# taz.de -- Pädo-Aktivisten im linken Mileu: Kuscheln mit den Indianern | |
> Im alternativen Milieu der 70er und 80er diskutierte man über befreite | |
> Sexualität - auch zwischen Kindern und Erwachsenen. Wie kam es dazu, dass | |
> Pädophilie zeitweise salonfähig war? | |
Bild: Das umstrittene Manifest eines Pädophilen in der taz vom 16. November 19… | |
Im Jahr 1979 ruft die taz zur sexuellen Revolution auf: "Wir müssen weg von | |
der verkrüppelten, staatlich verordneten Normalität", fordert der Autor | |
Olaf Stüben und ermuntert zum Leben einer "konkreten Utopie": Sex zwischen | |
Erwachsenen und Kindern - gleich welchen Alters. Der Beitrag mit dem Titel | |
"Ich liebe Jungs" vom 16. 11. 1979 ist das Manifest eines Pädophilen. | |
Stüben ist Mitglied einer Hamburger Päderastengruppe und Mitarbeiter der | |
taz. Er darf sich mehrfach über seine sexuellen Erlebnissen mit Kindern | |
verbreiten, so etwa im Dezember 1979: "[…] andy candy […] war ein echtes | |
schlüsselerlebnis für mich. alles war irgendwie zärtlich, auch das bumsen, | |
da gab es keine erogenen zonen mehr bei mir - ich war eine einzige erogene | |
zone. inzwischen hat er sich leider auf mädchen spezialisiert. wir können | |
überhaupt viel von den jüngeren erfahren und lernen, nicht nur direkt | |
sexuelles." Stüben tauchte laut Erinnerung eines Redaktionskollegen sogar | |
einmal mit seinem sehr jungen Liebhaber in der Zeitung auf. | |
War die taz eine Spielwiese für Pädophile? Die sexuelle Neigung Erwachsener | |
zu Kindern galt zumindest in den Anfangsjahren der Zeitung als "Verbrechen | |
ohne Opfer". Auf den Leserbriefseiten der taz von 1980 bedichtet ein | |
"Henner R." seine Lust auf das, was einer 9-Jährigen "unterm Hemdchen | |
sprießt"; eine "Föderation weibliche Pädophilie" fordert gleiche Rechte für | |
weibliche Pädophile. Auch andere Alternativmedien, vom Berliner | |
Stadtmagazin zitty bis zur konkret, diskutierten die befreite Sexualität | |
und boten auch bekennenden Pädophilen eine Plattform. | |
Bei einem Blick in die Archive wird klar: Teile des linksalternativen | |
Milieus sympathisierten mit Pädophilen - zumindest boten sie ihnen einen | |
ideologischen Rahmen. Aus heutiger Sicht ist das erschreckend. Und wird von | |
kirchlich-konservativen Kreisen dazu benutzt, die 68er-Bewegung als Ganzes | |
zu diskreditieren. Das damals geschaffene libertäre gesellschaftliche Klima | |
soll den Boden bereitet haben für das, was heute ans Licht kommt: | |
jahrelanger massenhafter sexueller Missbrauch von Kindern in Schulen, | |
Heimen und kirchlichen Einrichtungen. | |
So einfach ist es natürlich nicht. Um sich ein Bild zu machen, muss man | |
schon einen genaueren Blick auf das gesellschaftliche Klima der ausgehenden | |
70er-Jahre werfen. Es ist die Zeit, in der in konservativen Elternhäusern | |
und Schulen noch autoritärer Drill und die Prügelstrafe praktiziert werden. | |
Eine Zeit, in der Sex zwischen einem 21-jährigen und einem 18-jährigen Mann | |
den Älteren ins Gefängnis führt. Eine Zeit, in der aus | |
außerparlamentarischer Opposition und Friedensbewegung die Partei der | |
Grünen entsteht, Teile der Linken in den militanten Untergrund abwandern. | |
Und in der alle über die - dringend notwendige - Befreiung von Körper, | |
Geist und Seele diskutieren. | |
"Die sexuelle Befreiung war bestimmend für die Aufbruchstimmung der APO", | |
erinnert sich der Grünen-Politiker Christian Ströbele, der 1979 die taz und | |
später die Grünen mitgründete. Damals habe man schlichtweg alle Tabus | |
infrage gestellt - dabei sei gelegentlich "das Pendel zu weit an den Rand | |
ausgeschlagen". Ströbele beschreibt in diesem Zusammenhang eine Besetzung | |
der taz-Redaktionsräume im Wedding durch die sogenannte Indianerkommune aus | |
Nürnberg. "Das waren Leute, die Sex zwischen Erwachsenen und Kindern | |
forderten." Auf den taz-Fluren habe es lange und hitzige Diskussionen über | |
die Auffassungen der "Indianer" gegeben, die Kinder dabeihatten und | |
stapelweise Forderungen, die sie abgedruckt haben wollten. Der Einwand von | |
Redakteuren, dass Erwachsene Kindern gegenüber immer dominant seien, sei | |
die Kommune mit lautstarken Rufen nach "Kindersexualität" begegnet. "Es | |
waren nur wenige, die solche Positionen vertraten, aber sie waren ungeheuer | |
fordernd und aggressiv." Auch sei ein Parteitag der Grünen durch die | |
Indianerkommune fast gesprengt worden, als diese das Plenum zeitweise | |
besetzte. | |
Die erst in Heidelberg und später in Nürnberg aktive Indianerkommune war | |
ein Wohnprojekt für Erwachsene und Kinder, das sich einer selbst | |
gezimmerten Ideologie von Konsumverzicht und freier Liebe verschrieben | |
hatte. Die Indianer, die sich nach den bedrohten Urvölkern benannten, | |
begriffen sich als von der Mehrheitsgesellschaft bedrohter "Stamm". Bunt | |
bemalt und lautstark vertraten sie in der Öffentlichkeit Forderungen wie | |
freie Sexualität von Kindern mit Erwachsenen, Abschaffung der Schulpflicht, | |
das Recht von Kindern, von zu Hause abzuhauen. | |
Im "Jahr des Kindes" 1979 erregten sie Aufsehen durch Hungerstreiks, 1981 | |
durch einen Prozess gegen "Oberindianer" Uli Reschke wegen sexuellen | |
Missbrauchs von Kindern. | |
In der taz war das Verhältnis zu den Indianern ambivalent. "Man | |
sympathisierte nicht mit denen", sagt Georg Schmitz, damals einer der | |
"Säzzer". "Andererseits verstand sich die taz als Sprachrohr für alle | |
abweichenden Meinungen - egal wie krude." Das Ergebnis waren stundenlange | |
Diskussionen. Und eine halbherzige Berichterstattung, in der sich kritische | |
Artikel über die Indianer mit dem Abdruck ihrer Forderungen abwechselten. | |
Warum die "Säzzer", die sonst gern ihre Kommentare unter Artikel setzten, | |
pädophile Leserbriefe nicht kommentierten? Man hatte damals einfach anderes | |
zu tun: Zwischen RAF-Hungerstreik und Nato-Doppelbeschluss blieb die | |
Auseinandersetzung mit Pädophilengruppen eine Randerscheinung. | |
Die Feministinnen waren damals vehement dagegen, Pädophilengruppen Gehör in | |
der Zeitung zu geben. "Von libertär eingestellten Kollegen wurden wir dabei | |
schnell in die prüde oder zensurfreundliche Ecke gedrängt", sagt Gitti | |
Hentschel, heute bei der Heinrich-Böll-Stiftung, die damals für die | |
taz-Frauenberichterstattung verantwortlich war. Hentschel erinnert sich an | |
"erbitterten Streit" mit männlichen Redaktionskollegen darüber, wo die | |
Toleranz aufhören sollte: Bei den Indianern, die Sex mit unter | |
vierzehnjährigen Ausreißern als "Kinderrechte" vertraten? Bei | |
Schwulenaktivisten, die das gesetzliche Schutzalter für Geschlechtsverkehr | |
abschaffen wollten? Oder bei den vielen auch außerhalb der linken Szene, | |
die Straffreiheit für "gewaltfreien" Sex zwischen Kindern und Erwachsenen | |
forderten? | |
Für Hentschel war die Sache damals so klar wie heute: "Wo es ein starkes | |
Machtgefälle gibt, wie zwischen Kindern und Erwachsenen, ist | |
Machtmissbrauch möglich. Auch sexueller. Selbst wenn keine körperliche | |
Gewalt angewendet wird." Noch klarer war die Position der | |
Feministinnenzeitschrift Emma, die sich jedes Fraternisieren mit Pädophilen | |
verbat und einen Streit darüber auch mit der taz ausfocht. | |
Anders als heute interessierte sich damals allerdings kaum jemand für | |
Kinderschutz. Weder das Establishment, das Prügelorgien in Kinderheimen | |
ebenso stillschweigend duldete wie massenhaften Missbrauch - solange dieser | |
in gutbürgerlichen Familien stattfand -, noch viele Linksalternative, die | |
gleichberechtigte Kindersexualität aus politisch-ideologischen Gründen | |
befürworteten - ohne die praktischen Folgen zu sehen. | |
"Es war Konsens in der Kinderladenbewegung, dass Kinder ein Recht auf | |
Sexualität haben und sie auch ausleben sollten", sagt Gitti Hentschel, die | |
einen der ersten Berliner Kinderläden mitgründete. In Kinderläden und | |
Kommunen wurde Kindern erstmals ein Recht auf freie körperliche Entfaltung | |
zugestanden. Nacktsein gehörte ebenso dazu wie das unverkrampfte Erforschen | |
des Körpers - an sich und anderen. Dass sich im Windschatten der Freiheit | |
auch immer wieder Pädophile tummelten, wurde größtenteils ignoriert. | |
Die antiautoritäre Bewegung als Hort des Kindesmissbrauchs? Gegen den von | |
konservativen und kirchlichen Kreisen geäußerten Generalverdacht wehren | |
sich die sexuellen Befreier von einst. Der Augsburger Bischof Walter Mixa | |
behauptete kürzlich, dass "die sogenannte sexuelle Revolution" schuld an | |
den späteren Missbrauchsfällen sei. Dass ihre Vertreter auch die Ersten | |
waren, die sich im Zuge der Antipsychiatriebewegung und Körpertherapien | |
traumatisierter Kinder annahmen, verschweigt er. | |
"Vorwürfe wie die von Bischof Mixa sind absurd", sagt Eva Mair-Holmes, die | |
in den Siebzigern für die alternative Münchner Stadtzeitung Das Blatt | |
schrieb. "Die Achtundsechziger, wie man sie heute nennt, haben sexuellen | |
Missbrauch weder erfunden noch befördert - im Gegenteil: Sie haben das | |
Verdienst, existierende Probleme benannt und aufgegriffen zu haben." | |
Mair-Holmes, seit den 80ern beim linken Trikont Verlag, wandte sich damals | |
in einem langen Artikel im Blatt gegen den wachsenden Einfluss von | |
"Pädo-Gruppen" in der linken Szene. "Die Frage war: Müssen wir uns mit | |
Päderasten solidarisieren, weil der Staat sie verfolgt? Als Mutter einer | |
Tochter sagte ich ganz vehement: Nein. Damit war ich aber in der | |
Minderheit." | |
Im Trikont Verlag erschien 1979 das Buch "Besuche in Sackgassen - | |
Aufzeichnungen eines homosexuellen Anarchisten". Die Autobiografie des | |
bekennenden Päderasten Peter Schult war heftig umstritten. Seine | |
unverblümten Schilderungen von Sex mit minderjährigen Strichern und | |
Ausreißern regten nicht nur Mair-Holmes auf: "Es bleibt Missbrauch, wenn | |
ein älterer Mann sozial benachteiligten Jungen Zuneigung und ein warmes | |
Bett gibt - und dafür etwas erwartet." Schult fühlte sich nicht zu Kindern, | |
aber zu sehr jungen Männern hingezogen, was ihm 1982 einen von viel | |
Öffentlichkeit begleiteten Prozess einbrachte. 1984 starb er an | |
Lungenkrebs, weil man ihm in Haft angemessene Behandlung verweigert hatte. | |
Mit Schult solidarisierten sich viele aus der Schwulen- und Politszene. In | |
der taz, in der er gelegentlich als Autor schrieb, war er Subjekt | |
wohlwollender Berichterstattung. Sein Schicksal gab den aus der | |
Schwulenbewegung entstandenen "Pädo-Gruppen" Auftrieb. Die von | |
Organisationen wie der DSAP (Deutsche Studien- & Arbeitsgemeinschaft | |
Pädophilie) oder dem AKP (Arbeitskreis Päderastie) selbstbewusst erhobene | |
Forderung nach Straffreiheit für sexuelle Handlungen an Kindern wurde auch | |
von Sexualwissenschaftlern, Kinderpsychologen und Juristen offen | |
diskutiert. | |
"Ein Teil der Subkulturen, die sich aus dem schwulen und spontaneistischen | |
Milieu entwickelten, erhob zum Teil recht radikale Forderungen", erinnert | |
sich Achim Bergmann, Geschäftsführer des Trikont Verlags. Lange gärte es in | |
der Linken - "irgendwann wurde klar, dass man sich dazu verhalten muss". Im | |
Falle des politischen Freunds und Päderasten Peter Schult stellte Bergmann | |
die politische Freundschaft über das Unbehagen. Nur auf persönlicher Ebene | |
klärte er die Fronten und drohte: "Wenn du meinen Sohn anfasst, schneide | |
ich dir die Eier ab." | |
Eine politische Auseinandersetzung mit Pädophilen fand erst in den | |
80er-Jahren bei den Grünen statt. Zum Knall kam es 1985, als die Grünen in | |
Nordrheinwestfalen ein Papier verabschiedeten, das völlige Straffreiheit | |
von gewaltfreier Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern verlangte. Es | |
hagelte Proteste aus Basis und Bevölkerung, die Grünen verloren die Wahl. | |
Doch es dauerte noch einige Jahre, bis sich die grünen Landesverbände zum | |
Ausschluss der Pädophilengruppen durchringen konnte. | |
In den 90ern fanden "Pro Pädo"-Positionen keine Sympathie mehr. Weder in | |
der Schwulenbewegung noch in der taz. 1995 schreibt Redakteurin Dorothee | |
Winden in einem Kommentar zu einem Pädophilenskandal bei den Berliner | |
Grünen: "Wie die gesamte Schwulenszene haben die schwulen Grünen in der | |
Pädofrage eine partielle Blindheit gepflegt. Aus falsch verstandener | |
Solidarität neigen die meisten Schwulen dazu, die oft schwerwiegenden | |
Folgen für die Kinder zu verharmlosen. Mit dem Wegsehen muss Schluß sein." | |
*** | |
Dieser Text ist für Sie kostenlos verfügbar. Dennoch wurde er nicht ohne | |
Kosten hergestellt! Wenn Ihnen der Text gefallen hat, würden wir uns | |
freuen, wenn Sie der taz dafür einen kleinen Betrag bezahlen. Das können | |
wenige Cent sein - wir überlassen es Ihnen. | |
Für unabhängigen Journalismus: taz-Konto 39316106 | BLZ: 10010010 | | |
Postbank Berlin - Verwendungszweck "taz.de". | |
22 Apr 2010 | |
## AUTOREN | |
Nina Apin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Missbrauchsinitiativen gegen Grüne-Politiker: „Die alte Kinderpornoleier“ | |
Er nannte Aufklärung im Netz „die alte Kinderpornoleier“. Nun kritisieren | |
bundesweite Projekte gegen sexuelle Gewalt den Grünen-Politiker Jörg Rupp. | |
Der pädosexuelle Kollege: Die hässliche Seite des netten Didi | |
Bevor Dietrich W. die taz mitbegründete, hat er in der Odenwaldschule über | |
Jahre mit Kindern masturbiert. Pädosexuelle, die Missbrauch propagierten, | |
verlachte er als "Irre". | |
Enthüllungen aus der linksalternativen Szene: Nicht nur die Indianer | |
Im Alternativmilieu der 1970er und 1980er Jahre fühlten sich auch | |
bekennende Pädophile wohl – trotz "sexueller Revolution" mochten aber nicht | |
alle mit Tätern fraternisieren. | |
Jutta Ditfurth über Klaus Rainer Röhl: "Die Grenze zog er bei 13, 14 Jahren" | |
Meinhof-Biografin Jutta Ditfurth hat den Fall Röhl recherchiert, sie hält | |
Anja Röhls Geschichte für realistisch. Röhl sexualisierte die Kleinen früh, | |
ließ sie beim Sex zuschauen und schwärmte von "junger Haut". | |
Missbrauchsvorwürfe gegen "Konkret"-Gründer: "Kleine Lolitas, kokett und geri… | |
Anja Röhl erhebt Missbrauchsvorwürfe gegen ihren Vater, den | |
"Konkret"-Gründer Klaus Rainer Röhl. Die "Konkret" mutierte Ende der 60er | |
vom Sprachrohr der Apo zum Pädo-Pornoblatt. |