# taz.de -- München-“Tatort“ mit Ferres und Fierek: Wenn Frauen zu Wurst g… | |
> Überraschend perfektes Setting, aber am Ende doch nur ein | |
> herbeigezuzeltes Mordmotiv: Trotzdem lohnt sich der bayerische | |
> Königinnen-“Tatort“ sehr. | |
Bild: Josef Gehrling und die Altöttinger Mehlkönigin, die Tirschenreuther Tei… | |
[1][„Hey, Spargel!]“, „Wo ist die Milch?“, „Weißwurst, komm mal her�… | |
surreales Alice-im-Wunderland-Stück, nur das sogenannte | |
„Königinnen“-Treffen irgendwo in der bayerischen Provinz. | |
„Spargel“, „Milch“, „Weißwurst“ vertreten als Botschafterinnen ihr… | |
ihre Stadt und deren landwirtschaftliche Erzeugnisse, 50 sind es insgesamt, | |
auch „Zwiebel“ oder „Honig“, einmal quer durch den Bauernmarkt, alle mit | |
hochgeschnürten Dirndl-Dekolletés und Krönchen. Ein verblüffend surreales | |
Setting, in dem dieser BR-Tatort spielt. Und mittendrin der Organisator mit | |
Loch im Kopf vom Bolzenschussgerät. | |
Dabei scheinen die Voraussetzungen auf den ersten und auch auf den zweiten | |
Blick nicht die besten zu sein für diese Münchner Tatort-Folge. [2][Da sind | |
zum einen die Episoden-Hauptrollen von „Königinnen“]: außergewöhnlich | |
prominent besetzt mit Veronika Ferres und Wolfgang Fierek als | |
Organisations-Duo der Veranstaltung – aber mal ehrlich, wer hat schon Bock | |
auf 90 Minuten, die wirken, als seien wir in den prallsten Neunziger Jahren | |
hängen geblieben. | |
Und dann ist da noch der Drehbuchautor: Robert Löhr. Der Name muss einem | |
nix sagen, nur: Wer den auf Weihnachtsevent gebürsteten Feiertags-Tatort im | |
vergangenen Jahr gesehen hat, mag schon jetzt keine Lust mehr haben. | |
[3][Die Folge „Mord unter Misteln“ – ebenfalls mit den Münchnern, ebenfa… | |
von Löhr – war aus der Kategorie „Lass uns lieber Rommé spielen“]. | |
## Junge Frauen, sexistisches Setting | |
Es fällt mit Blick auf das Genre Sonntagabendkrimi daher sehr leicht, sich | |
auszumalen, wie populistisch, sottisentriefend und insgesamt desaströs sich | |
dieses Thema in einen 90-Minüter pressen ließe: junge Frauen, sexistisches | |
Setting, ein Organisator, der sich Jahr um Jahr an den „Königinnen“ | |
bedient, mitunter auch vergeht. | |
Stattdessen liefert Löhr, unterstützt von der Regie von Rudi Gaul und | |
Michael Hammons Kamera, die perfekte Inszenierung von der Frau als Produkt | |
– und der Rebellion der Frauen dagegen. | |
Dazu gehört das feiste Grinsen, mit dem die Ermittler Leitmayr (Udo | |
Wachtveitl), Batic (Miroslav Nemec) und Kalli (Ferdinand Hofer) durch die | |
Frauengrüppchen schlendern; und sich von der Nördlinger Zwiebelkönigin | |
unterstützen lassen, Annelie, eine Polizeischülerin (Daria Vivien Wolf). | |
Dazu gehört die geschäftsmäßige Nonchalance mit der die Ferres als | |
Organisatorin Sylvia auftritt (übrigens großartig). Oder die unverwüstliche | |
Schmierigkeit, die Fiereks Königinnentag-Imperator an den Tag legt (und | |
nicht ganz unpassend mit dieser Besetzung an seine [4][„Zwei Münchner in | |
Hamburg“-Zeiten erinnert und damit an eine bräsige Welt voller Uschi Glas | |
und Elmar Wepper] ). | |
Ebenso gehören dazu Szenen, die den #metoo-Topos „alte Männer im weißen | |
Hotelbademantel“ zitieren. Und Momente, in denen die „Königinnen“ | |
Frauen-Alltag erholsam trocken kommentieren: etwa dass Leitmayr und Batic | |
erwachsene Frauen „Mädchen“ nennen, oder: „Nachnamen haben hier nur die | |
Männer“. | |
Nur waren Buch und Regie offenbar zu verliebt ins Setting. Denn der Fall | |
selbst bleibt halbgar: Das finale Motiv für den Mord wirkt herbeigezuzelt, | |
die Auflösung dauert am Ende gefühlt nur ein paar Sekunden. Und wer’s war, | |
ist allen, die regelmäßig Krimis schauen, eh relativ schnell klar. Oder wie | |
eine der „Königinnen“ sagt: „Der Aufschrei ist abgesagt.“ | |
29 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Besuch-in-bayerischer-Spargelstadt/!5859186 | |
[2] https://www.ardmediathek.de/sendung/tatort/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3RhdG9y… | |
[3] /Weihnachts-Tatort/!5901092 | |
[4] https://www.zdf.de/serien/zwei-muenchner-in-hamburg | |
## AUTOREN | |
Anne Haeming | |
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