# taz.de -- Monika Maron und der S. Fischer Verlag: Die nötigen Konsequenzen | |
> Der Verlag S. Fischer wird heftig kritisiert, weil er sich von seiner | |
> langjährigen Autorin Monika Maron trennt. Dabei sind die Gründe | |
> nachvollziehbar. | |
Bild: Monika Maron während eines Interviews im Mai 2016 | |
In der Welt der Literatur wird mal wieder Schwarzer Peter gespielt. Der S. | |
Fischer Verlag hat sich von seiner Autorin [1][Monika Maron] getrennt, und | |
zwar aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Doch die Entscheidung wird | |
heftig kritisiert. | |
Maron hatte unlängst einen Essayband in der sogenannten „Exil“-Edition aus | |
dem [2][BuchHaus Loschwitz] veröffentlicht, das unter anderem das | |
Youtube-Programm „Aufgeblättert. Zugeschlagen – Mit Rechten lesen“ | |
betreibt, ein „Gemeinschaftsprojekt“ mit dem Antaios Verlag. Für die | |
Verlagsleitung von S. Fischer propagiert Antiaos „nationalistische, | |
völkische und rassistische Theorien“, und diesen „publizistischen Kontext�… | |
der „der Tradition, der Geschichte und den Werten des Verlages“ diametral | |
widerspreche, wolle man nicht mal „indirekt“ unterstützen. | |
So verständlich die Argumentation, so heikel die politische Symbolik, denn | |
vor über 40 Jahren durfte Maron ihren Debütroman „Flugasche“ nicht in der | |
DDR veröffentlichen und fand bei S. Fischer eine publizistische Heimat. Es | |
spiele, lautet nun die Kritik, rechtsradikalen Demagogen in die Karten, | |
wenn ein linksliberaler Verlag mit jüdischer Tradition eine Autorin vor die | |
Tür setze, die ständig eine „Verengung des Meinungskorridors“ beklage. | |
Es wäre, so heißt es beispielsweise in der Süddeutschen, besser gewesen, | |
Maron zu halten und ihrem Werk einen „würdigen, möglicherweise auch | |
kommentierenden Ort zu geben“. | |
Doch was heißt das? S. Fischer veröffentlicht Marons neuen Roman und die | |
ideologiekritische Prüfung gleich mit? Was für eine kuriose Vorstellung. | |
Genauso grotesk die Ausrede Marons, sie wisse im Grunde nicht, mit wem ihre | |
Freundin Susanne Dagen kooperiert, die das BuchHaus Loschwitz leitet. Denn | |
diese Verbindungen sind kein Geheimnis. | |
## Eindimensionale Thesen | |
Manchmal liegt in einer Trennung eine Chance. So wird Maron bestimmt einen | |
neuen Verlag finden, da sich mit ihren Büchern, die von einem breiten | |
Publikum gelesen werden, Geld verdienen lässt. Die ästhetische Stärke, aber | |
auch erzählerischen Schwächen ihrer Romane, die oft von bitterer Komik | |
geprägt sind, werden weiterhin im Feuilleton gewürdigt. | |
Genauso werden auch ihre – um es höflich zu formulieren – eindimensionalen | |
Thesen zur Migrationspolitik oder zum Klimawandel diskutiert werden müssen. | |
Ein Fall von kultureller Intoleranz liegt keineswegs vor, selbst wenn | |
Demagogen im Netz ihre Tiraden mit dem Cancel-Culture-Hashtag versehen. | |
## Quälende Diskussionen | |
Die Aufregung folgt bekannten Mustern, der Tonfall wird schriller, je | |
länger darüber auf Twitter und Facebook diskutiert wird. Ähnlich wie bei | |
der Diskussion um Peter Handke oder Lisa Eckhart gab es nach kurzer Zeit | |
verstörende Hassdialoge zu Maron zu lesen. Doch diese Ausfälle haben wenig | |
mit dem Ausgangspunkt der Debatte zu tun. | |
Interessant ist vielmehr, wie es weitergeht mit einer Autorin, die | |
hoffentlich so klug ist, sich nicht beleidigt in die Schmuddelecke zu | |
begeben. Wenn Maron künftig ihre Bücher nun doch vor allem im Umfeld | |
extremistischer Publikationen herausbringen sollte, ist dafür weder ihr | |
Ex-Verlag noch der vermeintliche Medienmainstream verantwortlich. | |
Tatsächlich braucht eine demokratische Öffentlichkeit renitente | |
Intellektuelle wie Maron, allein um die eigenen Wertmaßstäbe zu klären oder | |
zu bekräftigen. Statt S. Fischer den Schwarzen Peter zuzuschieben, kann | |
sich auch über den Mut eines Verlags gefreut werden, der nach vermutlich | |
quälender Diskussion die nötigen Konsequenzen gezogen hat. | |
21 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Carsten Otte | |
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