# taz.de -- Nach der Revolution in Ägypten: Mubarak verantwortlich für 846 To… | |
> Ergebnis einer Richterkommission: Ex-Staatschef Mubarak ist | |
> mitverantwortlich für den Tod von 846 Menschen während der | |
> Revolutionsunruhen. | |
Bild: "Mubarak zog niemanden für das Vorgehen mit scharfer Munition zur Verant… | |
KAIRO dpa | Ägyptens gestürzter Präsidenten Husni Mubarak soll für den Tod | |
von 846 Menschen während des Umsturzes mitverantwortlich sein. Zu dem | |
Ergebnis kommt die Richterkommission zur Untersuchung der | |
Revolutionsunruhen in dem Staat am Nil. "Der Schießbefehl gegen | |
Demonstranten war nur mit seiner Zustimmung möglich", zitierten Medien am | |
Mittwoch in Kairo den Sekretär der Kommission, Richter Omar Marwan. "Der | |
Schusswaffeneinsatz dauerte mehrere Tage und Mubarak zog niemanden für das | |
Vorgehen mit scharfer Munition zur Verantwortung." | |
Die vom regierenden Militärrat eingesetzte Kommission veröffentlichte einen | |
400 Seiten starken Bericht, der die Maßnahmen des Mubarak-Regimes gegen die | |
18 Tage währenden Proteste in Kairo und anderen ägyptischen Städten | |
untersucht. Dafür wurden mehr als 17 000 Polizisten, Demonstranten und | |
anderen Augenzeugen befragt sowie 800 Video-Clips und Amateurfotos | |
ausgewertet. | |
Der Bericht konzentriert sich auf besonders gewalttätige Phasen. Dazu | |
gehören brutale Polizeieinsätze und die Angriffe von Schlägern der | |
inzwischen aufgelösten Regierungspartei und des Geheimdienstes auf die | |
Demonstranten auf dem Kairoer Tahrir-Platz. Unter den Toten waren auch 26 | |
Polizisten; 6467 Menschen wurden verletzt. | |
Bei den Polizeieinsätzen wurde auch scharfe Munition gegen die | |
Demonstranten eingesetzt. "Die tödlichen Schüsse wurden gezielt auf Kopf | |
und Brust abgefeuert", heißt es in dem Bericht. Der damalige Innenminister | |
Habib al-Adli kommt deshalb am Sonntag vor Gericht. | |
Zwar liegt von Mubarak kein schriftlicher Schießbefehl vor. Die Kommission | |
hält ihn dennoch für mitverantwortlich. Aufgrund der Befehlsstruktur müsse | |
er von den Vorgängen Kenntnis gehabt haben und sei trotzdem nicht | |
eingeschritten. | |
## Rückzug der Polizei wird untersucht | |
Die Untersuchung beleuchtet auch die Umstände, die zum plötzlichen Rückzug | |
der Polizei am 28. Januar geführt hatten. Da das Regime nicht mehr gegen | |
die Menschenmassen ankam, wollte es mit der Herbeiführung von Chaos den | |
Volksaufstand schwächen. Dafür wurden 11 der insgesamt 41 ägyptischen | |
Gefängnisse geöffnet. Tausende Kriminelle kamen frei. Der Bericht erwähnt | |
Video-Clips, in denen Polizisten zu sehen sind, die Häftlinge zur Flucht | |
ermutigen. | |
Auch die militante palästinensische Organisation Hamas nutzte die Gunst der | |
Stunde. Ein Kommando der Islamisten befreite aus dem Abu-Saabal-Gefängnis | |
bei Ismaila 29 Häftlinge der Hamas und der libanesischen Hisbollah. Die | |
Männer waren unter Mubarak zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden, | |
weil sie Waffen in den Hamas-kontrollierten Gazastreifen geschmuggelt | |
hatten. | |
Mubarak ist seit seiner Verhaftung in einem Armeekrankenhaus 40 Kilometer | |
östlich von Kairo untergebracht. Der 82-Jährige leidet unter Herzproblemen, | |
sein Gesundheitszustand wird aber nicht als bedrohlich bezeichnet. | |
Sondereinsatzkräfte des Militärs schützen seit dem Eintreffen des | |
Ex-Präsidenten das Hospital. | |
Mubarak hatte am 11. Februar die Macht abgeben müssen. Zusammen mit ihm | |
wurden auch seine Söhne Gamal und Alaa verhaftet. Die Familie hatte zuletzt | |
unter Hausarrest in der Präsidentenresidenz in Scharm el Scheich gestanden. | |
Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen Amtsmissbrauch und Korruption vor. | |
Mubarak bestreitet die Vorwürfe. | |
20 Apr 2011 | |
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