Europa ist zunehmend mit Rückständen | |
| > gesundheitsgefährdender Pestizide belastet. Dabei verspricht die EU das | |
| > Gegenteil. | |
| Bild: Man sieht es nicht, aber im Supermarkt landet immer mehr Obst mit Pestizi… | |
| Berlin taz | Pestizide gehören zur industriellen Landwirtschaft wie | |
| Legebatterien zur Tierhaltung – [1][auch in der angeblich auf die | |
| Gesundheit ihrer Bürger*innen bedachten Europäischen Union.] | |
| Eine am Dienstag veröffentlichte [2][Studie des Pesticide Action Networks | |
| Europe (PAN)] zeigt, dass der Einsatz von Pestiziden in der EU nicht so | |
| kontrolliert abläuft wie erhofft: Die Analyse von über 200.000 Proben von | |
| Obst und Gemüse aus Europa zeige einen „dramatischen Anstieg“ in Häufigke… | |
| und Konzentration von Rückständen der giftigsten in der EU zugelassenen | |
| Substanzen. | |
| Demnach waren im Jahr 2019 ein Fünftel der gesammelten Proben mit | |
| sogenannten „Substitutionskandidaten“ belastet – auch in Deutschland. Dam… | |
| sind Stoffe gemeint, die im Verdacht stehen, erhebliche Schäden für Mensch | |
| und Umwelt zu verursachen. Sie werden beispielsweise mit Krebs- und | |
| Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. | |
| Die [3][Farm-to-Fork-Strategie] der EU sieht eine Halbierung dieser | |
| Substanzen bis 2030 vor. Sie hätten bereits seit 2011 gemäß einer | |
| entsprechenden Verordnung langsam verbannt werden, also die Stoffe durch | |
| weniger schädliche ersetzt werden müssen. Die Autor*innen der PAN-Studie | |
| weisen jedoch einen gegenteiligen Trend nach. EU-Kommission und | |
| Mitgliedstaaten hätten bei der Umsetzung der EU-Regularien und beim Schutz | |
| der Verbraucher komplett versagt. | |
| ## Immer mehr Lebensmittel kontaminiert | |
| So waren 2011 lediglich 14 Prozent des untersuchten Obsts und Gemüses | |
| kontaminiert. Dieser Anteil stieg jedoch auf 21 Prozent im Jahr 2019. | |
| Insbesondere beim Obst sind die Zahlen alarmierend: Hier waren 2019 rund 29 | |
| Prozent aller Proben belastet. Besonders dramatisch war der Anstieg bei | |
| Kiwis (von 4 auf 32) und Kirschen (von 22 auf 50). | |
| Bei Äpfeln (von 16 auf 34) und Birnen (von 25 auf 47) verdoppelte sich der | |
| Anteil der kontaminierten Proben im selben Zeitraum, bei Pfirsichen waren | |
| zwischen 2016 und 2018 gar auf über der Hälfte aller Früchte | |
| Substitutionskandidaten nachweisbar. Weiterhin zählten Brombeeren, | |
| Erdbeeren und Himbeeren sowie Weintrauben zu den am stärksten | |
| kontaminierten Obstsorten. | |
| Für Gemüse fällt das Ergebnis weniger katastrophal aus, dennoch zeigt auch | |
| hier der Trend nach oben: Sellerie war 2011 in 37 und 2019 in 54 Prozent | |
| der untersuchten Fälle belastet. Auch bei Gurken, Spinat und Kopfsalat | |
| waren, wenn auch deutlich geringere, Anstiege zu beobachten. | |
| Auf 10,2 Prozent des untersuchten Obstes waren 2019 mindestens zwei der | |
| Substanzen zu finden. Kombinationen der Stoffe stehen im Verdacht, durch | |
| sogenannte „Cocktaileffekte“ besonders schwerwiegende Beeinträchtigungen | |
| der Gesundheit zu verursachen. Insbesondere Obst und Gemüse aus süd- und | |
| westeuropäischen Staaten ist laut Studie betroffen. | |
| Als mögliche Erklärung für den stetigen Anstieg führen die Autor*innen | |
| an, dass Schädlinge durch den fortlaufenden Einsatz Resistenzen | |
| ausbildeten. Um sie zu bekämpfen, würden dann wiederum mehr Pestizide | |
| verwendet – ein sich selbst verstärkender Kreislauf. | |
| ## Regelungen werden nicht durchgesetzt | |
| Die EU hatte [4][rechtlich verankert], dass 55 besonders problematische, | |
| aber dennoch genehmigte Wirkstoffe durch ungefährlichere Alternativen | |
| ersetzt werden sollen. Dies hat sich laut Susanne Smolka, Fachreferentin | |
| bei PAN Germany, „in der Praxis als Flop herausgestellt: Kein einziger der | |
| Wirkstoffe wurde über das Substitutionsprinzip tatsächlich ersetzt“. | |
| Ein Grund für das Scheitern des Prinzips sei, dass die Alternativen ebenso | |
| „wirtschaftlich“ sein müssten. Laut Smolka müsse „endlich engagierter | |
| gehandelt und die Umwelt- und Gesundheitskosten in den Abwägungsprozess mit | |
| einbezogen werden“. Zudem müssten „landwirtschaftliche Betriebe besser bei | |
| der Umstellung auf diese Alternativen unterstützt werden – auch | |
| finanziell“. | |
| 24 May 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Nach-Sieg-gegen-Land-Suedtirol/!5850682 | |
| [2] https://www.pan-europe.info/resources/reports/2022/05/forbidden-fruit-drama… | |
| [3] https://ec.europa.eu/food/system/files/2020-05/f2f_action-plan_2020_strateg… | |
| [4] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX%3A32009R1107&… | |
| ## AUTOREN | |
| Josa Zeitlinger | |
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