Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Umweltkatastrophe in Italien: Protest der 10.000 Gummistiefel
> Nach den Überschwemmungen in Italien soll wieder alles wie zuvor werden.
> Demonstrierende kippen deshalb in Bologna Schlamm vor den Regierungssitz.
Bild: Ende Mai in Faenza, Norditalien: So sah es nach den Überschwemmungen aus
Bologna taz | „Bonaccini, wir kommen!“, tönten die Chöre der Demonstration
der „10.000 stivali“, der 10.000 Gummistiefel, die am Samstag in Bologna
stattgefunden hat. Mehrere tausend Teilnehmer:innen aus verschiedenen
linken Gruppen, Umweltbewegungen und Gewerkschaften kamen zusammen, um eine
Ladung Schlamm vor dem Sitz der [1][Region Emilia Romagna] abzuladen.
Einige haben ihre Gummistiefel und Schaufeln dabei. Sie wollen den Schlamm
aus den überschwemmten Gebieten an den Absender zurückzuschicken: die
örtliche Regierung, deren Politik das Ausmaß der [2][Katastrophe]
vergrößert habe.
[3][Luca Simoni] von der Organisation PLAT, einer Plattform für soziale
Intervention, hat die Demonstration mitorganisiert. Er sagt: „Wir wollen,
dass alles wiederaufgebaut wird, aber wir wollen nicht, dass es wieder so
wird wie vorher.“ Der Flächenverbrauch und die Bodenversiegelung in der
norditalienischen Region hätten die Überschwemmungen noch schlimmer
gemacht.
Deshalb fordert er, auch angesichts des Klimawandels, einen radikalen
Wandel in der Politik, auch auf lokaler Ebene. PLAT verlangt zum Beispiel,
Projekte wie den Autobahnausbau bei Bologna und den Bau einer
Erdgas-Wiederverdampfungsanlage bei Ravenna zu stoppen. „Diese Projekte
sind das komplette Gegenteil zu den Leitlinien aller Umweltbewegungen zu
null Bodenverbrauch und null Emissionen“, so Simoni.
PLAT kümmert sich normalerweise um soziale Fragen, unterstützt
beispielsweise Personen, die vor einer Zwangsräumung stehen oder hilft
Migrant:innen im Alltag. Dann trafen am 17. Mai die Überschwemmungen die
Emilia Romagna mit ganzer Wucht.
## „Engel des Schlamms“
„Wir haben beschlossen, alles andere für einen Moment beiseitezulegen,
haben unsere Stiefel angezogen, unsere Schaufeln geschnappt und der
Bevölkerung geholfen“, sagt Simoni. Videos von Freiwilligen, die in langen
Menschenketten eimerweise Schlamm aus den Wohnungen tragen, gingen viral,
schmutzige Gummistiefel wurden zum Symbol der Solidarität. Lachende junge
Leute in schlammbespritzer Kleidung zierten auch die Social Media Posts des
Regionspräsidenten Bonaccini. Schnell war für sie der Begriff der „Engel
des Schlamms“ geprägt. Simoni sagt: „Nennt uns nicht so, wir sind
losgezogen, um der Bevölkerung zu helfen. Aber jetzt fordern wir eine
radikale Änderung der Politik, die die Gebiete der Emilia Romagna
verwaltet.“
Über Wochen organisierten PLAT und andere autonome Gruppen einen täglichen
Treffpunkt für freiwillige Helfer:innen, die von Bologna in die betroffenen
Gebiete fuhren und mit anpackten. An manchen Tagen fanden sich allein bei
PLAT bis zu 200 Personen zusammen, die Solidarität war groß. Aber dabei
soll es nicht bleiben, so Raffaele Traini, ebenfalls von PLAT: „Wir wollen
Solidarität und Konflikt zusammenbringen. Denn Solidarität allein wird zur
Wohltätigkeit, an der wir nicht interessiert sind.“ Jetzt geht es um
Konsequenzen, so Simoni: „Wir wollen einen Umbau, der vom Sozialen und den
Bedürfnissen der Menschen ausgeht und nicht von den Profitbedürfnissen des
Großkapitals.“
An Eigeninitiative mangelt es nicht: Neben der Demonstration hat PLAT bei
einem Festival mehrere tausend Euro für die Opfer der Flut gesammelt und
will damit soziale Anlaufstellen in den betroffenen Gebieten aufbauen. Auch
hier lautet die Botschaft an die Regierung: Wir sind vor Ort und schauen
ganz genau hin.
18 Jun 2023
## LINKS
[1] /Emilia-Romagna-nach-der-Flutkatastrophe/!5933264
[2] /Extremwetter-infolge-des-Klimawandels/!5932141
[3] https://ilmanifesto.it/bloccati-nei-piccoli-centri-dove-torrenti-e-frane-fa…
## AUTOREN
Judith Eisinger
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Italien
Emilia Romagna
Überschwemmung
Umweltkatastrophe
Italien
Italien
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Extremwetter infolge des Klimawandels: Italien wetterfest machen
Italien gilt als Hotspot des Klimawandels, die jüngste Flutkatastrophe ist
nur ein Vorbote. Die Regierung braucht jetzt schnelle Konzepte.
Flutkatastrophe in Italien: Verwüstung nach Rekordregen
In 36 Stunden fiel in der Region Emilia Romagna rund ein Drittel des
üblichen Jahresniederschlags. Bisher sind mindestens neun Menschen
gestorben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.