# taz.de -- Morddrohungen gegen Hamburger Linke: Karriereknick nach Filmtipp | |
> Die Hamburger Linke Sarah Rambatz fragt im Netz nach „antideutschen“ | |
> Filmen. Das bringt ihr Morddrohungen ein – und kostet sie die | |
> Bundestagskandidatur | |
Bild: Sterbende Deutsche? Läuft! Eli Roth (l.) und Brad Pitt bei den Dreharbei… | |
Gerade erst hatten sie „die heiße Phase des Wahlkampfs“ eröffnet: Vor gen… | |
einer Woche, am 1. September, trat die Doppelspitze der Partei Die Linke in | |
Hamburg auf, und mehrere Hundert Menschen hörten zu, als Sahra Wagenknecht | |
und Dietmar Bartsch sowie der örtliche Bundestags-Spitzenkandidat Fabio de | |
Masi nahe dem Hauptbahnhof für soziale Gerechtigkeit und Frieden warben – | |
aber vor allem doch „für eine starke Linke“. | |
So willkommen in so einer heißen Phase mediale Aufmerksamkeit sein wird: | |
Auf die, die sich seit Mittwoch auf sie richtet, hätte die Linkspartei | |
sicher gern verzichtet, und nicht nur die in Hamburg. Am Mittwochabend | |
hatte die Hamburger Bundestagskandidatin Sarah Rambatz den Rücktritt von | |
ihrer Kandidatur erklärt. Oder genauer, den Verzicht auf ein Mandat, sollte | |
sie bei der Bundestagswahl am 24. September erfolgreich sein – aus | |
Wahlrechtsgründen, hieß es, stehe sie weiterhin auf Listenplatz fünf. | |
In der nicht öffentlichen Facebook-Gruppe „[1][Deutsch mich nicht voll“] | |
hatte die 24-Jährige um „antideutsche Filmempfehlungen“ gebeten sowie um | |
grundsätzlich alles, „wo Deutsche sterben“ – gefolgt auch noch von einem | |
Herz-Emoji. Ein Screenshot davon machte die Runde durch die sozialen Medien | |
und gelangte nicht nur [2][zum Hamburger Abendblatt], sondern auch an die | |
Bundesspitze der Linkspartei. Die wiederum teilte unter Hinweis auf eine | |
vorangegangene „Aussprache“ mit Rambatz deren Verzicht auf ein Mandat mit. | |
Und: „Die Linke steht für eine menschenwürdige Politik.“ | |
„So ein Gedankengut hat in der Linken nichts verloren“, erklärte auch der | |
Hamburger Landesverband. Drastischer äußerte sich Spitzenkandidat de Masi. | |
Dem NDR [3][sagte] der Europaabgeordnete, er bekomme „das kalte Kotzen“ | |
angesichts des Facebook-Gesuchs. Rambatz äußere „keine linke Position“, s… | |
allerdings auch ein „absoluter Einzelfall“. Auf taz-Nachfrage erklärte er: | |
„Dabei möchte ich es auch belassen.“ | |
In der Tat deutet wenig darauf hin, dass ausgerechnet in der Hamburger | |
Linkspartei jener Teil des Spektrums besonderen Einfluss hätte, den | |
innerparteiliche Gegner so gern in die Nähe von „Neocons“ und „Bellizist… | |
rücken: die „Antideutschen“. Als deren organisatorische Plattform wird gern | |
der Bundesarbeitskreis Shalom (BAK) betrachtet, der zur | |
Nachwuchsorganisation der Partei, der Linksjugend-Solid, gehört. Zur Sache | |
Rambatz wollte sich der BAK am Mittwoch ausdrücklich nicht äußern. | |
Rambatz ist selbst Funktionärin der Linksjugend: Seit April gehört sie dem | |
sechsköpfigen Bundessprecher*innenrat an, also dem Leitungsgremium. Ob die | |
Filmtipp-Affäre Auswirkungen auf diese Position haben könnte, dazu schwieg | |
die Solid-Spitze gestern: Spätestens am heutigen Freitagmorgen sollte aber | |
ein Statement veröffentlicht werden, kündigte man auf taz-Anfrage an. | |
Dafür ließen die Hamburger Linksjugendlichen keine Zeit verstreichen, eh | |
sie sich von Rambatz’ „menschenverachtenden Äußerungen“ distanzierten: … | |
späten Mittwochabend noch teilte der Landessprecher*innenrat mit, die von | |
der Genossin „offengelegte Gesinnung ist mit unserer Verantwortung für die | |
Würde des Menschen, wie sie im von deutschen Kommunisten und Sozialisten | |
mitverfassten Grundgesetz verankert ist, nicht vereinbar“. Rambatz selbst | |
hat sich seit dem Bekanntwerden der eigentlich ja nicht öffentlichen | |
Äußerungen weitgehend aus der Schusslinie zurückgezogen, und das unter | |
Hinweis auf Mord- und Vergewaltigungsdrohungen. „Sicherlich war es eine | |
dumme, unbedachte Aktion, die mir in dieser Form kein zweites Mal passieren | |
wird“, [4][postete sie] noch, wies aber auch darauf hin, dass ihre Wortwahl | |
doch „die Überspitzung“ verdeutlicht habe – die aber „nicht jeder“ | |
verstanden habe. | |
Die Facebook-Gruppe, in der die Sache ihren Anfang genommen hatte, hat am | |
Mittwoch eine Zugangshürde eingerichtet. Wer mitlesen will, was dort | |
passiert – und sei’s, um dann zu petzen –, muss nun drei Fragen | |
beantworten. Ein Gruppenmitglied berichtet der taz, seit Mittwoch | |
diskutiere man dort darüber, was sich tun lasse gegen solches gezieltes | |
Durchstechen – die Rede ist auch von „AfD-U-Booten“, gegen die man sich | |
schützen müsse. | |
7 Sep 2017 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/groups/340899902726945/ | |
[2] https://www.abendblatt.de/hamburg/article211835125/Hamburger-Linken-Kandida… | |
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Nach-Facebook-Post-Linke-gibt-Listen… | |
[4] https://www.facebook.com/Sarah-Rambatz-861354724016867/ | |
## AUTOREN | |
Alexander Diehl | |
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